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werden, um die Relevanz verständlich für alle
betroffenen Stakeholder herauszuarbeiten.
Hierbei kommen nicht nur typische Kommuni-
kationsmaßnahmen zum Einsatz (z. B. All-
hands-Meetings, Workshops und Intranet-
Meldungen), sondern auch in normalen Ar-
beitsmeetings wie z. B. Zielvereinbarungs- und
Leistungsbeurteilungsgesprächen sollte kon-
sequent und konsistent auf die geplanten
M&A-Aktivitäten und deren Bedeutung für den
jeweiligen Personenkreis eingegangen werden.
Wichtige Voraussetzung hierfür ist eine
klare Stakeholder-Analyse.
Sie hilft bei der
Auswahl adäquater Kommunikationsmittel und
-inhalte, und vermeidet widersprüchliche
Äußerungen der verschiedenen Stakeholder
(Top-Management, Führungskräfte, Anteils-
eigner, etc.). Auf Basis der Stakeholderanalyse
und der Cultural Fit Analyse ist ein erster gro-
ber Kommunikationsplan für den gesamten
M&A-Prozess zu erarbeiten.
Die Deutungshoheit über
die M&A-Transaktion behalten
Sind die grundlegenden Voranalysen erfolgt,
beginnt mit der Ansprache des Targets die
Transaktionsphase. Aus Kommunikationssicht
ist hier besonders die Zeit im unmittelbaren An-
schluss an eine externe oder interne Veröffent-
lichung der M&A (bzw. M&A-Absicht) wichtig.
Hierfür gilt es rechtzeitig den nötigen Vorberei-
Gezielte Kommunikation muss möglichst früh
beginnen, um effektiv zu sein. Um eine weit-
gehende informative Deutungshoheit sicher-
zustellen, sollte dies – soweit mit der Vertrau-
lichkeit vereinbar – bereits in der Pre-Merger-
Phase geschehen.
Ein Gefühl für Dringlichkeit erzeugen
Der erste Schritt für die erfolgreiche Gestal-
tung einer organisatorischen Veränderung be-
steht darin, bei allen Stakeholdern ein Gefühl
für Dringlichkeit zu erzeugen. Die geplanten
M&A-Aktivitäten sind klar in der Unterneh-
mensstrategie zu verankern, und es sollten
möglichst viele und diverse Kanäle genutzt
4. Ganzheitliches
Kommunikationskonzept
Kommunikation bei M&As bedeutet immer
Kommunikation im Ausnahmezustand. Grün-
de hierfür sind zum einen die psychologische
Unsicherheit der Stakeholder und zum ande-
ren die strukturelle Unsicherheit der Organisa-
tionen. Dies setzt hohe Ansprüche an das
Kommunikationsmanagement voraus. Es hat
sich aus praktischer Perspektive als sinnvoll
erwiesen, bei der Kommunikationsplanung
zwischen der Pre-Merger-Phase, der Trans-
aktionsphase und der Integrationsphase zu
unterscheiden (vgl. Abbildung 5).
Realität oder Phantasie?
Zwei Beispiele für gescheiterte M&A aufgrund kultureller Aspekte
Beispiel 1:
Ein deutscher Industrieversicherer kauft einen amerikanischen Industrieversicherer.
Was heute Cultural Due Diligence heißt, findet nicht statt. In der Folge zeigt sich, dass die ame-
rikanischen Mitarbeiter ihr Deutschlandbild aus Kriegsfilmen aktivieren und Führungsversuche
aus Deutschland ablehnen („SS-Methoden“). Die Risikoannahmepolitik der deutschen Zentrale
wird boykottiert, es kommt zu Antiselektion zulasten der deutschen Eigentümer und zugunsten
der amerikanischen Versicherungsnehmer. „America First“ also. Die amerikanischen Zahlen
sind katastrophal. Schließlich werden sogar die amerikanischen Reisekosten in Deutschland
verbucht, um das M&A-Desaster zu kaschieren.
Beispiel 2:
Auch 15 Jahre nach erzwungener Fusion nehmen Mitarbeiter des übernommenen
Unternehmens im Mitarbeitercasino ihr Mittagessen an separaten Tischen ein, um sich ihrer
Identität zu vergewissern.
Abb. 5: Kommunikation nach M&A-Phasen
Erfolgsfaktor Unternehmenskultur