Controller Magazin 1/2018 - page 65

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higkeit erwirbt, wandert die bisherige Kern-
kompetenz waagrecht nach links in das Feld
der Schlüsselkompetenzen. Der Kunde ist zwar
noch der Meinung, dass eine Differenzierung
besteht, objektiv gesehen ist aber kein Vorteil
mehr vorhanden. Durch geschicktes Marketing
kann beim Kunden die Differenzierung und
somit der Wettbewerbsvorteil eine gewisse
Zeit lang aufrechterhalten werden. Wenn
das Aufholen der Wettbewerber auch vom
Kunden wahrgenommen wird, „verkümmert“
die Schlüsselkompetenz zur Basiskompetenz.
Das Kompetenzportfolio soll dem Management
bewusst machen, dass
Kernkompetenzen ein
Ablaufdatum
haben. Man wünscht sich zwar,
dass diese über lange Zeit verteidigt werden
können, die Praxis zeigt jedoch, dass die Zyklen
immer kürzer werden. Es ist also nötig, ständig
an den eigenen Fähigkeiten zu arbeiten und sich
immer wieder zu erneuern. Reiht man seine eige-
nen Kompetenzen und Fähigkeiten in das Kom-
petenzportfolio ein, sieht man, wie viel Innovation
gebraucht wird, um rechtzeitig neue wesentliche
Differenzierungsmerkmale aufzuweisen.
Unternehmen sind endlich
in ihrem Dasein
Produkte und Dienstleistungen sind endlich in
ihrem Lebenszyklus, das ist klar. Dass auch
Kernkompetenzen erneuert werden müssen, ist
weitaus nicht allen bewusst. Dass aber gesam-
te
Unternehmen in ihrem Dasein ebenfalls
endlich sind
, ignoriert man am liebsten voll-
kommen. Nach einer Erhebung des US-Ökono-
men John Hagel betrug noch 1940 die durch-
schnittliche Lebenserwartung eines Unterneh-
mens 75 Jahre, heute sind es nur noch 15 Jahre
(Abolhasan, 2015). Er schreibt: „Gründe dafür,
dass Unternehmen wie Nixdorf, Mannesmann,
Kaufhof oder Quelle – allesamt Gründungs-
mitglieder des Dax 30 – ihre Selbständigkeit
verloren haben oder komplett verschwunden
sind, gibt es viele. Übernahmen, falsches Ge-
schäftsmodell, Kunden, die sich abwenden.
Das gilt auch heute noch. Was sich jedoch ge-
wandelt hat, ist das Tempo, in dem Unterneh-
men ihre Marktposition verlieren.“
Es ist also unbestritten, dass Unternehmen
immer wieder ihre Strategie neu ausrichten
müssen, an der Entwicklung ihrer Wettbe-
werbsvorteile und der Kernkompetenzen ar-
beiten müssen. Wird das in Ihrem Unterneh-
men ausreichend gemacht? In Gesprächen mit
Führungskräften in meinen Seminaren oder in
den Strategieentwicklungsprojekten erfahre
ich immer wieder das Gleiche: Das Manage-
ment macht sich sehr wohl konkrete Gedan-
ken darüber, wohin das Unternehmen steuern
soll, es entwickelt Strategien. Nur ist es leider
oft so, dass
·
nicht alle Maßgeblichen an einem Strang
ziehen oder
·
das Management zwar überlegt, aber
die Strategien nicht finalisiert und keine
endgültigen Entscheidungen trifft oder
·
die Strategie nur sehr zögerlich umgesetzt
und – bevor sich eine Wirkung einstellt – die
Richtung bereits wieder geändert wird.
Was also
benötigt
wird, ist eine
systemati-
sche und gründliche Strategieentwicklung
und Strategieumsetzung
.
Abb. 1: Das Kompetenzportfolio zeigt die Vergänglichkeit von Kernkompetenzen
Autor
Dr. Markus Kottbauer
ist Gründer und Geschäftsführer der Strategie- und Management-
beratung aquma GmbH. Seit 2002 ist er Trainer der CA controller
akademie und Dozent an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich.
Von 2013 bis 2016 leitete er den Verlag für ControllingWissen und
war Herausgeber des Controller Magazins.
E-Mail:
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