31
          
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Die folgenden Stichworte stellen
        
        
          meine Wunschvorstellung dar, an die ich auch
        
        
          glaube:
        
        
          ·
        
        
          Viel mehr systematisiert
        
        
          ·
        
        
          Schneller
        
        
          ·
        
        
          Teilweise automatisiert
        
        
          ·
        
        
          Wesentliche Entscheidungen werden
        
        
          mehr gemeinschaftlich getroffen
        
        
          ·
        
        
          Mit Risikomanagement verknüpft
        
        
          Und am vorteilhaftesten:
        
        
          ·
        
        
          Nachhaltig und gerecht.
        
        
          Biel:
        
        
          Haben Sie eine Vision?
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Meine Vision ist, dass diese
        
        
          Entwicklung nicht nur für Unternehmen Gültig-
        
        
          keit hat, sondern genauso auch im Privaten und
        
        
          in der Politik Eingang findet.
        
        
          Biel:
        
        
          Besten Dank für den Dialog und für Ihre
        
        
          wertvollen Hinweise und Anregungen. Herz-
        
        
          lichen Dank für die, wie ich sagen kann, lang-
        
        
          jährige und dem Inhalt und dem Stil nach ganz
        
        
          besondere Zusammenarbeit. Ihnen weiterhin
        
        
          alles Gute.
        
        
          
            Literatur
          
        
        
          Göbel, Elisabeth: Richtig entscheiden: Betriebs-
        
        
          wirtschaftliche Entscheidungslehre und unterneh-
        
        
          merische Praxis. 2. Auflage. Konstanz: UVK 2016.
        
        
          Kahnemann, D.: „Schnelles Denken, langsames
        
        
          Denken“, dt. Ausgabe, München: Siedler 2012.
        
        
          Kottbauer, M.: „Richtig Entscheiden – Der
        
        
          Dreiklang von Fähigkeiten, Strukturen und
        
        
          Werkzeugen führt zu richtigen Entscheidun-
        
        
          gen“, Controller Magazin 02/2016, S. 28-35.
        
        
          ICV, Dream Car-Bericht der Ideenwerkstatt
        
        
          des Internationalen Controller Vereins zu: „Busi-
        
        
          ness Analytics | Der Weg zur datengetriebenen
        
        
          Unternehmenssteuerung“, Wörthsee 2016
        
        
          Schäffer, U.; Weber, J.: „Wirklich rationale
        
        
          Entscheidungen – Die nächste Herausforde-
        
        
          rung für das Controlling“, Controller Magazin
        
        
          02/2016, S. 8-13.
        
        
          
            Link
          
        
        
          Themenschwerpunkt der ICV-Ideenwerkstatt:
        
        
          Der Weg zur datengetriebenen Unternehmens-
        
        
          steuerung: 
        
        
        
          arbeitskreise/ideenwerkstatt/business-analytics.
        
        
          html (zuletzt aufgerufen am 26.08.2017)
        
        
          male POS-Abdeckung gesammelt
        
        
          , diese
        
        
          sollten diskutiert werden, um dann eine
        
        
          Re-
        
        
          gel für die richtige Abdeckung ableiten
        
        
          zu
        
        
          können.
        
        
          Biel:
        
        
          Und nun? Wie kann diese Diskussion in
        
        
          der Praxis ablaufen?
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Der angesetzte Termin wurde
        
        
          vom sehr erfahrenen, erfolgreichen und auch
        
        
          dominanten
        
        
          Eigentümer
        
        
          mit dem Satz eröff-
        
        
          net: „Ich habe die Lösung,
        
        
          ich kenne die
        
        
          richtige Anzahl an POS
        
        
          , alle weiteren Dis-
        
        
          kussionen können wir uns sparen!“ Er erzählte
        
        
          dann, dass er vom Verkaufsguru eines be-
        
        
          freundeten Unternehmers die richtige Zahl
        
        
          „erfahren“ hat:
        
        
          3.500
        
        
          müssten es sein. Die
        
        
          Verkaufsleiterin hatte er schon angewiesen,
        
        
          einen Plan zu erstellen, bis wann diese Zahl
        
        
          erreicht werden könne, wie viele POS pro Jahr
        
        
          eröffnet werden sollten und welches Budget
        
        
          bereitzustellen wäre.
        
        
          Biel:
        
        
          Was bedeutet dieses einengende und ge-
        
        
          bieterische Chef-Verhalten? Ist es nicht auch
        
        
          eine Herausforderung für die betreffenden Con-
        
        
          trollerinnen und Controller?
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Ja, wie reagiert man auf eine
        
        
          solch geballte Willenskraft eines Chefs? Lässt
        
        
          er überhaupt noch eine Diskussion zu? Wenn
        
        
          man sich als Controller traut diese „heilige
        
        
          Zahl“ noch mal infrage zu stellen, erfährt man
        
        
          dann den „Zorn des Zeus“? Die Controllerin
        
        
          dieses Hauses durfte in dieser Situation, und
        
        
          darf es immer noch, „Advocatus Diaboli“ sein –
        
        
          und hat die Zahl infrage gestellt. Die Zahl 3.500
        
        
          wurde wieder fallen gelassen. Ein Chef muss
        
        
          stark, selbstbewusst und vor allem klug genug
        
        
          sein, eine solche Controllerin zuzulassen – be-
        
        
          achtenswert.
        
        
          Biel:
        
        
          Derzeit wird kaum eine Frage so oft und
        
        
          so kontrovers diskutiert wie diese: „Wo stehen
        
        
          die Controller in 10 Jahren“. Lassen Sie uns
        
        
          bitte diese Frage mit Bezug auf unser Thema
        
        
          abwandeln: Wie werden in 10 Jahren Entschei-
        
        
          dungen getroffen und wie wird sich das Ent-
        
        
          scheidungsverhalten verändern?
        
        
          In Abbildung 4 sind einige typische Entschei-
        
        
          dungsfehler aufgelistet, die von kognitiven Ver-
        
        
          zerrungen ausgehen können.
        
        
          Biel:
        
        
          Und was können wir gegen diese Beein-
        
        
          flussungen und Verzerrungen tun?
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Auch da kann ich wieder nur
        
        
          empfehlen, diese
        
        
          Fehlerwahrscheinlichkeit
        
        
          bewusst zu machen und systematisch
        
        
          dagegen zu halten.
        
        
          Zum Beispiel können
        
        
          Sie im abzuarbeitenden Entscheidungspro-
        
        
          zess (siehe Abbildung 2, Punkt 7) einen
        
        
          Schritt vorsehen, in dem die Entscheidung
        
        
          auf einige wenige dieser typischen Entschei-
        
        
          dungsfehler überprüft wird,im Sinne eines
        
        
          Ri-
        
        
          sikomanagements
        
        
          . Auf jeden Fall empfehle
        
        
          ich, einen sogenannten „Advocatus Diaboli
        
        
          (Anwalt des Teufels)“ festzulegen – eine Per-
        
        
          son, die aus Prinzip die kritische Person in der
        
        
          Runde ist und vielleicht sogar probiert, jeweils
        
        
          die gegenteilige Meinung einzunehmen und
        
        
          zu verteidigen. Eine kontroverse Diskussion
        
        
          soll dadurch möglich werden und so typi-
        
        
          schen Fehlern wie Gruppendenken, Herden-
        
        
          trieb, Reziprozität, Expertenaussagen, Vorge-
        
        
          setztenweisheiten, Blendeffekten … Einhalt
        
        
          gebieten.
        
        
          Biel:
        
        
          Dabei muss aber auch die Führungsebene
        
        
          mitspielen. Werte müssen gelebt und noch
        
        
          mehr erlebt werden.
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Ja, wieder ist es eine wohl oft
        
        
          erst zu erlernende Kultur, die letztlich vom Chef
        
        
          zugelassen werden muss.
        
        
          Biel:
        
        
          Da dieser Aspekt so interessant und wich-
        
        
          tig ist, die Bitte um ein konkretisierendes Bei-
        
        
          spiel.
        
        
          Dr. Kottbauer:
        
        
          Erst vor wenigen Wochen
        
        
          hatte ich dazu in einem eigentümergeführ-
        
        
          ten, produzierenden Konsumgüterunterneh-
        
        
          men ein
        
        
          wunderbares Beispiel
        
        
          miterlebt.
        
        
          Es ging darum, die richtige Anzahl an Ver-
        
        
          kaufsniederlassungen – POS (Point of Sales)
        
        
          zu bestimmen. Gegenwärtig sind es 2.700 in
        
        
          Deutschland. Die Frage war, ob es noch viele
        
        
          weiße Flecken gäbe, die gefüllt werden soll-
        
        
          ten, oder ob die Dichte vielleicht sogar verrin-
        
        
          gert werden solle? Von den erfahrenen Ver-
        
        
          käufern wurden dann
        
        
          Kriterien für die opti-
        
        
          
            CM Januar / Februar 2018