PERSONALquarterly 4/2017 - page 50

PERSONALquarterly 04/17
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STATE OF THE ART
_GENDER DIVERSITY
ihnen berichteten Effekte sehr klein, tendenziell aber posi­
tiv. So liegt der durchschnittliche Zusammenhang zwischen
dem Anteil von Frauen in der Unternehmensleitung und der
finanziellen Performance bei r = 0,034 (siehe Abbildung 1).
Folgt man der gängigen Klassifikation verschiedener Effekt­
stärken mit r = 0,10 für einen kleinen, r = 0,30 für einen
mittleren und r = 0,50 für einen starken Effekt, so mag dieser
Effekt zwar statistische Signifikanz erreichen, substanziell
ist er dagegen nicht.
Eine weitere Metaanalyse von Hoobler und Kollegen (2016)
kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Insgesamt 78 Studien
werden von den Autoren zusammengefasst, die Effektstärken
deuten ebenfalls auf einen leicht positiven Zusammenhang
zwischen Frauenanteil und Unternehmensleistung hin, den
die Autoren als sehr klein beschreiben (r = 0,023). Allerdings
reagieren die Ergebnisse sehr sensitiv auf die Operationali­
sierung der Variablen. So wird der Effekt z.B. (insignifikant)
negativ, wenn als unabhängige Variable das Geschlecht des
CEOs herangezogen wird. Die Metastudien beruhen weitge­
hend auf Einzelstudien, die in den letzten Jahren, d.h. nach
Beginn der politischen Diskussion und Intervention, veröf­
fentlicht wurden. Wenn auch kein substanzieller positiver
Effekt nachweisbar ist, so lässt sich zumindest auch kein
Argument für den negativen Einfluss ableiten. Hoobler et
al. (2016) weisen zurecht darauf hin, dass es auch keinen
positiven Business Case für Männer in Führungspositionen
gibt und auch niemand danach fragt.
Auf Basis solcher und ähnlicher Befunde bildete sich im
Bereich der Wissenschaft früh die Meinung heraus, dass
sich ein direkter positiver Effekt auf den Unternehmens­
erfolg nicht nachweisen lässt. Daan van Knippenberg und
Michaéla Schippers (2007, S. 518) prägten hierzu den Begriff
„bankruptcy of the main effects“ und fordern differenzierte
Analysen, unter welchen Bedingungen und über welche Pro­
zesse Frauen positiv oder negativ auf den Unternehmens­
erfolg wirken können.
Wann und wie wirken Frauen positiv? Moderatoren und
Mediatoren
Durch die Vielzahl an Einzelstudien ist es zudem möglich,
Einflussfaktoren zu identifizieren, die den positiven Ein­
fluss von Frauen verstärken. Hoobler et al. (2016) lenken
den Blick darüber hinaus auf Faktoren, welche auf die Stärke
dieses Zusammenhangs wirken könnten. So zeigt sich, dass
der Effekt in Kulturen stärker positiv ist, in denen die Rollen
weniger geschlechterspezifisch sind („gender egalitarian
cultures“). Ähnliche Effektstärken erreichen auch Zusam­
menhänge zwischen Frauenanteil und Vorstandsaktivitäten,
die in der Meta-Analyse von Post und Byron (2015) unter­
sucht wurden. Es zeigen sich kleine positive Zusammen­
hänge mit Monitoring-Aktivitäten und dem Ausmaß, in dem
die Vorstände in die Strategieentwicklung involviert waren
(r = 0,054 bzw. 0,093). Demgegenüber lässt sich ein Einfluss
der Größe des Leitungsgremiums oder der Sitzungsfrequenz
nicht nachweisen. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft ei­
ne Vielzahl weiterer Einzelstudien veröffentlicht wird, die
die Bedeutung von Kontextfaktoren herausstellen. Deshalb
wollen wir abschließend auf die methodischen Probleme
eingehen.
Worauf Praktiker bei der Interpretation von Studien ach­
ten müssen
Erste in der Praxis bekannte Untersuchungen stammten häu­
fig von Beratungsunternehmen, die den „Business Case von
Diversity“, d.h. den positiven Einfluss von (Geschlechter-)
Heterogenität auf den Unternehmenserfolg nachweisen wol­
len (vgl. dazu exemplarisch McKinsey, 2007, oder Catalyst,
2004). Diese stellen den Frauenanteil in Führungspositionen
mittels Korrelationsanalysen mit finanziellen Erfolgsgrößen
in Beziehung, wobei sich in der Regel ein positiver Zusam­
menhang zeigt. Die in der Praxis häufig gezogene kausale
Schlussfolgerung, d.h. den Frauenanteil als Ursache für den
höheren Unternehmenserfolg anzunehmen, ist allerdings
falsch. Wie die gewählte Methodik der Datenauswertung das
Ergebnis beeinflusst, zeigt Renée B. Adams (2016). Er ver­
wendet Daten von 1.500 börsennotierten US-Unternehmen
im Zeitraum 1996-2003. Abhängige Variable ist die Eigenka­
pitalrentabilität (ROE). Für die Datenanalyse verwendet er
unterschiedliche Verfahren (siehe Abbildung 2). Zunächst
untersucht er den Zusammenhang mithilfe einer linearen
Regression und repliziert die Ergebnisse der oben zitierten
Studie von Catalyst: Der Anteil von Frauen in Führungs­
positionen ist signifikant und hoch korreliert mit dem Un­
ternehmenserfolg. Um den Einfluss von Drittvariablen, die
sowohl den Frauenanteil als auch den Unternehmenserfolg
beeinflussen, zu kontrollieren, verwendet er eine Regressi­
on, in der für Branche und Unternehmensgröße kontrolliert
wird. Der ursprüngliche Zusammenhang wird dadurch in­
signifikant, d.h. die Korrelation beruht auf dem sogenannten
„omitted variable problem“ und darf nicht kausal interpre­
tiert werden.
Adams geht allerdings noch weiter. Er untersucht den
isolierten Einfluss der Frauen mithilfe eines Firm-Fixed-Ef­
fect-Modells. Dabei werden alle, d.h. auch die nicht beobacht­
baren Eigenschaften der Unternehmen konstant gehalten
und untersucht, wie eine isolierte Veränderung des Frau­
enanteils den Unternehmenserfolg beeinflusst. Dabei zeigt
sich ein signifikant negativer Effekt. Diese Korrekturen ma­
chen deutlich, wie stark das Ergebnis von einer methodisch
sauberen Untersuchung abhängt. Praktiker sollten deshalb
bei der Interpretation empirischer Studien genau beachten,
welche Korrekturen und Verfahren eingesetzt wurden, damit
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