PERSONALquarterly 04/17
48
STATE OF THE ART
_GENDER DIVERSITY
D
ie Diskussion um Frauen in Führungspositionen
gewinnt wieder an Fahrt. Bundesfamilienministe
rin Katharina Barley verweist auf Erfolge bei der
Umsetzung gesetzlicher Quoten in Aufsichtsräten,
in denen ein Frauenanteil von 27,3 Prozent zu verzeichnen
ist. Demgegenüber zeige sich im Vorstandsbereich, der nicht
durch verbindliche Quoten reguliert ist, kaum eine Verän
derung (Maas, 2017). So sind in Deutschland nur etwa elf
Prozent aller Vorstandspositionen in den größten börsenno
tierten Unternehmen von Frauen besetzt.
1
Geht man über
Deutschland hinaus, so wurden insgesamt zwischen 2008
und 2015 in 32 Ländern Frauenquoten und andere Maßnah
men zur Diversität in Vorständen und/oder Aufsichtsräten
eingeführt (vgl. Adams, 2016). Parallel zur politischen Dis
kussion wurde eine Vielzahl an empirischen Studien zum
Zusammenhang zwischen Frauen in Führungspositionen und
dem Unternehmenserfolg veröffentlicht, die inzwischen me
taanalytisch aggregiert wurden.
Wir haben in dieser Rubrik zwar bereits zuvor ähnliche
Themen beleuchtet, wie z.B. geschlechterspezifische Unter
schiede im Führungsverhalten oder Diversität in Teams.
Wegen der politischen und wissenschaftlichen Aktuali
tät möchten wir die Ergebnisse zum Zusammenhang von
Frauen in Führungspositionen und dem Unternehmens
erfolg dennoch näher vorstellen. Wir gehen zunächst auf
das Beispiel Norwegen ein und konzentrieren uns dann ins
besondere auf die Metastudien von Post und Byron (2015)
sowie Hoobler et al. (2016). Die empirischen Resultate sind
gemischt, weshalb wir anschließend auf die methodischen
Probleme eingehen möchten, die Praktiker bei der Interpre
tation beachten müssen.
Welchen Einfluss könnte das Geschlecht der Führungskräf
te auf den Unternehmenserfolg haben?
Der grundlegende Ansatz der empirischen Forschung ist die
Upper Echelon Theorie (Hambrick/Mason, 1984). Zentrale
Annahme hierbei ist, dass die Erfahrungen, Werte und die
Persönlichkeit der Top-Führungskräfte einen wesentlichen
Einfluss auf strategische Entscheidungen und somit den Er
folg oder Misserfolg von Unternehmen haben. Da sich die
se Faktoren nicht unmittelbar beobachten lassen, arbeitet
die empirische Forschung mit beobachtbaren Variablen wie
Geschlecht, Alter oder Ausbildungshintergrund, bei denen
eine Korrelation mit den nicht beobachtbaren Faktoren un
terstellt wird. Frauen könnten entsprechend andere Erfah
rungen, Werte und Persönlichkeiten haben als Männer, was
auf den Unternehmenserfolg wirken könnte. Etwas genauer
gehen Hoobler et al. (2016) auf verschiedene theoretische Er
klärungsansätze ein. Sie argumentieren, dass erstens durch
Frauen in Führungspositionen ein positives Klima im Unter
nehmen entsteht („gender supportive climate“). Im ganzen
Unternehmen können Frauen durch dieses positive Klima
ihre Perspektiven besser einbringen. Zweitens argumentie
Von
Prof. Dr. Torsten Biemann
(Universität Mannheim) und
Prof. Dr. Heiko Weckmüller
(FOM Bonn)
Machen Frauen Unternehmen erfolgreicher?
Aktuelle Studien zeigen, dass die Wirkung von Frauen in Führungspositionen auf den
Unternehmenserfolg sehr klein und kontextabhängig ist.
Quelle: Tabelle aus Post/Byron, 2015, S. 1558.
Abb. 1:
Zusammenhang von Frauen in der Unterneh
mensleitung mit Unternehmensleistung
k
r
95% CI
Unternehmensleistung
131 0,034 +0,022; +0,045
Rechnerische Rendite (z.B. ROA und ROE)
109 0,047 +0,033; +0,061
Marktperformance (z.B. Kursentwicklung
und Tobin’s Q)
78 0,014 -0,002; +0,031
Vorstandsaktivitäten
28 0,053 +0,012; +0,094
Monitoring
27 0,054 +0,011; +0,096
Strategieentwicklung
4 0,093 +0,012; +0,172
k = Anzahl der Studien; r = Effektstärke; CI = Konfidenzintervall
1 Ein Überblick aktueller Zahlen findet sich z.B. beim European Institute for Gender Equality, einer
eigenständigen Einrichtung der Europäischen Union