PERSONALquarterly 4/2017 - page 30

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PERSONALquarterly 04/17
SCHWERPUNKT
_ARBEITGEBERBEWERTUNG
H6: Je ausgeprägter das Leistungsmotiv eines
Individuums, desto wichtiger sind Gehalt und Benefits,
die ein potenzieller Arbeitgeber anbietet.
Individuen mit einem ausgeprägten Machtmotiv streben nach
Einfluss und Prestige. Ein hohes Gehalt ermöglicht machtmoti­
vierten Individuen den Zugang zu besonders prestigeträchtigen
gesellschaftlichen Bereichen und hierdurch die Erlangung eines
hohen sozialen Status. Yamaguchi (2003) konnte zeigen, dass
machtmotivorientierte Individuen im Rahmen der subjektiv
wahrgenommenen Verteilungsgerechtigkeit (Equity Sensitivi­
ty) eine Überbezahlung als gerecht empfinden. Ein ausgepräg­
tes Machtmotiv führt daher dazu, dass das Arbeitgebermerkmal
Gehalt und Benefits als wichtig wahrgenommen wird:
H7: Je ausgeprägter das Machtmotiv eines
Individuums, desto wichtiger sind Gehalt und Benefits,
die ein potenzieller Arbeitgeber anbietet.
Die angenommenen Zusammenhänge werden in Abbildung 1
visualisiert.
Beschreibung der empirischen Studie
Zur Untersuchung der beschriebenen Zusammenhänge wurde
2015 eine Paper-Pencil-Studie an zwei deutschen Universitä­
ten durchgeführt. Als Teilnehmer wurden abschlussnahe Stu­
dierende gewählt, da diese zeitnah einen Arbeitsplatz suchen
und zu den potenziellen Adressaten des Targeted Recruitment
gehören.
Die wahrgenommene Wichtigkeit des „Teamklimas“, der
„Karrieremöglichkeiten“ sowie von „Gehalt und Benefits“
wurde mithilfe einer Visuellen Analogskala erfasst (VAS). Die
VAS zeichnet sich dadurch aus, dass sie subjektive Wahrneh­
mungen messbar macht. Da die Bewertung von Arbeitgeber­
merkmalen eine stark subjektive Einschätzung ist, wurde die
VAS als geeignetes Messinstrument präferiert. Die Befragten
mussten auf einem grafisch repräsentierten Kontinuum ihre
Antwort verorten. Das Kontinuum bewegt sich hierbei zwi­
schen den Endpunkten „nicht wichtig“ und „sehr wichtig“.
Dass die wahrgenommene Wichtigkeit spezifischer Arbeitge­
bermerkmale zur Bewertung der Attraktivität eines Arbeitge­
bers geeignet ist, konnte bereits in anderen Studien gezeigt
werden (vgl. z. B. Thomas/Wise, 1999).
Die Leistungs-, Macht- und Affiliationsmotive wurden mittels
der etablierten Skalen der deutschen Version der Personality
Research Form (vgl. Stumpf et al., 1985) gemessen. Die Skalen
wiesen eine ausreichende Reliabilität auf (Cronbachs Alpha
zwischen 0,64 und 0,79).
Die Moderatorvariable Verträglichkeit wurde mit der Kurz­
version des Big-Five-Inventory (BFI-K) von Rammstedt und
John (2005) gemessen (Cronbachs Alpha = 0,65). Darüber hi­
naus wurden verschiedene mögliche Störvariablen erfasst, wie
das Alter, das Geschlecht oder die Berufserfahrung der Teilneh­
mer. Von den 411 ausgefüllten Fragebögen konnten insgesamt
351 Fragebögen in die Auswertung einfließen. Die Stichprobe
der Studie setzt sich zu 66% aus weiblichen und zu 34% aus
männlichen Teilnehmern zusammen. Das Alter der Probanden
lag bei durchschnittlich 22,23 Jahren (SD = 12,23 Jahre).
Ergebnisse der Studie
Zur Überprüfung der Hypothesen wurden drei hierarchische
lineare Regressionsanalysen (abhängige Variablen: „Teamkli­
ma“, „Karrieremöglichkeiten“, „Gehalt und Benefits“) durch­
geführt, in die schrittweise die Kontrollvariablen und die
unabhängigen Variablen aufgenommen wurden. Hierdurch
können die Einflussrichtung und -stärke der Variablen analy­
siert werden. Die Ergebnisse der Berechnungen zur Überprü­
fung der Hypothesen finden sich in Abbildung 2.
Hinsichtlich der Kontrollvariablen zeigt sich in der Regres­
sionsanalyse zum Teamklima ein signifikanter Einfluss des
Geschlechts, wonach Frauen ein kollegiales Arbeitsumfeld wich­
tiger ist als Männern. Die für die abhängige Variable Teamklima
formulierten Hypothesen 1-3 können verifiziert werden. Das
Affiliationsmotiv wirkt sich positiv auf die wahrgenommene
Wichtigkeit des Teamklimas aus, was auch der sehr hohe und
stark signifikante Regressionskoeffizient mit ß = 0,816 bestätigt.
Das Persönlichkeitsmerkmal Verträglichkeit zeigt einen mittel­
starken und höchstsignifikanten Zusammenhang (ß = 0,283).
Auch der vermutete Moderationseffekt bestätigt sich. Verträg­
lichkeit verstärkt den Zusammenhang zwischen dem Affiliati­
onsmotiv und dem Teamklima (ß = 0,727). Das Leistungs- und
Machtmotiv hingegen zeigt, wie erwartet, keinen nennenswerten
Einfluss. Der Erklärungsanteil der Regression liegt bei rund 12%.
Für die Regression mit der abhängigen Variable Karriere­
möglichkeiten liegt der Erklärungsgehalt mit 20% höher. So­
wohl das Leistungsmotiv (ß = 0,225) als auch das Machtmotiv
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Forschungsmodell
Affiliationsmotiv
Verträglichkeit
Teamklima
Leistungsmotiv
Karrieremöglichkeiten
Machtmotiv
Gehalt und Benefits
H1
H6
H3
H4
H5
H7
H2
1...,20,21,22,23,24,25,26,27,28,29 31,32,33,34,35,36,37,38,39,40,...60
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