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Ergebnisse der aktuellen Deloitte Benchmark-
studie zur Ausgestaltung von Risikomanage-
mentsystemen in deutschen Industrieunterneh-
men vor dem Hintergrund des IDW PS 981
„Grundsätze ordnungsgemäßer Prüfung von
Risikomanagementsystemen“.
Einführung
Sowohl aus betriebswirtschaftlicher als auch
aus regulatorischer Sicht übernimmt das Risi-
komanagementsystem (RMS) eine zentrale
Rolle bei der Umsetzung einer guten und ver-
antwortungsvollen Unternehmensführung
bzw. einer „Good Corporate Governance“. Der
am 2. März 2017 durch den Hauptfachaus-
schuss des IDW verabschiedete und am
8. April 2017 veröffentlichte
1
und freiwillig
anzuwendende IDW PS 981 „Grundsätze ord-
nungsmäßiger Prüfung von Risikomanage-
mentsystemen“ stellt ein wichtiges neues
Instrument dar, den Aufsichtsrat bei seiner ge-
setzlichen Überwachungspflicht gemäß § 107
Abs. 3 AktG auch bezogen auf das Risikoma-
nagementsystem zu unterstützen. Zusammen
mit den Prüfungsstandards des IDW zum
Compliance Managementsystem (PS 980
2
),
dem Internen Kontrollsystem (PS 982
3
) und
dem Internen Revisionssystem (PS 983
4
),
kann sich der Aufsichtsrat bei der Überwa-
chung, aber auch die Geschäftsleitung/Vor-
stand bei der Einrichtung und Überprüfung der
Angemessenheit und Wirksamkeit der Corpo-
rate Governance Systeme, durch einen unab-
hängigen Wirtschaftsprüfer unterstützen las-
sen. Im Gegensatz zu verpflichtenden Prüfun-
gen des Risikofrüherkennungssystems gemäß
IDW PS 340
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im Rahmen von Jahresab-
schlussprüfungen börsennotierter Unterneh-
men (§ 91 Abs. 2 AktG), die auf bestandge-
fährdende Risiken fokussieren und lediglich
einzelne Teile eines RMS gemäß § 107 Abs. 3
AktG abdecken, geht eine Überprüfung gemäß
PS 981 deutlich über den Umfang einer Prü-
fung des RFS hinaus
6
.
Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung des
PS 981 haben wir in unserer Studie 53 Indus-
trieunternehmen zwecks Analyse ihrer RMS
unter Berücksichtigung der Anforderungen der
einzelnen Elemente gemäß IDW PS 981 be-
fragt. Hieraus lassen sich Aussagen und Trends
zum aktuellen Reifegrad der RMS in deutschen
Industrieunternehmen, mögliche Handlungsfel-
der und die Erwartungen der Unternehmen an
den IDW PS 981 ableiten. Die Befragung wurde
in persönlichen Gesprächen und online im Zeit-
raum November 2016 bis Februar 2017 durch-
geführt. Risikomanagement-Verantwortliche
von 53 deutschen Industrieunternehmen haben
an der Befragung teilgenommen. 83% der teil-
nehmenden Unternehmen erzielen dabei einen
Umsatz von mehr als eine Mrd. Euro, 58,5%
über fünf Milliarden Euro. 26,4% der Teilneh-
mer sind im DAX 30 und 28,3% im MDAX ge-
listet. Bei den weiteren Teilnehmern handelt es
sich größtenteils um kapitalmarktorientierte
und international tätige Unternehmensgruppen
außerhalb dieser beiden Indizes. Die Studiener-
gebnisse basieren auf einer Selbsteinschätzung
der Teilnehmer zu ausgewählten Fragestellun-
gen in Bezug auf die 8 Grundelemente eines
RMS gemäß IDW PS 981 (siehe Abbildung 1).
Kernaussagen der Studie und
Trends zur Ausgestaltung von RMS
7
88,4 %
8
der Teilnehmer geben an, dass ihr
Risikomanagement als aktives Steuerungsins-
trument beim Erreichen der Unternehmensziele
unterstützt.
Bedeutung und Mehrwert von Risikoma-
nagement für die Unternehmenssteuerung
grundsätzlich erkannt
Nach eigener Einschätzung hat demnach ein
großer Teil der befragten Unternehmen den
Mehrwert und die Bedeutung des Risikoma-
nagements für die Unternehmenssteuerung
grundsätzlich erkannt und setzt es in unter-
schiedlichem Maße bewusst dazu ein. Die
Anerkennung des betriebswirtschaftlichen
Nutzens deckt sich dabei mit empirischen
Erhebungen.
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Außerdem geben 90,0 % der Teilnehmer an,
dass sich das Top-Management regelmäßig mit
Fragen des Risikomanagements wie z. B. des-
sen Weiterentwicklung beschäftigt. Zum Top-
Management zählen in diesem Zusammenhang
die erste und zweite Führungsebene im Unter-
nehmen. Ferner lassen sich die Aufsichtsräte
aller teilnehmenden Unternehmen regelmäßig
über den Stand des RMS und die Risikositua-
tion berichten.
Rolle der Risikomanagement-Funktion
ausbaufähig
Trotz der erkannten hohen Bedeutung des Risi-
komanagements übernimmt die Risikomanage-
ment-Funktion nur bei wenigen Unternehmen
die Rolle eines Business Partners. Lediglich
11,3% der Teilnehmer beziehen den Risikoma-
nager als internen Berater bei anstehenden
Entscheidungen mit ein oder nutzen seine me-
thodischen Kompetenzen zur Verankerung von
Risikomanagement-Aspekten in den Steue-
rungsprozessen des Unternehmens.
Hinsicht-
lich der Unternehmenssteuerung kann die
Risikomanagement-Funktion nach heuti-
gem Stand somit effektiver genutzt wer-
den.
Die Wahl der Rolle liegt im Ermessen der
Quo vadis Risikomanagement?
von Markus Link, René Scheffler und Daniel Oehlmann
Quo vadis Risikomanagement?