PERSONALquarterly 4/2017 - page 15

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nehmensarchitektur haben häufig den Effekt, dass Mitarbeiter
sich in ihrem physischen Arbeitsumfeld wohler fühlen, da es
mit mehr Annehmlichkeiten versehen ist, als es der klassisch-
solide Architekturstil vorsieht. Zum anderen fühlt sich die
Arbeit mehr nach Spaß und Freizeit an. Eine einfache Folge
hieraus ist, dass Mitarbeiter regelmäßig mehr Zeit am Arbeits-
platz verbringen und mehr arbeiten. Architektur kann jedoch
auch wesentlich komplexere Prozesse der Produktivitätsstei-
gerung unterstützen, wie Kreativität und Innovation (Martens,
2011). Um die verschiedenen Phasen des kreativen Prozesses
zu unterstützen, spielt ein flexibles physisches Arbeitsumfeld
eine wichtige Rolle, das sowohl die konzentrierte Einzelarbeit
als auch den geplanten oder spontanen Austausch in Gruppen
zulässt. Offen gestaltete Arbeitsplätze animieren die Beschäf-
tigten, sich spontan auszutauschen, und unterstützen dadurch
eine reaktionsfähige und lernende Organisation (Värlander,
2012). Die Anordnung der Arbeitsplätze spielt ebenfalls ei-
ne wichtige Rolle: Je näher Kollegen beieinander sitzen, des­
to höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie miteinander in
Interaktion treten. Ab einer Entfernung von 30 Metern sinkt
die Interaktionswahrscheinlichkeit drastisch (Allen & Henn,
2007). Zusammenfassend ist somit eine höhere „Dichte“ der
Arbeitsplätze, jedoch in Kombination mit zusätzlichen Um-
gebungen für den informellen Austausch, besonders förder-
lich für die Kommunikation (Stryker/Santoro/Farris, 2012).
Traditionelle Zellbüros hingegen lassen zwar intensivere per-
sönliche Kontakte mit wenigen entstehen, doch dies ist eher
kontraproduktiv für das schnelle Wachstum von Netzwerken
und Austausch (Boutellier et al., 2008).
Der kreative Denkprozess einzelner Personen kann be-
sonders durch eine Umgebung gefördert werden, die Unter-
brechungen des Denkprozesses verhindert und gleichzeitig
stimulierend und inspirierend wirkt, also den „Flow“ der Mit-
arbeiter unterstützt. Dies kann durch die offene Gestaltung von
Möbelarrangements, räumliche Komplexität, visuelle Details,
Blick in die Natur und den Einsatz von natürlichen Materialien
gefördert werden (McCoy & Evans, 2002). Schlussendlich müs-
sen die Mitarbeiter auch sicher sein, dass das Unternehmen
neue Ideen, Querdenken, Pluralität und auch Fehler schätzt
und fördert. Dies kann den Beschäftigten insbesondere durch
entsprechende Werte vermittelt werden. Diese Werte können
sich in der Architektur widerspiegeln.
Praktische Nutzung von Architektur im Employer Branding
Falls sie Neu- oder Umbauten ohnehin planen, sollten Arbeit-
geber diese auf den Signalwert hin untersuchen. Stehen die
geplanten Bürolandschaften und Fassaden für die Werte, die
das Unternehmen an potenzielle Beschäftigte transportieren
möchte? Wenn die These vom Signalwert zutrifft, nehmen
potenzielle Beschäftigte die Repräsentation der Architektur
wahr. Dann müssen Unternehmen, die falsche Informationen
geben, damit rechnen, dass sie potenzielle Beschäftigte mit
ihrer Architektur-Botschaft verwirren oder sogar abschrecken
– oder aber, dass sie attraktiv sind für Beschäftigte, die der
Arbeitgeber eigentlich nicht ansprechen möchte.
Bei Neu- und Umbauten sollten Arbeitgeber zudem auf die
Gesamtwirkung der Architektur achten. Unsere empirischen
Analysen zeigen ja, dass sich Gebäude typischerweise zu be-
stimmten Typen zuordnen lassen, die sich durch ein stimmiges
Ensemble von Gestaltungsmerkmalen charakterisieren lassen.
Das ist kein Zufall, wie die Literatur zu Architekturwirkungen
an vielen Beispielen zeigt. Offene Büroflächen etwa, die häufig
mit einer Reduzierung der Fläche pro Mitarbeiter einhergehen,
wirken nur dann positiv auf die Produktivität, wenn neben den
eigentlichen Arbeitsplätzen weitere räumliche Möglichkeiten
zum Austausch geschaffen werden und wenn auch das Design
(z.B. Ausstattung, Formen und Farben) bestimmte kulturelle
Werte vermittelt (McElroy & Morrow, 2010).
Arbeitgeber sollten zudem an der Beobachtbarkeit des Sig­
nals arbeiten. Architektur begegnet potenziellen Bewerbern
an vielen Stellen: auf der Straße, auf Websites und Blogs, über
Unternehmensbroschüren oder beim ersten Bewerbungs­
gespräch. Diese verschiedenen Wege der Kommunikation von
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
0
Abb. 4:
Zahlungsbereitschaft für die
harmonisch-moderne Architektur
all (N=172)
Zahlungsbereitschaft (Gehaltsverzicht in €)
male (N=75)
female (N=97)
no experience (N=45)
experience (N=127)
experience, age _< 23 (N=27)
experience, age 24-26 (N=70)
experience, age >26 (N=30)
business, economics (N=56)
engineering, computing (N=56)
social sciences (N=27)
Quelle: Eigene Darstellung
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