Controller Magazin 1/2018 - page 33

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Dr. Kottbauer:
Die folgenden Stichworte stellen
meine Wunschvorstellung dar, an die ich auch
glaube:
·
Viel mehr systematisiert
·
Schneller
·
Teilweise automatisiert
·
Wesentliche Entscheidungen werden
mehr gemeinschaftlich getroffen
·
Mit Risikomanagement verknüpft
Und am vorteilhaftesten:
·
Nachhaltig und gerecht.
Biel:
Haben Sie eine Vision?
Dr. Kottbauer:
Meine Vision ist, dass diese
Entwicklung nicht nur für Unternehmen Gültig-
keit hat, sondern genauso auch im Privaten und
in der Politik Eingang findet.
Biel:
Besten Dank für den Dialog und für Ihre
wertvollen Hinweise und Anregungen. Herz-
lichen Dank für die, wie ich sagen kann, lang-
jährige und dem Inhalt und dem Stil nach ganz
besondere Zusammenarbeit. Ihnen weiterhin
alles Gute.
Literatur
Göbel, Elisabeth: Richtig entscheiden: Betriebs-
wirtschaftliche Entscheidungslehre und unterneh-
merische Praxis. 2. Auflage. Konstanz: UVK 2016.
Kahnemann, D.: „Schnelles Denken, langsames
Denken“, dt. Ausgabe, München: Siedler 2012.
Kottbauer, M.: „Richtig Entscheiden – Der
Dreiklang von Fähigkeiten, Strukturen und
Werkzeugen führt zu richtigen Entscheidun-
gen“, Controller Magazin 02/2016, S. 28-35.
ICV, Dream Car-Bericht der Ideenwerkstatt
des Internationalen Controller Vereins zu: „Busi-
ness Analytics | Der Weg zur datengetriebenen
Unternehmenssteuerung“, Wörthsee 2016
Schäffer, U.; Weber, J.: „Wirklich rationale
Entscheidungen – Die nächste Herausforde-
rung für das Controlling“, Controller Magazin
02/2016, S. 8-13.
Link
Themenschwerpunkt der ICV-Ideenwerkstatt:
Der Weg zur datengetriebenen Unternehmens-
steuerung:
arbeitskreise/ideenwerkstatt/business-analytics.
html (zuletzt aufgerufen am 26.08.2017)
male POS-Abdeckung gesammelt
, diese
sollten diskutiert werden, um dann eine
Re-
gel für die richtige Abdeckung ableiten
zu
können.
Biel:
Und nun? Wie kann diese Diskussion in
der Praxis ablaufen?
Dr. Kottbauer:
Der angesetzte Termin wurde
vom sehr erfahrenen, erfolgreichen und auch
dominanten
Eigentümer
mit dem Satz eröff-
net: „Ich habe die Lösung,
ich kenne die
richtige Anzahl an POS
, alle weiteren Dis-
kussionen können wir uns sparen!“ Er erzählte
dann, dass er vom Verkaufsguru eines be-
freundeten Unternehmers die richtige Zahl
„erfahren“ hat:
3.500
müssten es sein. Die
Verkaufsleiterin hatte er schon angewiesen,
einen Plan zu erstellen, bis wann diese Zahl
erreicht werden könne, wie viele POS pro Jahr
eröffnet werden sollten und welches Budget
bereitzustellen wäre.
Biel:
Was bedeutet dieses einengende und ge-
bieterische Chef-Verhalten? Ist es nicht auch
eine Herausforderung für die betreffenden Con-
trollerinnen und Controller?
Dr. Kottbauer:
Ja, wie reagiert man auf eine
solch geballte Willenskraft eines Chefs? Lässt
er überhaupt noch eine Diskussion zu? Wenn
man sich als Controller traut diese „heilige
Zahl“ noch mal infrage zu stellen, erfährt man
dann den „Zorn des Zeus“? Die Controllerin
dieses Hauses durfte in dieser Situation, und
darf es immer noch, „Advocatus Diaboli“ sein –
und hat die Zahl infrage gestellt. Die Zahl 3.500
wurde wieder fallen gelassen. Ein Chef muss
stark, selbstbewusst und vor allem klug genug
sein, eine solche Controllerin zuzulassen – be-
achtenswert.
Biel:
Derzeit wird kaum eine Frage so oft und
so kontrovers diskutiert wie diese: „Wo stehen
die Controller in 10 Jahren“. Lassen Sie uns
bitte diese Frage mit Bezug auf unser Thema
abwandeln: Wie werden in 10 Jahren Entschei-
dungen getroffen und wie wird sich das Ent-
scheidungsverhalten verändern?
In Abbildung 4 sind einige typische Entschei-
dungsfehler aufgelistet, die von kognitiven Ver-
zerrungen ausgehen können.
Biel:
Und was können wir gegen diese Beein-
flussungen und Verzerrungen tun?
Dr. Kottbauer:
Auch da kann ich wieder nur
empfehlen, diese
Fehlerwahrscheinlichkeit
bewusst zu machen und systematisch
dagegen zu halten.
Zum Beispiel können
Sie im abzuarbeitenden Entscheidungspro-
zess (siehe Abbildung 2, Punkt 7) einen
Schritt vorsehen, in dem die Entscheidung
auf einige wenige dieser typischen Entschei-
dungsfehler überprüft wird,im Sinne eines
Ri-
sikomanagements
. Auf jeden Fall empfehle
ich, einen sogenannten „Advocatus Diaboli
(Anwalt des Teufels)“ festzulegen – eine Per-
son, die aus Prinzip die kritische Person in der
Runde ist und vielleicht sogar probiert, jeweils
die gegenteilige Meinung einzunehmen und
zu verteidigen. Eine kontroverse Diskussion
soll dadurch möglich werden und so typi-
schen Fehlern wie Gruppendenken, Herden-
trieb, Reziprozität, Expertenaussagen, Vorge-
setztenweisheiten, Blendeffekten … Einhalt
gebieten.
Biel:
Dabei muss aber auch die Führungsebene
mitspielen. Werte müssen gelebt und noch
mehr erlebt werden.
Dr. Kottbauer:
Ja, wieder ist es eine wohl oft
erst zu erlernende Kultur, die letztlich vom Chef
zugelassen werden muss.
Biel:
Da dieser Aspekt so interessant und wich-
tig ist, die Bitte um ein konkretisierendes Bei-
spiel.
Dr. Kottbauer:
Erst vor wenigen Wochen
hatte ich dazu in einem eigentümergeführ-
ten, produzierenden Konsumgüterunterneh-
men ein
wunderbares Beispiel
miterlebt.
Es ging darum, die richtige Anzahl an Ver-
kaufsniederlassungen – POS (Point of Sales)
zu bestimmen. Gegenwärtig sind es 2.700 in
Deutschland. Die Frage war, ob es noch viele
weiße Flecken gäbe, die gefüllt werden soll-
ten, oder ob die Dichte vielleicht sogar verrin-
gert werden solle? Von den erfahrenen Ver-
käufern wurden dann
Kriterien für die opti-
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