20
PERSONALquarterly 04/17
SCHWERPUNKT
_REKRUTIERUNG
Praktische Implikationen
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Unternehmen die Bewer-
bungsneigung weiblicher Nachwuchskräfte durch das Ange-
bot familienfreundlicher Personalpraktiken oder die Präsenz
weiblicher Führungskräfte beeinflussen können. Allerdings
sollten die Unternehmen darauf achten, dass sie nicht zu-
gleich stereotype Geschlechterrollen bedienen. Weibliche
Nachwuchskräfte vermuten offenbar, dass ein Unternehmen,
das mit Geschlechterstereotypen bricht, für Chancengleich-
heit und Leistungsgerechtigkeit steht und finden das Unter-
nehmen daher attraktiver.
Die Ergebnisse der ersten Studie legen nahe, dass es für Un-
ternehmen vorteilhaft ist, familienfreundliche Personalprak-
tiken mit Männern bzw. Vätern als Referenz zu präsentieren.
Auf diese Weise signalisiert ein Arbeitgeber, dass er nicht in
traditionellen Rollenschemata denkt und die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf als ein Problem versteht, welches beide Ge-
schlechter betrifft. Mit diesem Signal für Gleichbehandlung
von Männern und Frauen in Bezug auf Familie und Beruf ge-
lingt es Unternehmen nicht nur, mehr Studierende beiderlei
Geschlechts zu attrahieren, sondern insbesondere die leis-
tungsorientierten Frauen anzusprechen.
Die Ergebnisse der zweiten Studie implizieren, dass die
Präsenz einer weiblichen Führungskraft in einem männlich
dominierten Funktionsbereich die Bewerbungsneigung von
Studentinnen erhöht. Ein einzelnes weibliches Geschäftsfüh-
rungsmitglied in gendertypischer Funktion kann weibliche
Nachwuchskräfte offenbar sogar abschrecken. Die letztge-
nannte Konstellation ist in der Praxis allerdings relativ häufig
anzutreffen: Die wenigen Frauen, die Vorstandspositionen in
DAX30-Unternehmen bekleiden, stehen überproportional häu-
fig dem Personalressort vor (Huber-Straßer u.a., 2015). Eine
einzelne Top-Managerin in stereotyper Funktion wird häufig
als „Quotenfrau“ wahrgenommen und reicht daher allein nicht
aus, um mehr Frauen dazu zu bewegen, sich für das Unter-
nehmen zu interessieren. Vielmehr muss das Unternehmen
glaubwürdig signalisieren, dass es leistungsgerecht und ge-
schlechtsneutral einstellt und befördert, wenn es mehr weib-
liche Nachwuchskräfte zu einer Bewerbung motivierenmöchte.
Quelle: Eigene Darstellung
3,8
3,7
3,6
3,5
3,4
3,3
3,2
3,1
3,0
2,9 nur Männer in der
Geschäftsführung
eine Frau im
Personalwesen
eine Frau im Controlling
Abb. 3:
Bewerbungsabsicht abhängig von der Präsenz
von Frauen in der Geschäftsführung
befragte Studenten
befragte Studentinnen