Immobilienwirtschaft 12/2018 - page 29

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2-01.2019
Bezahlbarer Wohnraum beschäftigt die Immobilienwirtschaft besonders in Ballungsräumen
seit Jahren. Doch die Projekthürden sind in den einzelnen Märkten sehr hoch. Impact Investing
zeigt, wie man diese nehmen kann – besonders in einer späten Phase des Marktzyklus.
spekulativeren Immobilienprojekten, un-
terliegen dafür aber deutlich niedrigeren
Schwankungen. Sie sind somit auf dem
zeitlichen Horizont für Investoren, die
eine gewisse Rückkopplung gewährleisten
müssen, besser planbar. Gleichzeitig ist
bezahlbarer Wohnraum in Deutschland,
wie auch in denVereinigten Staaten, gegen
wirtschaftliche Schocks weitestgehendwi-
derstandsfähig. Ein Grund dafür ist, dass
der Staat in einem Großteil der Fälle für
die Miete von bezahlbaren Wohnraum-
konzepten aufkommt, beispielsweise
durch Wohngeld oder Sozialhilfe.
Wenn also Investoren in Projekte für
bezahlbaren Wohnraum investieren wol-
len, müssen sie auf die gleichen Funda-
mentaldaten für Rentabilität achten wie
bei anderen Immobilieninvestments. Es
geht um das Urteilsvermögen bei der
Auswahl von Investitionsmöglichkeiten.
Das Management von Umsetzungs- und
Marktrisiken spielt dabei ebenso eine Rol-
le wie eine solide Forschungsgrundlage,
die auf spezifische Marktcharakteristi-
ka hinweist. Mit dem richtigen Konzept
haben Investoren nicht nur die Chance
auf eine monetäre Rendite, sondern auch
auf eine soziale. Gerade Letztere gewinnt
bei den Anlageentscheidungen der nach-
wachsendenGenerationen zunehmend an
Bedeutung.
Erschließen oder Revitalisieren ein be-
zahlbares Wohnangebot erlauben. Hier
ist vor allem die öffentliche Hand respek-
tive Kommunen und Land gefordert. Sie
müssten entsprechendeOptionen aus dem
eigenen Bestand ausweisen und diese, um
einer Zweckentfremdung entgegenzutre-
ten, auf Basis eines strengen Kriterien-
und Anforderungskatalogs zu einem Fix-
preis unterhalb des Marktdurchschnitts
verkaufen, und nicht über Bieterverfahren
zumhöchstmöglichenKurs. Hier gab es in
der Vergangenheit vertane Chancen.
Attraktive Quartiere sind
die Grundvoraussetzung
für das Gelingen
Gleichzeitig müssen für diese Lagen
Infrastrukturkonzepte rechtzeitig entwi-
ckelt und auf den Weg gebracht werden,
um für die Bewohner ein Quartier attrak-
tiv zu gestaltenund vollumfänglich lebens-
wert zu machen. Andernfalls besteht das
Risiko einer Entkopplung und die soziale
Durchmischung nimmt deutlich ab – das
kann nicht im Interesse einer Kommune
sein. Das Erschließen von Flächen zum
Decken des täglichen Bedarfs, das Anbin-
den an das öffentliche Verkehrsnetz sowie
der Bau von kulturellen Einrichtungen,
Schulen, Kindergärten und -tagesstätten
müssen bei der Projektentwicklung von
Anfang an berücksichtigt und entspre-
chende Fördermittel bereitgestellt werden.
Für viele Investoren sind die Margen
bei Projekten für bezahlbarenWohnraum
zu gering und die Kosten gegebenenfalls
zu hoch – so die Annahme. Dabei kann
dieses Immobiliensegment vor allem für
risikoaverse Investoren, wie Pensionskas-
sen, Versorgungswerke, Stiftungen oder
Family Offices, eine Alternative für deren
Portfoliodiversifikation sein. Die Rendi-
ten sind zwar deutlich schmaler als bei
einher
gehendes konstantes oder teilweise
stagnierendes Bau-, Revitalisierungs- und
Transformationsaufkommen.
So hat sich seit Jahren ein Nachfrage­
überhang in diesen Märkten aufgebaut,
der unweigerlich ein überproportionales
Wachstum der Miet- und Kaufpreise
nach sich zieht. Der Immobilienmarkt
wird somit für alle Akteure zunehmend
dysfunktional. Als Folge können sich
einkommensschwächere Bevölkerungs-
schichten ein Leben in Städten wie Frank-
furt und München nicht mehr oder nur
noch erschwert leisten, was wiederum zu
einer Gentrifizierung innerhalb dieser La-
gen führt und einer geringeren sozialen
Durchmischung. Laut der jüngsten Studie
des Wissenschaftszentrums Berlin für So-
zialforschung konzentrieren sich einkom-
mensschwache Bevölkerungsschichten
zunehmend auf bestimmte Wohnviertel.
Dass in den angespannten Lagen
Deutschlands nicht ausreichend bezahl-
barer Wohnraum existiert, liegt weniger
daran, dass sich keine Bauträger und In-
vestoren finden. Die Herausforderung ist
vielmehr entsprechend bepreiste Flächen
und Objekte zu identifizieren, die nach
«
Sebastiano Ferrante, Frankfurt am Main
PGIM REAL ESTATE
ist die Immobilienmanagement-Tochter
des Vermögensverwalters PGIM Inc.,
dem globalen Investmentmanager
des Versicherungskonzerns Prudential
Financial, Inc. (NYSE: PRU). Seit 1970
setzt PGIM Real Estate neue Akzente im
Immobilieninvestmentgeschäft.
Das Haus beschäftigt lokale Experten an
17 Standorten in Nord- und Südamerika,
Europa und im asiatisch-pazifischen
Raum. Zum 30. Juni 2018 verwaltete
das Unternehmen ein Bruttovermögen
von 69,2 Milliarden US-Dollar (49,5
Milliarden US-Dollar netto).
ASSETS UNDER MANAGEMENT
Sebastiano
Ferrante
Head of Italy &
Germany, PGIM
Real Estate, ver-
antwortet dort
die Impact-Inves­
ting-Strategie
AUTOR
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