PERSONALquarterly 4/2017 - page 11

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04/17 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie kann Unternehmensarchitektur im Employer Branding eingesetzt
werden?
Methodik:
Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Clusteranalyse von 41 Unter-
nehmensgebäuden sowie auf einer Conjoint-Erhebung unter 172 Studierenden.
Praktische Implikationen:
Neubau und Gestaltung von Gebäuden und Büros können
einen bislang versteckten Wert im Employer-Branding-Prozess begründen. Architektur kann
als Signal an junge Menschen genutzt werden, sie ermöglicht eine bessere Identifikation
mit dem Unternehmen und kann die Kreativität der Beschäftigten fördern.
stellen. Das Arbeitsplatzlayout ist halb offen. Eine Vielzahl von
Arbeitsplätzen befindet sich auf einer Ebene, diese sind jedoch
bspw. durch Glaswände oder andere transparent anmutende
Bauelemente in Gruppen voneinander abgetrennt. Mit diesem
Architekturstil verbinden junge Menschen vermutlich flache
Hierarchien und eine hohe Mitarbeiterorientierung.
Im zweiten Cluster (klassisch-solider Typ) ist das Gebäude-
äußere rein funktional gestaltet. Es ist geschlossen, mit einer
flachen Fassade und vertikal ausgerichtet. Die Interaktions-
bereiche sind geschlossen, d.h. in separaten Räumlichkeiten
untergebracht. Das Arbeitsplatzlayout hingegen ist offen, in
Form von Cubicles oder anderen Open-Plan-Strukturen. Gebäu-
de mit diesem Stil sind meist schon einige Jahrzehnte alt. Mit
diesem Architekturstil verbinden junge Menschen vermutlich
einen eher konservativen Arbeitgeber, dessen Management
stark auf Hierarchien und bürokratischen Prinzipien beruht
und dessen Geschäft eine gewisse Stabilität und Planungssi-
cherheit aufweist.
Das dritte Cluster (Spaß-Typ) sticht dadurch hervor, dass die
Interaktionsbereiche sowie die Layouts der Arbeitsplätze aus-
nahmslos offen sind. Die Interaktionsbereiche haben ihren Fo-
kus auf der Integration von Spaß- und Freizeitelementen (z.B.
Hängematten, Liegewiesen, Fahrradwege) oder sind im Design-
stil gehalten. Dieses Cluster kommt den Trends relativ nahe, die
von Unternehmen wie Google & Co. auch in Deutschland einge-
führt wurden und spiegelt somit die Spaß-Architektur wider.
Von diesem Architekturstil schließen junge Menschen vermut-
lich auf einen besonders innovativen Arbeitgeber, der viel Wert
auf Kreativität, Vernetzung und selbstverantwortliches Arbei-
ten legt und bei dem Arbeit und Freizeit entgrenzt werden.
Wie attraktiv ist der harmonisch-moderne Typ? Präferenzen
von Studierenden
In den untersuchten Unternehmen kommen besonders häufig
der harmonisch-moderne Architekturstil sowie der klassisch-
solide Stil vor. Der Spaß-Typ scheint, zumindest in Deutsch-
land, noch wenig verbreitet zu sein. Es wird daher zunächst
die Frage aufgeworfen, ob potenzielle Bewerber den beiden
gängigsten Typen eine unterschiedliche Bedeutung beimessen.
Konkret soll die Frage beantwortet werden, ob Bewerber den
zeichneten multinationalen Unternehmen (beides Stand 2014).
Ziel der Analyse war es zu prüfen, ob bestimmte architek-
tonische Merkmale regelmäßig in Kombination auftauchen
und somit zu einem Architekturstil zusammengefasst werden
können. Basierend auf Literaturrecherchen wurden acht Ar-
chitekturvariablen hergeleitet, die sich auf die äußere Erschei-
nung der Gebäude, auf die Interaktionsbereiche sowie auf die
Arbeitsplätze bezogen. Die Variablen wurden jeweils mithilfe
einer eigens entwickelten dreistufigen Skala erfasst. Die Va-
riable „Strukturelle Orientierung des Gebäudes“ kann bspw.
die Ausprägungen vertikal (das Gebäude ist deutlich höher als
breiter), ausgeglichen (das Gebäude ist mindestens so breit wie
hoch) oder horizontal (das Gebäude hat nicht mehr als zwei
Stockwerke) aufweisen (vgl. Abb. 1).
Für 41 Unternehmen lagen vollständige Datensätze vor. Von
diesen Unternehmensgebäuden stehen 19 in Deutschland, 17 in
den USA und fünf in anderen Ländern. 15 der Unternehmen sind
dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen, 13 der Informations-
und Kommunikationsbranche, sieben der Finanz- und Versiche-
rungsbranche und sechs unterschiedlichen anderen Branchen.
18 der betrachteten Unternehmen weisen eine Auszeichnung
des Great-Place-to-Work-Instituts auf. Unter Verwendung ver-
schiedener Verfahren der Clusteranalyse zeigte sich, dass nur
fünf der acht Architekturmerkmale ausschlaggebend für die Dif-
ferenzierung verschiedener Architekturtypen sind. Drei größere
Cluster stellten sich als Typen mit eindeutigen Merkmalskombi-
nationen heraus, sodass hier von Architekturstilen gesprochen
werden kann (vgl. Abb. 2). Wie Literaturanalysen nahelegen,
dürften junge Bewerber mit den drei Stilen unterschiedliche
Arbeitgeber- und Aufgabenmerkmale verbinden.
Das erste Cluster (harmonisch-moderner Typ) ist durch Ge-
bäude gekennzeichnet, deren Fassade eher funktional ist, jedoch
durch dezente Designelemente (z.B. Material, Farbe, Form) auf-
gelockert wird. Die strukturelle Orientierung ist ausgeglichen.
Die Interaktionsräume sind zu Fluren oder Gängen geöffnet. Die
Interaktionsbereiche folgen einem Designstil. Das heißt, Möbel,
Farben, Formen usw. werden bewusst eingesetzt, um eine be-
stimmte Atmosphäre, bestimmte Assoziationen und ein Gefühl
des Wohlbefindens zu vermitteln. Der Fokus liegt allerdings
auf Funktionalität. Ein Beispiel könnte eine Lounge-Ecke dar-
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