PERSONALquarterly 4/2017 - page 14

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PERSONALquarterly 04/17
SCHWERPUNKT
_REKRUTIERUNG
higkeit und Dynamik oder Größe und Verlässlichkeit. Über
symbolische Signale des Arbeitgebers kann ein Individuum be-
urteilen, inwiefern die Mitgliedschaft in diesem Unternehmen
den eigenen Werten Ausdruck verleihen und damit Teil der
eigenen Identität werden kann (Lievens & Highhouse, 2003).
Unternehmensarchitektur stiftet Identifikation mit der
Organisation
Menschen identifizieren sich mit einer Organisation, wenn ein
Individuumdie Identität der Organisation in sein Selbstkonzept
einfließen lässt (Ashforth & Mael, 1989). Dieses „Einfließenlas-
sen“ wird in neuerer Architektur, die vom klassisch-soliden Stil
abweicht, über mehrere Mechanismen erreicht.
Erstens werden durch starke Akzente in der Architek-
tur die Werte, für welche die Organisation stehen möchte,
an Beschäftigte und potenzielle Beschäftigte kommuniziert.
Dies schafft Identität, sofern die (potenziell) Beschäftigten die
Werte erkennen und als so positiv beurteilen, dass sie es als
erstrebenswert empfinden, sich selbst nach außen über die
Werte der Organisation zu präsentieren. Gerade das äußere
Erscheinungsbild, das für jedermann sichtbar ist, kann über
Form, Farben und Materialien bestimmte Attribute wie bspw.
innovativ, dynamisch, erfolgreich, konservativ oder nachhaltig
transportieren. Dabei sprechen dieWerte nicht notwendigerwei-
se alle Personen gleichermaßen an. Vielmehr dürften sich nur
bestimmte Personengruppen mit den kommunizierten Werten
identifizieren. Dieser Effekt kann bewusst zu einer passenden
Selektion der Bewerber genutzt werden. Für die bereits Beschäf-
tigten eines Unternehmens führt eine Architektur, die die Werte
des Unternehmens permanent spiegelt, zu einer langfristigen
Integration der organisationalen Identität in das Selbstkonzept
– die Arbeit wird somit Teil der persönlichen Identität (Ashforth
& Mael, 1989). Diese Wirkung von Architektur wird besonders
wichtig, wenn Mitarbeiter häufig mobil sind und sich außerhalb
des Büros aufhalten. Dann kann der Unternehmensstandort, in
demdie Arbeitgebermarke hinreichend spürbar ist, als „Auflade-
station“ für die organisationale Identität dienen (Müller, 2013).
In der neueren Architektur wird eine Identifikation mit der
Organisation und der Aufgabe auch durch eine Entpersona-
lisierung des Büroarbeitsplatzes erreicht. Häufig wird nicht
ein einzelner Arbeitsplatz, sondern es werden mehrere und
verschiedene Arbeitsplätze vorgesehen („Multi-Space-Envi-
ronments“). In vielen Unternehmen wird den Beschäftigten
überhaupt kein Arbeitsplatz mehr fest zugeordnet. In der Re-
gel können Mitarbeiter in solchen Umgebungen selbstverant-
wortlich entscheiden, ob sie für ihre aktuelle Arbeitsaufgabe
am Schreibtisch arbeiten wollen, in einer Lounge-Ecke oder
lieber auf einem Sitzsack auf der Dachterrasse. Somit wird der
Schreibtisch nicht mehr als ein Territorium mit persönlichen
Gegenständen gesehen; vielmehr wird hierdurch das Projekt
zum Territorium und der Schreibtisch wird zum Projekt-
Schreibtisch. Folglich denfinieren Mitarbeiter sich nicht mehr
über sich selbst, sondern über das Projekt und die Aufgabe
(FASZ, 2003: 34). Generell lässt sich sagen, je flexibler und
uniformer die Arbeitsplätze und je weniger Möglichkeiten der
Personalisierung, desto stärker rückt der Identitätsfokus von
der Person hin zur Aufgabe und Organisation.
Drittens wird die Identifikationmit der Organisation dadurch
unterstützt, dass durch Architektur bestimmte Freizeitaktivi-
täten am Arbeitsplatz gefördert werden. Noch bis zur Jahrtau-
sendwende grenzten Mitarbeiter sich durch ihr Verhalten und
Gruppenmitgliedschaften außerhalb der Arbeitszeit von ihrer
beruflichen Identität ab. Dies hat sich heute, insbesondere vor
dem Hintergrund der Spaß-Architekturen, stark geändert. Das
„Chillen“ in der Hängematte, das Kickerturnier, das Zocken
an der Spielekonsole – all diese Aktivitäten sorgen dafür, dass
einst bewährte und abgegrenzte private Selbstdefinitionen
nun mit der Bindung der Mitarbeiter an ihre Organisation ver-
schmelzen. Die Bindung an die Organisation wird vermischt
mit Aspekten der privaten Selbstdefinition der Beschäftigten.
Diese werden somit als „ganzheitliche Person“ in das Unter-
nehmen eingebunden, was zu einer deutlich stärkeren und
nachhaltigeren Bindung und in Folge dessen auch einem hö-
heren Einsatz der Mitarbeiter für das Unternehmen führt.
Unternehmensarchitektur unterstützt produktive Prozesse
Die neuere Architektur dürfte auch dazu beitragen, Beschäf-
tigte produktiver zu machen. Die aktuellen Trends in der Unter-
Abb. 3:
Zwei Jobszenarios, die die Zahlungsfähigkeit
für Architektur illustrieren
Jobszenario 1
Jobszenario 2
Durchschnittlicher
Nutzen
5,44
5,42
Weiterbildung
„Wir bieten von Anfang an ein umfangreiches Spekt­
rum an Weiterbildungsmöglichkeiten an.“
Karriere
„Uns ist der langfristige Verbleib auf einer Position
wichtig, sodass Sie Routinen entwickeln können.“
Architektur
Klassisch-solider Typ
Harmonisch-moderner Typ
Einstiegsgehalt
46.000 €
41.000 €
Durchschnittlicher Nutzen: Durchschnittlicher Rang, den die Befragten
den Jobszenarien zuweisen (basierend auf Conjoint-Befragung).
Quelle: Eigene Darstellung
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