CONTROLLER Magazin 5/2018 - page 49

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Grundsätzlich besteht bei Ermessensspiel-
räumen die Gefahr, dass das Management ver-
sucht, die Zahlen des Berichtswesens in sei-
nem Sinne zu beeinflussen. Diese Gefahr ist
abhängig von Anreizfaktoren wie beispiels-
weise bonusrelevanten Ergebnissen, einem
geplanten Börsengang, der Einhaltung von
Covenants in Kreditverträgen oder der Er-
wartungshaltung von Kapitalgebern. Sind die
Anreizfaktoren, das Jahresergebnis besser
darzustellen, stark genug, wird das Manage-
ment das Controlling unter Umständen dazu
anweisen, Projektergebnisse temporär zu „be-
schönigen“ (bspw. eine Plankostenerhöhung
auf Projekten nicht vorzunehmen) oder eine au-
ßerordentliche Abschreibung vorläufig zu „ver-
hindern“ (bspw. durch überhöhte Cashflow-
Prognosen beim Impairmenttest). Umgekehrt
gibt es Anreizfaktoren, positive Jahresergeb-
nisse oder Umsatz erst in der Folgeperiode zu
erfassen. Hierzu besteht der Anreiz beispiels-
weise dann, wenn das für den Maximalbonus
relevante Jahresziel bereits erreicht wurde.
In einer solchen Situation
erfordert es einen
hohen Grad an Integrität des Controllers
,
sich gegen entsprechende Anweisungen zu
wehren und die Manipulation von Zahlen zu
vermeiden (vgl. Meyer 2004). Als interner Be-
rater des Managements kann er Management-
entscheidungen in Frage stellen und Transpa-
renz und Objektivität sowohl in der internen als
auch der externen Berichterstattung fördern. Er
trägt eine aktive Rolle zur vorsichtigen Bilanz-
politik bei. Der Controller sollte sich bewusst
sein, dass seine Analysen und Prognosen nicht
schätzung und Umsatzerfassung mangels
Projekt- bzw. Business-Know-how häufig nur
schwer beurteilen. Letztlich kann und muss
er neben der korrekten Umsetzung des Rech-
nungslegungsstandards vor allem die Qualität
des Projektcontrollings (d. h. dessen Prozesse
und Kontrollen) beurteilen – und ist angewie-
sen auf umfangreiche Auskünfte und Erklä-
rungen durch den Controller, den internen
Unternehmensexperten. Der Controller wie-
derum kann im Abschlussprüfer einen Ver-
bündeten finden, der, ebenso wie er, ein Inte-
resse an objektiven und verlässlichen Zahlen
hat (Wagenhofer/Ewert 2003).
Ermessensspielräume und Rolle
des Controllers
Die vorangegangenen Erläuterungen verdeutli-
chen die Vielzahl notwendiger Annahmen und
Einschätzungen, die Einfluss auf Bilanz und Er-
gebnis einer Unternehmung haben. Dort, wo
Schätzungen erfolgen, bestehen sogenannte
Ermessensspielräume, das heißt, es besteht
aus Sicht des Prüfers eine gewisse Bandbreite
akzeptabler Werte. Schätzungen können neut-
ral, vorsichtig oder optimistisch erfolgen. Meist
werden diese Bandbreiten vom Prüfer selbst
auf Basis der erhaltenen unternehmensspezi-
fischen Informationen und extern verfügbarer
Vergleichsdaten ermittelt. Befindet sich der
vom Management geschätzte Wert außerhalb
dieser Bandbreite, so handelt es sich um eine
Prüfungsdifferenz.
Grundvoraussetzung für die richtige Bewer-
tung von langfristigen Aufträgen bzw. die kor-
rekte periodische Umsatzerfassung im Pro-
jektgeschäft ist ein anwenderfreundliches und
transparentes Softwareprogramm, sowie die
laufende Überwachung des Projektes durch
Controller, die über entsprechendes Projekt-
Know-how einerseits und entsprechende öko-
nomische Kenntnisse andererseits verfügen.
Diese Grundvoraussetzungen sind jedoch nur
dann wirksam, wenn die Unternehmenskultur
von Ehrlichkeit und Offenheit geprägt ist und
Fehler als Chance zum Lernen betrachtet wer-
den. Ein weiteres wichtiges Element ist das
hinreichende Verständnis des maßgebenden
Rechnungslegungsstandards. Wann darf die
PoC-Methode überhaupt angewendet wer-
den? Wie wird der Planerlös ermittelt? Dürfen
allenfalls mehrere Verträge gemeinsam be-
trachtet werden oder müssen gar unterschied-
liche Leistungen in einem Vertrag getrennt an-
gesetzt werden? Diese praktischen Umset-
zungsfragen bedürfen der Unterstützung eines
fachkundigen Controllers.
Controller und Abschlussprüfer
als Verbündete
Die korrekte Bewertung von laufenden Pro-
jekten sowie die damit zusammenhängende
Umsatzerfassung gehören zu den komplexe-
ren Prüfgebieten des Abschlussprüfers, die
meist im Fokus des risikoorientierten Prü-
fungsansatzes stehen. Der Prüfer kann die
Richtigkeit und Vollständigkeit der Kosten-
Abb. 5: Berichterstattung des Abschlussprüfers (beispielhafter Auszug)
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