Controller Magazin 1/2018 - page 84

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Ausprobieren von Mitarbeitern
Das Einstellen von Mitarbeitern ist mit hohen
Kosten und Risiken behaftet. Neben den direk-
ten Suchkosten wie Anzeigen schalten, Unter-
lagen sichten, Bewerbungsgespräche führen,
Verträge schließen usw. besteht immer die
Unsicherheit, ob die neu eingestellten Mitar-
beiter auch antreten bzw. ob sie sich wie er-
hofft bewähren werden. Erst bei längerer Ar-
beit fällt manchmal auf, dass wichtige Erfor-
dernisse (z. B. Mitdenken, Pünktlichkeit, Kolle-
gialität usw.) nicht erfüllt werden, die andere,
aber abgelehnte Bewerber aufgewiesen hät-
ten. Dann sind unangenehme und aufwendige
Maßnahmen notwendig, um sich von den Mit-
arbeitern wieder zu trennen. Ob das Unterneh-
men eine qualifizierte Personalabteilung mit
hinreichenden Ressourcen hat, ist eine weite-
re Frage. Leiharbeitsfirmen sind dagegen häu-
fig Profis, die permanent Einstellungen durch-
führen. Und sie übernehmen die meisten Risi-
ken im Falle einer Fehlentscheidung. Da kann
es gerade bei einfachen Tätigkeiten für die Un-
ternehmen vernünftig sein, Leiharbeiter zu
testen und dann bei Bewährung einzustellen.
Wichtig ist natürlich ein faires Abkommen mit
der Leiharbeitsfirma, welche eine Mindestaus-
leihzeit benötigt, um ihre Anfangsinvestitionen
zu amortisieren.
Unterschreitung kritischer Anzahl
an Mitarbeitern
Eine weitere Motivation besonders kleinerer
Unternehmen kann darin begründet sein, dass
beim Überschreiten bestimmter Grenzen an
verträgen zu arbeiten, was aber nicht gut funk-
tionieren dürfte, weil die Zeitarbeiter danach
der Gefahr der Arbeitslosigkeit unterliegen. In
der Praxis müsste noch die Alternative „Über-
stunden“ der Stammbelegschaft geprüft wer-
den, da Überstunden erstaunlicherweise fast
immer günstigere Kostensätze aufweisen als
die Normalarbeit (vgl. Hoberg (2003), S. 12 ff.).
Der Grund liegt darin, dass große Teile des
zweiten Lohns bei Überstunden nicht mehr an-
fallen. Sie sind bereits in der Normalarbeitszeit
abgedeckt. Zudem wäre zu prüfen, ob es nicht
möglich ist, sich durch Arbeitszeitmodelle stär-
ker an den Nachfrageverlauf anzupassen.
Wenn diese beiden Maßnahmen kostengünstig
durchgeführt werden können, verringert sich
der Bedarf an Leiharbeit. Die jeweiligen Ent-
scheidungen können wiederum aus der obigen
Tabelle abgeleitet werden.
Erhöhung der unternehmerischen Flexibilität
Unternehmen sind permanent gefordert, sich an
die aktuellen Markterfordernisse anzupassen.
Durch die vielen technischen Durchbrüche kann
es sein, dass Geschäftsmodelle in kurzer Zeit zu-
sammenbrechen. In solchen Fällen ist es für die
Unternehmen wichtig, dass sie sich schnell von
Kosten trennen können. Wenn dann erst teure
Sozialpläne verhandelt werden müssen, kann
das Unternehmen schnell in die roten Zahlen rut-
schen. Insofern betrachten einige Unternehmen
Leiharbeit als Flexibilitätsversicherung, mit der
im Falle von Nachfrageeinbrüchen schnell eine
Kostensenkung erreicht werden kann. Eine Kos-
tenremanenz kann damit vermieden werden.
nicht mehr weiterbeschäftigt werden darf, selbst
wenn beide Parteien das wünschen. Da in der
zweiten Phase – nach Erreichen des Equal Pay
nach 9 Monaten – die Bruttolöhne gleich sein
sollten, ist auch eine Verlängerung c. p. prak-
tisch immer sinnvoll, weil
·
die Einarbeitung bereits stattgefunden hat,
·
der zweite Lohn üblicherweise geringer ist.
Zu fragen wäre allerdings, ob es günstiger ist,
die vorhandenen Leiharbeiter bei Equal Pay zu
beschäftigen oder neue Leiharbeiter zu holen.
Dazu kann wieder die obige Tabelle eingesetzt
werden. Vergleichspunkt ist dann der neue
Stundensatz, den die Leiharbeitsfirma für die
zweiten 9 Monate ansetzt.
Saisonaler Einsatz
Nun sei der Fall des saisonalen Einsatzes der
Leiharbeit betrachtet. In der Abbildung 3 wird
Angebot und Nachfrage nach Arbeitsstunden
dargestellt. In dieser Situation, die dem ur-
sprünglichen Gedanken der Leiharbeit ent-
spricht, werden die Leiharbeiter z. B. in einer
Getränkeabfüllung dazu eingesetzt, um den zu-
sätzlichen Arbeitskräftebedarf im Sommer ab-
zudecken. Mit Abschluss der Saison werden die
Leiharbeiter beispielsweise in eine Schokola-
denfabrik transferiert, um bei der Produktion
von Weihnachtssüßigkeiten zu helfen. Danach
könnten Osterhasen produziert werden. Mit ei-
ner solchen Kombination von Einsatzmöglich-
keiten kann die Leiharbeitsfirma einen Zusatz-
nutzen schaffen. Denn ansonsten müssten die
Produktionsunternehmen versuchen, mit Zeit-
Abb. 2: Mehrkosten eigene Mitarbeiter vs. Leiharbeit nach Einarbeitungskosten
Vorteilhaftigkeit von Leiharbeit
1...,74,75,76,77,78,79,80,81,82,83 85,86,87,88,89,90,91,92,93,94,...116
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