CONTROLLER Magazin 4/2019 - page 44

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Auszahlungsseite berücksichtigt werden. Für
jede Maßnahme zur Verbesserung der Kosten-
position muss der positive und negative Ein-
fluss auf die obigen Kosteneinflussgrößen ana-
lysiert werden. Die Maßnahmen selbst können
zu Auszahlungen bzw. Auszahlungsänderungen
in den folgenden Bereichen führen:
·
·
Planung der Maßnahmen, ggf. mit Konstruktion
·
·
Anfangsinvestition in Maschinen
·
·
Durchführung der Installation (Zeit und Geld)
·
·
Personalkosten direkt und indirekt
·
·
Ggf. höhere laufende Kosten
Wichtig ist, zu erkennen, dass immer nur die
Änderungen gegenüber dem Status quo abge-
leitet werden müssen. Gemäß der erweiterten
Differenzmethode (vgl. Hoberg (2015b), S. 132
ff.) ist dabei auch zu überlegen, welche zukünf-
tigen Änderungen auch ohne die neue Maß-
nahme durchgeführt werden würden. Nur die
fortgeführte Ist-Situation kann der Maßstab
sein. Wenn z. B. aus Umweltschutzgründen ein
Fahrzeug in 2 Jahren ersetzt werden muss, so
darf bei einem sofortigen Austausch nicht
die gesamte Auszahlung angesetzt werden,
sondern nur die Änderung, was im Beispiel die
Effekte aus dem Vorziehen um 2 Jahre wären.
Analyse der Ausgangssituation
Im ersten Schritt muss die Istsituation mög-
lichst genau erfasst werden, wobei einige Kos-
ten außen vor bleiben können, weil sie außer-
halb des Untersuchungszwecks liegen. Das Fa-
brikgebäude mit der Ausstattung liegt vor. Die
entsprechenden Kosten, die im Reporting aus-
gewiesen werden, sind weitgehend Sunk Cost.
Dabei sind Sunk Cost solche Kosten, die nicht
mehr beeinflusst werden können. Die übliche
Definition begrenzt sie auf Kosten in der Ver-
gangenheit. Sie können aber auch in der Zu-
kunft liegen, wenn und soweit ihr Anfall nicht
f) Ausschussquote:
Anlagen, die immer
schneller und mit möglichst wenig Unterbre-
chungen laufen sollen, stehen teilweise in der
Gefahr, dass die Prozesssicherheit nachlässt.
Neben Maschinenstillständen kann sich das
auch in erhöhten Ausschussziffern zeigen. Ins-
besondere bei teuren Rohstoffen im Vergleich
zu den Fertigungskosten muss der Ausschuss
genau beobachtet werden. Wenn es z. B. nur
noch um eine Endmontage geht, vor der schon
ein Großteil der Rohstoffkosten angefallen ist,
ist eine Mengenerhöhung zulasten der Aus-
schussquote nur selten sinnvoll. Die Aus-
schusskosten wären zu hoch.
Es muss beachtet werden, dass fast alle Maß-
nahmen Auswirkungen auf mehrere Kostenbe-
reiche ausüben. Somit sollte jede Maßnahme
mehrdimensional geprüft werden.
Finanzielle Konsequenzen
von Maßnahmen
Es ist das Ziel der Unternehmen, diejenigen
Maßnahmen zu ergreifen, welche die höchsten
Einsparmöglichkeiten aufweisen. Welche der
hier diskutierten Größen vornehmlich optimiert
werden sollen, hängt entscheidend von den je-
weiligen Bedingungen ab. Häufig stehen die
Personalkosten im Vordergrund, so dass Inves-
titionen in eine höhere Automatisierung geprüft
werden sollten. Ist die Fertigung jedoch hoch-
gradig automatisiert, sind die Personalkosten
weniger wichtig. Bei Produkten, die teure Roh-
stoffe und Zukaufteile erfordern, kann es bes-
ser sein, sich auf die Reduktion der Ausschuss­
quote zu konzentrieren. In wieder anderen Pro-
duktionen sollten vornehmlich die Energieko-
sten gesenkt werden. Gemäß den genannten
Hauptfaktoren sollten die Kostenreduktionsef-
fekte ermittelt werden. Neben dem Nutzen aus
den geplanten Einsparungen muss auch die
a) Personalkosten
stellen nicht selten ca. die
Hälfte der Fertigungskosten dar. Neben den
Mitarbeitern an den Maschinen sind auch die
Kosten für die Unterstützungsfunktionen wie In-
standhaltung, Rohmaterialversorgung, Produk-
tionsplanung usw. zu betrachten.
b) Anlagen
sind auf eine bestimmte Geschwin-
digkeit ausgelegt, die kurzfristig nur selten ver-
bessert werden kann. Auch die Senkung der
Taktzeit am Fließband verlangt üblicherweise
Investitionen in den Engpassstationen. Bei ei-
ner Erhöhung der Geschwindigkeit müssen
eventuelle Gegeneffekte berücksichtigt wer-
den, die z. B. in höheren Ausschussraten liegen
können. Auch die Qualität muss dann noch ge-
nauer überwacht werden.
c) Die Efficiency
gibt an, zu wie viel Prozent der
maximal mögliche Output erzielt wurde. Wenn in
einer Schicht 1 Mio Produkte im Fall ohne jede
Störung gefertigt werden können, so führt ein
Output von 900 Tsd. Stück zu einer Efficiency
von 90 %. Da bei einer Produktionsunterbre-
chung viele Kosten weiterlaufen (insb. für das
Personal), sind die nicht produzierten Mengen
verschenkte Mengen. Es sei bereits an dieser
Stelle auf eine wichtige Wechselwirkung hinge-
wiesen. Wenn die Efficiency durch die Eliminie-
rung von Störursachen steigt, gibt es weniger
Notwendigkeiten für die Mitarbeiter, einzugrei-
fen. Insofern kann in solchen Fällen häufig auch
die Besetzung der Maschinen überprüft werden.
d) Der Bereich Wartung/Reparatur
darf nicht
isoliert betrachtet werden. Neben der Frage,
wann Maschinen zu ersetzen sind, muss auch
untersucht werden, welche Wartungsstrategie
sinnvoll ist. Die Spannweite reicht von Preventi-
ve Maintenance, bei der mit hohem Aufwand
auch Teile getauscht werden, die noch länger
halten würden, bis hin zum Ansatz, dass erst
nach Ausfall ersetzt wird. Und diese Strategien
sind auch noch mischbar, indem z. B. vor und in
der Hochsaison vorsorglich gewartet und aus-
getauscht wird, in der Nebensaison aber Aus-
fälle akzeptiert werden.
e) Die Energiekosten
sind in einigen Industrien
zu einem wesentlichen Kostenfaktor geworden.
Projekte, welche den spezifischen Energiever-
brauch senken, sind dann sinnvoll. Frequenzgere-
gelte Elektromotoren stellen dafür ein Beispiel dar.
Autor
Prof. Dr. Peter Hoberg
lehrt als Professor für BWL an der FH Worms. Auf Basis einer
15-jährigen Erfahrung in internationalen Unternehmen be-
schäftigt er sich insb. mit Themen des Controllings und der
Investitionsrechnung. Schwerpunkt seines Interesses ist die
Verbindung von Theorie und Praxis.
E-Mail:
Kostensenkungsstrategien in der Fertigung
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