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PERSONALquarterly 04/15
NEUE FORSCHUNG
_GENERATIONENDIVERSITÄT
Sprache oder den Umgangsformen. Im Hinblick auf Genera-
tionenunterschiede bei Arbeitsweisen bedeutsam dürften u.a.
Veränderungen in der (Büro-)Kommunikation sein, die sich
in den jeweiligen Sozialisierungsphasen vollzogen haben.
Während frühe Vertreter der Baby-Boomer-Generation in ihrer
Ausbildungszeit in den 1970er-Jahren noch auf Schreibmaschi-
ne, Papierpost und Fernsprechtischapparat (mit Wählscheibe)
zurückgriffen, stehen Auszubildenden und Berufseinsteigern
der Generation Y heute vielfältige mediale Kommunikations-
möglichkeiten von Anfang an offen. Nicht zuletzt dürften für
die aktuell in den Arbeitsmarkt eintretende Generation Z Face
book, WhatsApp oder Snapchat als ständige Begleiter zum Be-
rufs- und Privatleben gehören.
Um die Jugend- und, mit Ausnahme der Generation Z, auch
die frühe Erwachsenenzeit ausgewählter Generationen greif-
barer zu machen, skizziert Abbildung 2 wichtige Ereignisse
und Konstellationen in der formativen Phase der einzelnen
Generationen aus westdeutscher Sicht. Da die Systematisie-
rung lediglich der exemplarischen Illustration dient, stellt sie
keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und nimmt auch keine
vergleichende Wertung einzelner historischer Ereignisse und
Entwicklungen vor (Klaffke, 2014, S. 15).
Reibungszonen zwischen Generationen
Obgleich Unternehmen aus der Altersvielfalt ihrer Beschäf-
tigten Vorteile erwarten dürfen, wie unter anderem höhere
Kreativität und gesteigerte Problemlösefähigkeit (Bruch et
al., 2010), können unterschiedliche Vorstellungen und Erwar-
tungen im betrieblichen Alltag auch zu Konflikten führen.
Im Hinblick auf das Arbeitsleben relevant sind vor allem un-
terschiedliche Denk- und Arbeitsweisen sowie gegenseitige
Vorurteile, die nicht nur Stimmung und Leistung im Team,
sondern auch die Gesundheit der einzelnen Teammitglieder
beeinträchtigen können (Wegge et al., 2008). Bedeutsam sind
dabei jedoch nicht nur die bewussten Vorurteile. Individuen
nehmen die Wirklichkeit im Lichte ihrer jeweiligen Erfahrun-
gen und Prägung wahr. Mit diesem persönlichen Filter, der aus
unbewussten Vorannahmen (sogenannte „Unconscious Bias“)
besteht, werden Ereignisse und Verhaltensweisen anderer
bewertet, wodurch Missverständnisse und Fehlentscheidun-
gen entstehen können. So zeigt eine Studie des AOK-Instituts
zum Fehlzeiten-Report 2014, dass sich etablierte und jünge-
re Generationen im betrieblichen Miteinander oftmals falsch
einschätzen (Zok et al., 2014). Und obgleich sich gegenteilige
Befunde finden lassen, wurde doch in mehreren Studien mit
zunehmender Altersheterogenität ein Abfall der Gruppenef-
fektivität beobachtet (Ries et al., 2010).
Tajfel und Turner (1986) erklären in ihrer Theorie der sozi-
alen Identität Konflikte zwischen Gruppen mit dem mensch-
lichen Wunsch, Bestätigung der eigenen Selbsteinschätzung
erfahren zu wollen. Zur Förderung des Selbstbildes neigen
Individuen dazu, sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen,
die eigene Gruppe („In-Group“) von anderen relevanten
Gruppen („Out-Group“) abzugrenzen und auf Kosten der
Fremdgruppe(-n) als überlegen zu bewerten. Dabei können
Dynamiken zwischen den Gruppen von subtiler und oft un-
bewusster Ausgrenzung oder Benachteiligung über Stereoty-
pisierung und Mobbing bis hin zu offener Konfrontation und
Diskriminierung reichen. Diese Tendenzen dürften sich ver-
stärken, wenn starre Kategorien für die Gruppenbildung, wie
beispielsweise Alter oder Ausbildung, einen Gruppenwechsel
erschweren und bei der Verteilung knapper Ressourcen ein-
zelne Gruppen Bevorzugung erfahren (Klaffke, 2014; Bruch
et al., 2010, S. 151).
In einer Studie mit Beschäftigten einer Landesverwaltung
konnten Ries et al. (2010) zeigen, dass Effekte der Altershetero-
genität durch das Teamklima einer Gruppe moderiert werden.
Zunehmende Altersdiversität führte in der Untersuchung bei
einem „guten“ Teamklima zu einer Steigerung der Innovation
sowie einem Abfall von Burn-out, während bei einem „schlech-
ten“ Teamklima gegenläufige Effekte auftraten. Unerlässlich
erscheint es dementsprechend, über unterschiedliche Denk-
weisen und Erwartungen sowie die damit einhergehenden
Missverständnisse zu sprechen und letztlich eine Situation zu
schaffen, in der alle Teammitglieder Sicherheit und Vertrauen
erfahren.
Pilotstudie zur intergenerativen Zusammenarbeit bei der
DB Netz AG
Zur Identifizierung potenzieller Reibungszonen zwischen Be-
schäftigtengenerationen und zur Ableitung spezifischer Hand-
lungsansätze für die DB Netz AG wurde im Winter 2014/15
eine Serie von explorativen Workshops durchgeführt. Die rund
80 Teilnehmer aus dem Bereich Instandhaltung verfügten
über eine handwerkliche Berufsausbildung und hatten in gro-
ßen Teilen ergänzende DB-Qualifizierungen absolviert. Als Be-
schäftigte mit dualer Ausbildung gehören sie somit zu jenem
Arbeitnehmersegment, das vor dem Hintergrund sinkender
Schülerzahlen bei zugleich wachsender Studierneigung zu-
künftig besonders stark von Unternehmen umworben werden
wird. Angesichts des bevorstehenden Ruhestands der Nach-
kriegsgeneration und der perspektivischen Ausrichtung von
Interventionsmaßnahmen konzentrierte sich die Erhebung
auf die Zusammenarbeit von Baby Boomern, der Generation
X sowie der Generation Y. Während die Vertreter der beiden
älteren Generationen überwiegend über eine traditionelle Ei-
senbahnausbildung (bei Bundes- oder Reichsbahn) verfügten
und als Meister die Führungsposition in Arbeitsteams
ausübten, hatten die von ihnen geführten Generation-Y-
Repräsentanten im Anschluss an eine gewerblich-technische
Ausbildung ein Qualifizierungsprogramm nach DB-Standards
durchlaufen.