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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
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TITELTHEMA
tung für Stadtentwicklung noch 2014, „legt großen Wert darauf,
dass mit dem Wohnungsneubau die bestehende Stadtstruktur
der kompakten, gemischten und sozialen Stadt der kurzen Wege
weiterentwickelt wird.“ Deshalb hätten „Neubaustandorte inner-
halb der bestehenden Stadt und mit vorhandener Infrastruktur
Vorrang vor Erweiterungen am Stadtrand“.
Im April dieses Jahres aber stellte Stadtentwicklungssenator
Andreas Geisel (SPD) zwölf große Wohnbaustandorte vor, von
denen sich mehrere in peripherer Lage befinden. „Mit der neuen
Bevölkerungsprognose, die wir Ende 2015 vorgelegt haben, ha-
ben sich die Rahmenbedingungen verschoben“, erläutert Geisels
Sprecher Martin Pallgen. Dieser Prognose zufolge wird sich die
Einwohnerzahl Berlins in den kommenden 15 Jahren um 7,5
Prozent erhöhen. Trotzdem gilt laut Pallgen nach wie vor, dass
„Innenentwicklung immer sinnvoller ist als flächenfressende Au-
ßenentwicklung“. Das aber bedeute: „Wir müssen an allen Stellen
der Stadt nachverdichten. Und wenn wir wertvolle Grün- und
Freiflächen schützen wollen, müssen wir an anderer Stelle dichter
und höher bauen.“
Nachverdichtung – das ist das Schlagwort, mit demalle Groß-
städte arbeiten. „Wir setzen dezidiert auf Innenentwicklung, also
behutsame Nachverdichtung, Arrondierungen bestehender Sied-
lungsränder und Konversion“, sagt Mark Gellert, der Sprecher
von Frankfurts Baudezernent Olaf Cunitz. Im Blick sind dabei
vor allem die Siedlungen aus den fünfziger und sechziger Jahren
des letzten Jahrhunderts, die gemäß den damals geltenden städ-
tebaulichen Leitlinienmit großen Grünflächen aufgelockert sind
und deshalb viel Platz für eine nachträgliche Bebauung bieten.
„Wir denken sehr gründlich darüber nach, wo wir Nachver-
dichtung realisieren können“, sagt auch Ruth Orzessek-Kruppa,
Leiterin des Stadtplanungsamtes Düsseldorf. Ein Beispiel dafür
ist die zwischen 1949 und 1966 errichtete Wohnanlage in der
Verweyenstraße imStadtteil Kaiserswerth, die nach Angaben der
Stadt in Bezug auf Wohnungsgrößen und energetische Standards
nicht mehr den heutigen Ansprüchen genügt. Die Düsseldorfer
Wohnungsgenossenschaft (DWG) hat deshalb ein Gutachterver-
fahren für eine Neubebauung durchgeführt, die im Ergebnis zu
mehr Wohnraum führen soll.
NICHTS GEHT OHNE BÜRGERBETEILIGUNG
Allerdings finden sich in
jeder deutschen Großstadt problemlos Beispiele dafür, dass An-
wohner gegen den Bau vonWohnungen imRahmen der Nachver-
dichtung protestieren. Wie wichtig es deshalb ist, die Menschen
mit einzubeziehen, weiß man besonders gut in Stuttgart, wo die
Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 noch in bester Erinne-
Wie die Städte mit der Herausforderung des Wachstums umgehen
BERLIN
Einwohnerzahl:
3,5 Mio.
Voraussichtliche Einwohnerzahl 2030:
3,828 Mio.
Jährlicher Neubaubedarf:
15.000 bis 20.000 Wohnungen
Wichtige Stadtentwicklungsprojekte (Auswahl):
Europacity, Elisabeth-Aue, Lichterfelde-Süd
Lösungsansätze:
Innenentwicklung, kombiniert mit
der Entwicklung großer Neubauflächen am Stadtrand
HAMBURG
Einwohnerzahl:
1,78 Mio.
Voraussichtliche Einwohnerzahl 2030:
1,9 Mio.
Jährlicher Neubaubedarf: mindestens
10.000 Wohnungen
Wichtige Stadtentwicklungsprojekte (Auswahl):
Hafencity, Mitte Altona,
Gebiet entlang der Überdeckelung der Autobahn 7
(nördlich des Elbtunnels)
Lösungsansätze:
sowohl maßvolle Verdichtung bestehender Quartiere als
auch Entwicklung neuer Wohnviertel in den äußeren Stadtteilen
Quelle: SH-Vector/phoelix/shutterstock.com
Nachverdichtungen
zu realisieren ist oft
nicht leicht. Aber
das Thema hat eine
hohe Priorität.
Ruth Orzessek-Kruppa,
Leiterin des Stadtplanungs-
amtes Düsseldorf