IMMOBILIENWIRTSCHAFT 06/2016 - page 29

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Hauptfaktor, der sich bei den Fusionen
kleinerer Wohnimmobiliengesellschaften
auswirkt, ist die bessere Auslastung der
lokalen Verwaltungsstandorte. Hier gibt
es tatsächlich erhebliches Synergiepoten-
zial im Property Management – das sich
allerdings schon bei rund 1.000 Einheiten
pro Standort erschöpft.
Weitere Einsparungen hofft man im
Management zu erreichen. Doch dabei
darf man die Leistungsspanne nicht außer
Acht lassen: Ab einer bestimmten Größe
benötigt einUnternehmen zusätzliche Hi-
erarchieebenen, wenn nicht die Qualität
der Arbeit leiden soll. Das vergrößert wie-
derum die Komplexität der Organisation,
was weitere Kosten nach sich zieht. Ins-
besondere die Prozessoptimierung wird
umso schwieriger, je mehr Abteilungen
daran beteiligt sind. Und auch die IT-Sys-
teme, die zur Unterstützung der Verwal-
tung nötig sind, nehmen an Komplexität
zu, werden dadurch störungsanfälliger
und betreuungsintensiver und benötigen
ebenfalls zusätzliches Personal. Auf die-
se Weise werden immer mehr personelle
Ressourcen in der Verwaltung der Immo-
biliengesellschaft selber gebunden – noch
bevor man das eigentliche Kerngeschäft,
die Verwaltung der Immobilien im Be-
stand, überhaupt in Betracht zieht.
Auch die gestiegene Einkaufsmacht
größerer Gesellschaften führt nur bedingt
zu Einsparungen. Hier kommt eine Eigen-
heit der Immobilienbranche zum Tragen:
Wohnimmobiliengesellschaften kau-
fen hauptsächlich Dienstleistungen von
Handwerkern und Bauunternehmen ein.
Hier sind die Lieferantenstrukturen je-
doch stark fragmentiert. Dadurch kommt
die Größe des Einkäufers kaummehr zum
Tragen, seine vermeintliche Macht ver-
pufft in einem sehr kleinteiligen Markt.
Zudem erreichen die Lieferanten schon
bei wenigen Einheiten ihre Grenzkosten
und sind damit gar nicht mehr in der Lage,
weitere Preisnachlässe zu gewähren. Man-
che Wohnimmobiliengesellschaften ver-
suchen dem zuvorzukommen, indem sie
Handwerkerdienstleistungen internalisie-
ren. Das jedoch zieht seine eigenen Ineffi-
zienzen nach sich, denn nun herrscht ein
Mangel an Wettbewerb, der den Kosten-
vorteil schnell zunichtemacht. Gleichzei-
tig besteht eine ständige Versuchung, die-
se internen Dienstleistungen auch dann
zu nutzen, wenn sie eigentlich nicht ge-
braucht werden. Am Beispiel der Vonovia
SE kann man die Wirkung gut beobach-
ten, denn ihre Instandhaltungskosten stei-
gen seit einiger Zeit deutlich. Gleichzeitig
schafft sie es offensichtlich nicht, von der
guten Marktlage in Deutschland zu profi-
tieren, denn ihre Mieteinnahmen steigen
immer langsamer.
LOKALES KNOWHOW UND FLEXIBILITÄT
Die
kleinen und mittleren Wohnimmobilien-
gesellschaften haben einen großen Vorteil
gegenüber den großen, der auf den ersten
Blick wie ein Nachteil klingt – eine gerin-
gere Standardisierung ihrer Prozesse bei
Modernisierungs- und Sanierungsvor-
haben. Was im produzierenden Gewerbe
oder in der Logistikbranche ein Vorteil
sein mag, führt bei Wohnimmobilien
schnell dazu, Wertschöpfungspotenzi-
ale zu übersehen oder die Immobilie am
Markt vorbei zu entwickeln. Kleinere Un-
ternehmen sind es dagegen gewohnt, flexi-
bel zu agieren und auf die Besonderheiten
der einzelnen Objekte einzugehen. Hier
liegt ihr Schlüssel zum Erfolg, denn Bau-
typus, Altersklasse und Mikrolage haben
großen Einfluss auf die Entwicklungsmög-
lichkeiten der Immobilien. Dies gilt gerade
für das SegmentWohnimmobilien. Einige
Beispiele zeigen schnell die Grenzen der
Standardisierung bei derModernisierung:
In Mikromärkten mit starker Nachfrage
und entsprechend hohen Quadratme-
termietpreisen rentiert sich häufig eine
Dachaufstockung über zwei Etagen, wäh-
rend die Baukosten andernorts wegen
SUMMARY
»
Eine kleine Wohnungsgesellschaft
profitiert relativ stark von der Zusammen-
legung mit einem anderen Unternehmen. Pro Wohneinheit und Jahr spart sie 400 Euro ein.
»
Diese Effekte
sind bei größeren Wohnungsgesellschaften kaum noch bezifferbar. Die Synergie-
potenziale im Property Management erschöpfen sich bei rund 1.000 Einheiten pro Standort.
»
Lokales Knowhow und Flexibilität
sind die Eigenschaften, mit denen kleinere Unternehmen
gegenüber den Riesen am Markt punkten. Sie können auf die jeweiligen Gegebenheiten reagieren.
»
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