PERSONALquarterly 4/2017 - page 19

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einem Masterstudiengang. 70% hatten zum Befragungszeit-
raum bereits Praxiserfahrung gesammelt.
Analog zur oben dargestellten Studie haben wir den Befra-
gungsteilnehmern in dieser Untersuchung wiederum eine
Anzeige für eine Management-Trainee-Stelle eines fiktiven Au-
tomobilzulieferers gezeigt. Zusätzlich haben wir den Befragten
Informationen über die Geschäftsführung des Unternehmens
als Ausschnitt der Unternehmenshomepage präsentiert. Die
sechs Geschäftsführungsmitglieder wurden mit Namen, Ressort
und Foto dargestellt, wobei wir bei der Wahl der Fotos darauf
geachtet haben, dass sich die Personen in Kleidung und Körper-
haltung ähnelten. Die Zusammensetzung der Geschäftsführung
haben wir variiert. Die erste Gruppe bekam eine rein männliche
Geschäftsführung zu sehen. Die zweite Gruppe sah eine Ge-
schäftsführung, die aus fünf Männern und einer Frau bestand,
wobei die Frau das Ressort „Personal- & Sozialwesen“ vertrat.
Die Geschäftsführung, die die dritte Gruppe zu sehen bekam,
bestand ebenfalls aus fünf Männern und einer Frau, wobei wir
die Frau dieses Mal dem Bereich „Finanzen & Controlling“ zu-
geordnet haben. Name und Foto des weiblichen Geschäftsfüh-
rungsmitglieds waren in beiden Szenarien identisch. Alle drei
Gruppen wurden nach der Präsentation der Stellenanzeige und
der Zusammensetzung der Geschäftsführung zu ihrer Bewer-
bungsneigung befragt.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Studentinnen die Präsenz
von Frauen in der Geschäftsführung bei ihrer Bewerbungsent-
scheidung berücksichtigen. Während die Bewerbungsneigung
der Studenten kaum durch die Präsenz von Frauen in der
Geschäftsführung beeinflusst wird, variiert die Bewerbungs-
neigung der Studentinnen systematisch in Abhängigkeit da-
von, ob die Geschäftsführung ein weibliches Mitglied hat oder
nicht (vgl. Abb. 3). Die Wirkung des weiblichen Geschäfts-
führungsmitglieds hängt dabei davon ab, ob die Frau dem
Personalbereich oder dem Finanzbereich vorsteht. Verfügt das
Unternehmen über einen weiblichen Personalvorstand, sinkt
die Bewerbungsneigung der Studentinnen im Vergleich zu der
rein männlichen Geschäftsführung. Vertritt das weibliche Ge-
schäftsführungsmitglied das Ressort Finanzen & Controlling,
steigt die Bewerbungsneigung der Studentinnen.
Tätigkeiten und mithin auch Funktionen sind genderspe-
zifisch: Der Bereich Personal- und Sozialwesen gilt dabei als
„weibliches Ressort“, da er häufig mit typisch femininen Qua-
litäten, wie bspw. Mitarbeiterorientierung und -förderung,
assoziiert wird (Reichel u.a., 2010). Ein weiblicher Personal-
vorstand in einer männerdominierten Geschäftsführung wird
von den Studentinnen offenbar als Signal dafür interpretiert,
dass Geschlechterstereotype die Personalpraktiken des Unter-
nehmens prägen – dies zumindest legen qualitative Interviews
mit Studierenden nahe, die wir ergänzend geführt haben. Die
Personalchefin wird daher häufig als „Quotenfrau“ wahrgenom-
men. Im Gegensatz dazu interpretieren die Befragten eine Frau
als Leiterin einer männlich dominierten Funktion als Signal
dafür, dass Geschlechterstereotype in dem Unternehmen keine
Rolle spielen und Beförderungsentscheidungen tatsächlich leis­
tungsgerecht und geschlechtsneutral erfolgen.
4,0
3,9
3,8
3,7
3,6
3,5
3,4
3,3
3,2
3,1
3,0 keine familienfreund-
lichen HR-Praktiken
familienfreundliche
HR-Praktiken mit Mutter
als Referenz
familienfreundliche
HR-Praktiken mit Vater
als Referenz
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 2:
Bewerbungsabsicht von sehr und nicht sehr
leistungsmotivierten Studentinnen
nicht sehr leistungsmotivierte
Studentinnen
sehr leistungsmotivierte
Studentinnen
4,0
3,9
3,8
3,7
3,6
3,5
3,4
3,3
3,2
3,1
3,0 keine familienfreund-
lichen HR-Praktiken
familienfreundliche
HR-Praktiken mit Mutter
als Referenz
familienfreundliche
HR-Praktiken mit Vater
als Referenz
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Bewerbungsabsicht abhängig von
familienfreundlichen HR-Praktiken
befragte Studenten
befragte Studentinnen
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24,25,26,27,28,29,...60
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