CONTROLLER Magazin 4/2019 - page 34

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grünen, gelben und roten Risikobereiche. Für
Szenario-Risiken funktioniert dies gut, aller-
dings ergeben sich für Bandbreiten-Risiken oft
Grenzfälle, was den dritten Nachteil der Risk
Map darstellt.
Gefahr einer falschen Priorisierung
Es kann sein, dass ein Risiko mit niedrigem
Schaden im Most-Likely-Case – der die Positi-
on auf der Risk Map definiert – im grünen Be-
reich landet, obwohl der Worst Case einen sehr
hohen Schaden bedeuten würde. Es kann auch
sein, dass ein Marktrisiko, dargestellt mit 10%
Wahrscheinlichkeit und dem VaR 90% in einem
anderen Farbbereich landet, wenn es mit 1%
Wahrscheinlichkeit und dem VaR 99 % dar­
gestellt wird. Die Stufenform der Farbbereiche
verstärkt dieses Problem noch, da sich hier zu-
sätzliche Grenzfälle ergeben können. Auch sind
die Regeln, wie Bandbreiten-Risiken auf der
Risk Map dargestellt werden, häufig downside-
lastig (Fokus auf Gefahren), so dass bei der Pri-
orisierung vergleichbar grosse Upsides (Chan-
cen) teilweise nicht im gleichen Farbbereich lie-
gen. In speziellen Fällen erreichen die down­
side-lastigen Risiken die Relevanzschwelle
nicht mehr und werden deshalb in der traditio-
nellen Risk Map vorzeitig aussortiert, obwohl
sie als Chancen im Upside die Schwelle über-
schreiten würden. Dadurch können bei einer
downside-lastigen Risikopriorisierung «blinde
Flecken» entstehen
3
.
Die Einteilung nach Farbbereichen liefert bei
den Szenario-Risiken je nach Achsen-Defini­
tion näherungsweise eine Priorisierung nach
Erwartungswert, berechnet als Eintrittswahr-
scheinlichkeit (EW) mal Auswirkung (AW). Dies
kann zu der Annahme verleiten, dass bei den
anderen Risiken EW mal AW ebenfalls dem Er-
wartungswert entspricht. Je nach Darstel-
lungsregel ist dies bei den Bandbreitenrisiken
nicht der Fall. Der Erwartungswert vieler
Marktrisiken ist beispielsweise Null – multipli-
ziert man eine (pseudo-)AW in Höhe des VaR
90% mit einer (pseudo-) EW von 10% (oder
VaR 99% mit 1%), ergibt sich ein Wert, der mit
dem Erwartungswert des Risikos nichts zu tun
hat. Die Bandbreiten-Risiken reihen sich also
nach einem anderen Kriterium in die Priorisie-
rungsreihenfolge ein als die Szenario-Risiken.
ecksverteilung genannt, bei der Best-, Most
Likely- und Worst-Case erfasst werden (vgl.
auch Abbildung 3). Es ist durchaus sinnvoll, die
Bubble eines Risikos über den Most Likely Case
zu definieren. Was aber, wenn der Worst Case
zehn Mal so groß ist wie der Most Likely Case?
Zeigt man weiter den «harmlosen» Most Likely
Case? Falls ja, wo zieht man die Grenze, wel-
chen Fall man zeigt?
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Und wie geht man damit
um, wenn der Most-Likely-Case nur einen ge-
ringen Schaden aufweist, der Best Case aber
ein deutliches Upside darstellt?
Besonders bei Marktrisiken wie Preis- oder
Währungsschwankungen gestaltet sich die Su-
che nach einer allgemeingültigen Abbildungs-
regel schwierig. Oft werden sie mit einer Nor-
malverteilung modelliert – und oft ist der Er-
wartungswert null, weil erwartungstreu geplant
wird. Wie soll nun in dieser Konstellation die
Bandbreite an möglichen Auswirkungen als
einziger Punkt dargestellt werden? Eine EW von
100% mit (der durchschnittlichen) Auswirkung
von Null ist ja wenig aussagekräftig. Eine Mög-
lichkeit ist, als Auswirkungshöhe den Value at
Risk (VaR) zu nehmen, und die gezeigte Scha-
denswahrscheinlichkeit darauf abzustimmen;
z. B. den VaR mit Konfidenzniveau 90%, gezeigt
als Bubble mit EW 10%. Die Eigenschaften und
der Charakter eines Marktrisikos mit VaR 90%
= 100 sind jedoch völlig anders als die eines
Szenario-Risikos, das mit 10 % Wahrschein-
lichkeit einen Schaden von 100 liefert. Darge-
stellt werden beide Risiken möglicherweise
aber gleich. Die Frage, wie Bandbreiten-Risiken
dargestellt werden sollen, ist eng verknüpft mit
der Frage nach der Risiko-Priorisierung. Bei der
Risk Map geschieht dies über die gezeigten
In vielen Unternehmen wird heute ein Großteil
der Risiken bereits mit Bandbreiten bewertet
und erfasst. Dafür werden entweder diskrete
Szenarien oder stetige Verteilungen wie Nor-
mal-, Dreiecks- oder Gleichverteilung einge-
setzt. Insbesondere bei Marktpreisrisiken ist
letzteres ein methodisch guter Ansatz. Hier
zeigt sich der beschriebene Nachteil der Risk
Map erneut, jedoch in umgekehrter Richtung:
Die vorhandene Information über die Risiko-
Bandbreite muss in einem einzigen Punkt ver-
dichtet werden. Werden im obigen Beispiel Ma-
schinenausfälle von zwei bis sechs Wochen
modelliert, wird das Risiko in der Risk Map
gleich wie ein vierwöchiger Ausfall (mittlere
Auswirkung) dargestellt. Es geht also eine be-
reits erfasste Information über die mögliche Ri-
sikobandbreite verloren bzw. zumindest wird
sie nicht in der Risk Map visualisiert. Erstreckt
sich die Risk Map nur auf einen Quadranten
(nur negative Auswirkungen), sagt die Position
der Bubble außerdem nichts darüber aus, ob es
sich um eine Chance oder Gefahr handelt. Dies
muss über Form oder Farbe der Bubble ge-
kennzeichnet werden.
Inkonsistente Darstellung von Risiken
Ein zweiter, und unseres Erachtens wichtiger
Nachteil der Risk Map ist, dass für diese not-
wendige Informationsverkürzung der Bandbrei-
ten-Risiken einheitliche und einfache Regeln
definiert werden müssen, die dann aber nicht
für alle Risiken gleich sinnvoll sind. In der Praxis
ergeben sich immer wieder Grenzfälle, auf die
die Regeln nicht passen und die man lieber an-
ders dargestellt hätte. Als Beispiel sei die Drei-
Abb. 2: Bandbreitenbasierte Risk Map aufsteigend nach Erwartungswert sortiert (Quelle: Axpo)
Bandbreitenbasierte Risikografik
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