IMMOBILIENWIRTSCHAFT 06/2016 - page 30

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
WOHNUNGSUNTERNEHMEN
niedriger Mieten unwirtschaftlich wären.
Geht man hier nach „Schema F“ vor und
stockt beide Gebäude um je eine Etage auf,
verschwendet man in der einenMikrolage
Geld – und lässt es in der anderen liegen.
An bestimmten Standorten kann es wie-
derum zielführend sein, Gewerbeflächen
teilweise in Wohnraum umzuwandeln –
oder umgekehrt Wohnraum in Gewerbe-
flächen, je nachdem, welche Nutzungsart
in einer Mikrolage stärker nachgefragt ist.
Eine „One size fits all“-Lösung gibt es also
nicht. Die optimale Strategie kann je nach
Standort sogar innerhalb derselben Stadt
völlig unterschiedlich sein. Gerade in den
Ballungsgebieten liegen die Grundstücks-
kosten weit über den Baukosten, sodass
man mit einer optimierten Flächennut-
zung sehr viel größere Effekte erzielt als
mit Einsparungen durch Standardisierung
der Bauprozesse.
Für manche Immobilien lohnt sich eine
Grundsanierung und Repositionierung,
nach der man dieWohneinheiten deutlich
schneller und an eine zahlungskräftigere
Klientel vermieten kann. Deshalb gehört
dieses Vorgehen zum Standardrepertoire
vieler Wohnimmobiliengesellschaften.
Wer dagegen die einzelnen Mikrolagen
kennt, weiß, dass es unter Umständen
sinnvoller ist, mit einer möglichst kos-
teneffizienten Instandhaltung Bestands-
mieter zu binden und Leerstände zu
vermindern. Denn gerade im unteren
Marktsegment sind Mieterhöhungen nur
in begrenztem Rahmen möglich. Ziel ei-
ner optimalen Strategie ist es deshalb, den
Zustand herzustellen, der optimal in den
Markt passt. Große Wohnungsbaugesell-
schaften sehen oft aber nicht mehr das
spezifische Objekt in seiner Mikrolage,
sondern nur Makromärkte und Prozesse.
Bei den kleineren Gesellschaften dagegen
ist das lokale Immobilien-Knowhow noch
stark verankert.
OPTIMALES MIETERMANAGEMENT
In
Köln-Chorweiler, einem so genannten
Problemviertel, kann man gut beobach-
ten, wie ein mieternahes Management
Wertschöpfungspotenziale heben und
die Wohnqualität verbessern kann. Noch
vor wenigen Jahren waren rund zwei
Drittel der Wohnhochhäuser unsaniert.
Entsprechend feindselig war die Einstel-
lung der Mieter zum Eigentümer BGP.
Deshalb war BGP schnell klar, dass ein
standardisiertes Vorgehen den Konflikt
weiter verschärft hätte. Stattdessen ist das
Unternehmen mit einem maßgeschnei-
derten Sanierungskonzept auf die Mieter
zugegangen. Fenster, Fassaden und Hei-
zungsanlage wurden erneuert, das Raum-
klima und die Energiebilanz dadurch ver-
bessert. Die Mieter wurden durchgehend
informiert und in die Planungen einbezo-
gen. Ein vorhandenes Ladenlokal wurde
renoviert und gezielt an einen sozial und
kulturell engagierten Verein vermietet.
Zudem sollen diese Räume für Mieter-
informationsveranstaltungen genutzt
werden. Durch diese Maßnahmen ist die
Attraktivität dieser Wohnhäuser spürbar
gestiegen. Der Leerstand konnte innerhalb
von zwölf Monaten von 7,0 Prozent auf 2,3
Prozent reduziert werden. An diesemBei-
spiel zeigt sich deutlich, welche Vorteile
ein standortsensibles Vorgehen gegenüber
standardisierten Maßnahmen hat. Dafür
benötigt man jedoch lokales Knowhow,
die Kapazitäten, sich auf jedes Projekt
einzeln einzulassen, und die Flexibilität,
auch bewährte Konzepte an dieMikrolage
anzupassen.
GROSSER AUFWAND, WENIG WIRKUNG
Bei
Wohnimmobiliengesellschaften, die als
AG firmieren, stellen sich die Investoren
oft eine ganz andere Frage: Wie wirken
sich die Skaleneffekte auf den Aktienkurs
aus? Auch das wurde von Green Street
Advisors in der Studie untersucht, und
auch hier gibt es eine eindeutige Antwort.
Während ein besseres Kosten-Nutzen-
Verhältnis den Kurs tatsächlich nach oben
treiben kann, wirken sich ausgerechnet
Einsparungen bei den Verwaltungs- und
Gemeinkosten kaum aus. Schafft es eine
Wohnimmobiliengesellschaft, diese Kos-
ten im Vergleich zu Konkurrenten um 50
Basispunkte zu senken, notiert sie danach
gerade einmal ein Prozent (gemessen am
Brutto-Immobilienvermögen) besser.
Till Schmie-
deknecht,
Geschäftsführer
der BGP Asset
Management
GmbH, München
AUTOR
«
Till Schmiedeknecht, BGP Asset Management
Bei manchen Objekten kann es unter Umständen besser sein, die Immobilien nur
kostengünstig instand zu setzen, um Bestandsmieter nicht zu vergraulen.
Fotos: BGP Asset Management GmbH; Michael Bamberger
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