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PERSONALquarterly 04/15
SCHWERPUNKT
_PERSONAL & INNOVATION
nerer Kreativitätsverfahren replizieren lässt, wurde an einer
Stichprobe aus 48 Mitarbeitern aus dem Forschungsbereich
und 44 Mitarbeitern aus dem Entwicklungsbereich eines
großen deutschen Unternehmens untersucht (Gelléri, 2012).
Die Entwickler waren zum Zeitpunkt der Erhebung im Mittel
7.65 Jahre (SD=7.65) in der F&E tätig, die Forscher 9.32 Jahre
(SD=6.43). Kreativität wurde durch eine Vorversion der DBK-
PG (Schuler/Gelléri/Winzen/Görlich, 2013) erfasst.
Die Ergebnisse im Kreativitätsleistungstest korrelieren bei
den Entwicklern zu
r=.34
mit dem Vorgesetztenurteil zur Kre-
ativität, bei den Forschern beläuft sich der Zusammenhang
auf
r=.35.
Unter Berücksichtigung der Berufserfahrung („Je
länger in einem Bereich gearbeitet wurde, desto mehr Patente
können eingereicht werden“) hängt die Anzahl eingereichter
Patente bei Entwicklern zu
r=.41
mit der gemessenen Krea-
tivität zusammen; bei Forschern ergibt sich eine Korrelation
von
r=.30
. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen zum einen die
Bedeutung individuellen kreativen Potenzials für Mitarbeiter
im F&E-Bereich, zum anderen weisen sie aber darauf hin, dass
es möglich ist, berufliche Erfolge durch den Einsatz von Krea-
tivitätstests vorherzusagen.
Kreative Unternehmer
Eine wichtige Grundlage erfolgreicher Unternehmensgrün-
dungen sind kreative Ideen. Ohne eine innovative Produkt
idee – ganz gleich, ob es sich hierbei um ein Produkt, Prozess-
Know-how oder eine Dienstleistung handelt – gelingt es neu
gegründeten Firmen nicht, sich gegen etablierte Wettbewerber
zu behaupten. Dabei umfasst der Unternehmensgründungs-
prozess weitaus mehr als die reine Ideengenerierung, denn
aus ersten Ideen sind perfekt zugeschnittene Lösungen zu
erarbeiten, die es ermöglichen, bestehende Nachfragen zu be-
friedigen. Erfolgreiche Unternehmer zeichnen sich gleichsam
dadurch aus, dass es ihnen gelingt, stets neue, rentable Mög-
lichkeiten zur Verbreitung ihrer Produkte zu erkennen oder
diese – und darin liegt sicherlich die größte Kunst – selbst zu
schaffen. Alle diese Aufgaben erfordern ein hohes Maß an Kre-
ativität. In einer Studie von Palmer, Cesinger, Gelléri, Putsch
und Winzen (2015) ergeben sich für eine Stichprobe von 38
Unternehmern aus dem süddeutschen Raum signifikant hö-
here Kreativitätswerte (gemessen mittels der DBK-PG) als für
die Kontrollstichproben mit Mitarbeitern aus Entwicklung
und Forschung. Vor allem aber zeigen sich, wie erwartet, hohe
Zusammenhänge zwischen der Kreativität von Unternehmern
und ihrem beruflichen Erfolg. Die Anzahl angemeldeter Paten-
te korrelierte in dieser Stichprobe zu
r=.24
mit dem kreativen
Potenzial. Zudem ergibt sich ein Zusammenhang von
r=.38
zwischen der Kreativität der Unternehmer und der Anzahl
ihrer Mitarbeiter. Besonders erwähnenswert ist die hohe Kor-
relation zwischen dem kreativen Potenzial der Unternehmer
und dem Umsatz ihrer Unternehmen in Höhe von
r=.46.
Das
Umsatzkriterium ist multideterminiert, hängt also von vielen
unterschiedlichen Einflüssen ab. Dass sich für die Ausprä-
gung eines einzelnen Personmerkmals auf Individualebene
eine so starke Validität für ein Kriterium auf Unternehmens
ebene zeigt, ist beachtlich.
Berufstätige allgemein
. Dass die Vorhersagekraft psycho-
metrisch konzipierter Kreativitätsleistungstests nicht auf be-
stimmte Berufsgruppen beschränkt ist, zeigt Palmer (2015).
Für Berufstätige unterschiedlichsten beruflichen Hintergrunds
ergibt sich unter Einsatz der DBK-TE ein Zusammenhang mit
der Anzahl an Verbesserungsvorschlägen, die zu organisatio-
nalen Veränderungen geführt haben, von
r=.26
. Mit dem Ge-
halt – ebenfalls ein multideterminiertes Kriterium – ergibt
sich eine Korrelation von
r=.22
(hier wurde der Einfluss des
Alters auf Gehalt herausgerechnet). Weiterhin zeigte sich, dass
Kreativität auch für den Karriereverlauf bedeutsam ist, denn
kreativere Personen waren deutlich jünger bei der Übernahme
der ersten Führungsposition (
r= -.29
).
Die Auswahl empirischer Befunde zeigt, dass eine Messung
kreativen Potenzials nicht nur in kurzer Zeit möglich ist, son-
dern auch einen wesentlichen Beitrag zur Vorhersage späteren
beruflichen Erfolgs leisten kann. Gerade für die Auswahl und
Entwicklung von Personen in Bereichen, in denen es auf die
Anpassung auf sich ändernde Bedingungen oder die Schaffung
innovativer Lösungen ankommt, sollte die Diagnose kreativer
Kompetenzen in Erwägung gezogen werden.
Erfreulicherweise liegen mit modernen Kreativitätstests
Verfahren vor, die nicht nur valide sind und eine objektive,
schnelle Auswertung erlauben, sondern auch seitens der Ge-
testeten akzeptiert werden. Wie Hausknecht, Day und Thomas
(2004) in einer Überblicksarbeit empirisch zeigen konnten,
wirkt sich eine positive Einstellung gegenüber Bewerberaus-
wahlprozessen und damit der darin eingesetzten Verfahren
sowohl auf das Bild des auswählenden Unternehmens aus als
auf die Entscheidung, im Falle einer Zusage das Stellenangebot
letztlich auch anzunehmen. Für die DBK-TE wird beispielswei-
se eine Schulnote von 2.62 (SD=0.84) vergeben (Palmer, 2015).
Damit wird sie gegenüber kognitiven Leistungstests wesentlich
positiver bewertet. Zum Vergleich: Der I-S-T 2000 R wird mit
3.33 (SD=0.76) beurteilt, für den BIS-4 ergibt sich eine Beno-
tung von 3.24 (SD=0.94; Kersting, 2008).
Praktische Relevanz des Einsatzes von Kreativitätstests
Innovationspotenzial ist zugleich Ziel auf Unternehmensebe-
ne und Anforderung auf Mitarbeiterebene. So wird Kreativität
als individuelle Voraussetzung für Innovationen in den unter-
schiedlichsten Stellenprofilen von Bewerbern gefordert und
entsprechend wird die Beschreibung, Identifikation und Ent-
wicklung dieser Anforderung zu einer wichtigen Aufgabe im
Talentmanagement. Zur Messung kreativen Potenzials steht
eine Vielzahl an Verfahren zur Verfügung: mehr oder weni-