Controller Magazin 1/2018 - page 44

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Risiken als Chancen hinsichtlich der Unterneh-
menskultur birgt, eher abgelehnt werden. Da-
mit kann bereits vor dem Einstieg in die kosten-
intensive Due Diligence entschieden werden,
welche Akquisitionsobjekte es wert sind, wei-
terverfolgt zu werden.
In der Praxis hat es sich bewährt, eine grobe
Quantifizierung des Cultural Fit vorzunehmen,
d. h., ableitend aus der SWOT sollte z. B. eine
Kennzahl definiert werden, die den Cultural Fit
beschreibt. Für diese Kennzahl könnten
Schwellenwerte festgelegt werden, deren Un-
terschreitung die weitere Verfolgung aus-
schließt – wobei selbstverständlich beachtet
werden muss, hinsichtlich welcher Dimensio-
nen Unterschiede vorliegen.
Nach Durchführung der Cultural Fit-Analyse soll
auf Basis der SWOT bereits ein erster Entwurf
zum Integrationsverfahren gefertigt werden,
der dann auf Basis der Cultural Due Diligence
evaluiert und abschließend definiert wird.
2. Cultural Due Diligence (CDD)
Im Falle eines Weiterverfolgens der Transaktion
sollte neben den herkömmlichen Due Diligence-
Themen wie der Financial, der Commercial und
der Legal Due Diligence auch eine Cultural Due
Diligence (CDD) durchgeführt werden.
Die Erkenntnisse der Cultural Fit-Analyse kön-
nen hier weitergeführt und vertieft werden. Im
Rahmen der Due Diligence erhält der potentiel-
le Käufer mehr Einblick in das Unternehmen
und Zugang zu relevanten Daten. Auch ist die-
ser Teil des Prozesses meist mit mehr zeitlicher
Flexibilität und einer längeren Prozessdauer
verbunden.
Neben dem Vorteil, weiteren Einblick zu ge-
winnen, inwieweit die Erkenntnisse der SWOT
zutreffen und wie stark Unterschiede und Ge-
meinsamkeiten sind, signalisiert eine CDD
auch, dass der Käufer Interesse an der Ge-
samtheit des Unternehmens und dessen Per-
sonal hat und nicht nur darauf aus ist, schnell
bestimmte wirtschaftliche Vorteile zu realisieren.
(Abbildung 3 zeigt mögliche Analysefelder und
beispielhafte Fragestellung einer Cultural Due
Diligence.)
getan werden kann, um die Erfolgswahrschein-
lichkeit von M&A zu erhöhen. Um hier zu fun-
dierten Antworten zu kommen, wurden von
Akkay (2016) u. a. 18 empirische Studien mit
insgesamt 2416 Akquisitionen ausgewertet.
Auf dieser breiten Basis lassen sich fünf Hand-
lungsempfehlungen ableiten:
1. Durchführung einer Cultural
Fit-Analyse bereits in der
Vorphase einer Akquisition
Oftmals werden Kulturthemen der Integrati-
onsphase zugeordnet – dann ist es oft zu spät!
Es ist dringend anzuraten, eine erste Analyse
bereits im Rahmen der Pre-Merger Phase
durchzuführen, um Fehler bei der Wahl des
Zielunternehmens zu minimieren.
Die kultu-
relle Analyse sollte ein Teil des Suchprofils
sein:
Neben strategischen Zielen, Synergiepo-
tentialen und eventuellen Restrukturierung-
maßnahmen sollten auch das kulturelle Poten-
tial und eventuelle kulturelle Risiken aufge-
nommen werden.
Ein einfaches Tool hierfür ist eine abgewan-
delte Form der aus der strategischen Analyse
bekannten SWOT-Analyse (Abschätzung der
Stärken und Schwächen sowie der Chancen
und Risiken) – eine
„Cultural SWOT“
(siehe
Abbildung 2).
Mit der Verwendung der Cultural-SWOT soll
die zielgerichtete Auswahl der Targets erleich-
tert werden. So sollte ein Target, das mehr
staats. Kulturen auf solch verschiedenen Ebe-
nen beeinflussen sich oft gegenseitig und las-
sen sich trotzdem voneinander abgrenzen.
Menschen sind sehr gut darin, mit dieser auf
den ersten Blick verwirrend erscheinenden
Pluralität umzugehen. So weiß ein Mitarbeiter
zum Beispiel intuitiv und ohne darüber nach-
zudenken, welche Verhaltensregeln in seiner
Filiale im Vergleich zur Unternehmenszentrale
gelten, und verhält sich dementsprechend. So
mag Pünktlichkeit und Anzugpflicht sowohl in
der Filiale als auch in der Unternehmenszen-
trale gelten, aber nur in der Filiale duzen sich
Mitarbeiter und Führungskräfte. Der Mitarbei-
ter fühlt sich trotz dieser Unterschiede sowohl
dem Unternehmen als auch der Filiale verbun-
den, und handelt automatisch entsprechend
den jeweiligen unternehmenskulturellen An-
forderungen. Für die Landes- und Unterneh-
menskultur gilt das Gleiche. Bestimmte Ver-
haltensnormen gelten z. B. bei Google an allen
Standorten weltweit gleichermaßen, andere
Normen sind landes- oder sogar standortspe-
zifisch. Und nur in Ausnahmefällen werden
solche kulturellen Unterschiede den Angestell-
ten überhaupt bewusst; zum Beispiel, wenn
die Unternehmenszentrale implizit oder explizit
Verhaltensregeln durchsetzen möchte, die
nicht der Kultur einer Filiale entsprechen.
Die fünf „kulturellen“ Erfolgs-
faktoren für erfolgreiche M&A
Für den Unternehmenspraktiker stellt sich nun
die Frage, was hinsichtlich kultureller Aspekte
Autoren
Prof. Dr. Peter Rathnow
lehrt strategisches und internationales Management an der In-
ternational School of Management (ISM) und der Technischen
Universität München. Er berät Mittel- und Großunternehmen.
E-Mail:
Prof. Dr. Götz Walter
ist Hochschullehrer für Psychology & Management an der In-
ternational School of Management (ISM) in München. Er ver-
fügt über langjährige Berufserfahrung als Managementbera-
ter für die Europäische Energiewirtschaft. Seine Lehr- und
Forschungsschwerpunkte sind Change Management und
Konsumentenpsychologie.
Erfolgsfaktor Unternehmenskultur
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