IMMOBILIENWIRTSCHAFT 06/2016 - page 19

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6.2016
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or zwei Jahren wurden den deutschen Politikern und
Stadtplanern die Grenzen der Verdichtung aufgezeigt.
Da votierten die Berliner Stimmbürger mit deutlicher
Mehrheit gegen die Bebauung der Randbereiche des ehe-
maligen Flughafens Tempelhof – ungeachtet einer sich
verschärfenden Wohnungsknappheit in der Hauptstadt. Dabei
erfüllt das einstige Flughafenareal optimale Voraussetzungen für
die Schaffung von Wohn- und Gewerbeflächen: Es befindet sich
mitten in der Innenstadt, ist hervorragend an den öffentlichen
Verkehr angebunden und lässt sich bestensmit den direkt angren-
zenden, bereits jetzt sehr beliebten Wohnvierteln verknüpfen.
Theoretisch ist es unumstritten, dass Innenentwicklung Vor-
rang vor Außenentwicklung haben soll. Zu diesem Grundsatz
verpflichtet schon das 30-Hektar-Ziel der Bundesregierung. Laut
diesem in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie verankerten
Prinzip soll der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland auf
30 Hektar sinken. Derzeit werden jeden Tag 69 Hektar neu als
Siedlungs- und Verkehrsflächen ausgewiesen. Eine nachhaltige
Siedlungsentwicklung, heißt es beim Bundesbauministerium,
müsse dem Prinzip „Innen vor außen“ folgen, wobei die Nut-
zung von Brachflächen, die Schließung von Baulücken und der
Abbau von Leerstand im Vordergrund stünden. „Die kompakte
Stadt ist der beste Weg zum Schutz der Landschaft“, halten auch
die Oberbürgermeister von 30 Städten in einem gemeinsamen
Statement fest. „Wir nehmen das Prinzip Innenentwicklung vor
Außenentwicklung überaus ernst.“
In der Praxis aber fällt es den Städten immer schwerer, diesem
Grundsatz treu zu bleiben. Das liegt nicht nur am Widerstand
einiger Bürger, die um ihren freien Blick und die Grünflächen in
der Nachbarschaft fürchten. Es liegt auch daran, dass die Urbani-
sierung – verstärkt durch die internationalen Flüchtlingsströme
– ungebrochen anhält und der Druck auf innerstädtischenWohn-
raum immer größer wird. Wie also gehen deutsche Großstädte
mit dieser Herausforderung um?Welche Strategien verfolgen sie?
NACHVERDICHTUNG MIT HINDERNISSEN
Groß ist die Herausfor-
derung in Berlin, einer Stadt, die noch vor wenigen Jahren in
der glücklichen Lage war, nicht nur das Tempelhofer Feld, son-
dern weitere umfangreiche Freiflächen in innerstädtischer Lage
in Reserve zu haben. „Berlin“, hieß es bei der Senatsverwal-
hnraum
SUMMARY
»
Als Folge von
Zuwanderung und Einwohnerwachstum
müssen die deutschen Großstädte zahlreiche Wohnungen schaffen.
»
Die
Revitalisierung
von Brachflächen, die
Umwandlung
von Gewerbearealen und der
Ausbau
von Dachgeschossen stoßen zunehmend an ihre Grenzen.
»
Nachverdichtung
provoziert oft Proteste von Anwohnern. Mit
Bürgerbeteiligung
versuchen die Städte gegenzusteuern.
»
Um die Verdichtung zu
erleichtern, fordern die Städte die Einführung eines neuen urbanen Gebiets, in dem
weniger strenge Lärmschutzvorschriften
gelten.
»
Fotos: Photobank - Fotolia; phoelix/shutterstock.com; Stadt Frankfurt
„Wir setzen dezidiert auf
Innenentwicklung, also be-
hutsame Nachverdichtung,
Arrondierungen bestehen-
der Siedlungsränder und
Konversion.“
Mark Gellert,
der Sprecher von
Frankfurts Baudezernent Olaf Cunitz
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