Controller Magazin 1/2018 - page 41

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mittleren Unternehmen ist dies genau anders:
Hier sinkt die Konvergenz mit zunehmender
Größe, anders gesagt differenziert sich das
Rechnungswesen stärker aus.
Die Gründe für eine geringere Konvergenz bei
KMU dürften folgende sein (vgl. Rieg/Heyd
2015, S. 73f.):
·
Begrenzung des Aufwands, da KMU
oft Ressourcengrenzen schneller bemerken
und einen höheren Druck zur Wirtschaft-
lichkeit spüren.
·
Steuerliche Regelungen werden als objektiver
angesehen, da sie für alle vorgegeben sind
und weniger Spielräume eröffnen.
·
Externe Bilanzdaten genügen externen
Bilanzadressaten wie Gläubigern bei KMU
bei der Beurteilung der grundlegenden
Situation des Unternehmens.
·
Gesellschafter und teils auch Gläubiger
verfügen über andere, direktere und
informelle Wege, um sich zu informieren.
Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (Bil-
MoG) von 2009 sollte eine Hinwendung zur In-
formationsfunktion analog zu IFRS erbringen.
Entsprechend würde man eine stärkere Konver-
genz des Rechnungswesens erwarten können.
Allerdings sind gerade KMU aus den o. g. Grün-
den vermutlich eher auf eine Einheitsbilanz
(Angleichung Steuer- und Handelsbilanz) aus,
womit eine wesentliche Begründung der Geset-
zesänderung nicht Realität würde.
Die Unternehmensgröße ist dabei nicht die ei-
gentliche Triebfeder und Ursache, sondern ein
Indikator für Strukturen, Ressourcen sowie das
Ausmaß der Differenzierung und Spezialisie-
rung im Unternehmen (vgl. Becker et al. 2012).
Mit zunehmender Größe nimmt die Anforde-
rung an das Management zu und damit auch
der Bedarf an Informationen über das Be-
triebsgeschehen. Insofern verwundert es nicht,
dass man vom externen Rechnungswesen her-
kommend immer mehr zusätzliche Steue-
rungsinformationen benötigt, die die Bilanzie-
rung allein nicht liefern kann: Produktkalkulati-
onen, Deckungsbeiträge, Kundenerfolgsrech-
nungen und mehr (vgl. bspw. in Bezug zur
Kostenrechnung auch Becker et al. 2015). Die
Differenzierung in den benötigten Informatio-
nen spiegelt eine abnehmende Konvergenz des
Rechnungswesens wider. Wie Abbildung 1
zeigt, findet sich in Großunternehmen eher
wieder eine Zunahme der Konvergenz, also ge-
ringere Differenzierung. Das gilt jedoch primär
auf der obersten Führungsebene, also für Top-
management und Aufsichtsgremien. Bei die-
sen geht man von einer Zielangleichung aus:
Topmanager sollten die Ziele der Eigentümer
verfolgen und zur Messung der Zielerreichung
für Konzerne wird dann IFRS als Datengrund-
lage verwendet. Auf den nachgelagerten Füh-
rungsebenen wird es jedoch weiterhin ein dif-
ferenziertes Rechnungswesen geben. In Sum-
me spricht man daher selbst bei Großunter-
nehmen von einer partiellen Konvergenz (vgl.
Trapp 2012).
Handlungsempfehlung
Führungskräfte und
Controller in KMU sollten nicht einem falschen
Sirenengesang der Konvergenz folgen. Viel-
mehr sollten sie sich damit beschäftigen, mehr
Informationen über das Betriebsgeschehen zu
erhalten, um bessere Einblicke und fundierte
Daten zu bekommen, gerade dann, wenn das
Unternehmen über die Jahre wächst. Die
zweckmäßige Ausdifferenzierung des Rech-
nungswesens und der Informationsversorgung
stellt eine wichtige Controlleraufgabe dar.
Ausblick
Neben der Unternehmensgröße ist
bei KMU häufig, wenn auch nicht immer, als
weitere Dimension die Eigentümersituation zu
beachten. Familiengeführte Unternehmen mö-
gen teilweise länger auf eher informelle Infor-
mationswege setzen. Inwiefern das immer
sinnvoll ist, sollte man selbstkritisch prüfen.
Literatur
Becker, W./Nolte, M./Makarowski, D.: Har-
monisierung der Rechnungslegung: Einflüsse
auf die entscheidungsorientierte Kostenrech-
nung, in: Controller Magazin, 42. Jg. H. 2/2017,
S. 76-79.
Becker, W./Ulrich, P./Botzkowski, T.: Einfluss
der Unternehmensgröße auf den Implementie-
rungsstand von Kostenrechnungssystemen in
deutschen Unternehmen, in: Zeitschrift für KMU
und Entrepreneurship, 63. Jg. H. 3-4/2015,
S. 255-280.
Becker, W./Ulrich, P./Zimmermann, L.:
Betriebsgröße als Gestaltungsparameter
des Controllings, in: Controlling, 24. Jg., H.
4-5/2012, S. 208-213.
Rieg. R./Gruber. T./Reißig-Thust, S.: Einfluss-
faktoren auf die Konvergenz der Rechnungsle-
gung in kleinen und mittleren Unternehmen –
eine empirische Untersuchung, in: Betriebs-
wirtschaftliche Forschung und Praxis, 69. Jg.
H. 2/2017, S. 228-255.
Rieg, R./Heyd, R.: BilMoG und die Konvergenz
des Rechnungswesens: zwischen Informations-
funktion und Einheitsbilanz, in: Betriebswirt-
schaftliche Forschung und Praxis, 67. Jg., H.
1/2015, S. 68-88.
Trapp, R.: Konvergenz des internen und ex-
ternen Rechnungswesens: Etablierung oder
Auflösung eines Theorie-Praxis-Paradoxons?,
in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 82. Jg. H.
9/2012, S. 969-1008.
Autor
Prof. Dr. Robert Rieg
lehrt Controlling und interne Unternehmensrechnung
an der Hochschule Aalen.
E-Mail:
Sprecher dieser Artikelreihe:
Prof. Dr. Andreas Wiesehahn,
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg,
E-Mail:
Wissenschaftlicher Beirat:
Prof. Dr. Hanno Drews (Verhaltensorientiertes Con-
trolling), Prof. Dr. Britta Rathje (Operatives Control-
ling, insb. Kosten- und Erfolgsmanagement), Prof.
Dr. Solveig Reißig-Thust (Controlling und Compli-
ance, Value Based Management, Unternehmens-
bewertung, Controlling in Gründungsunternehmen),
Prof. Dr. Andreas Taschner (Management Re-
porting, Investitionscontrolling, Supply Chain Con-
trolling), Prof. Dr. Andreas Wiesehahn (Nachfolge-
controlling, Nachhaltigkeitscontrolling)
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