Controller Magazin 1/2018 - page 24

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ters zuweisen.
Die Anreizwirkung ist fatal,
weil eine systematische Quersubventionierung
eingeführt wird. Wer weniger Leistungen nach-
fragt, zahlt im Zweifel für die anderen mit. Wer
dagegen überdurchschnittlich viele Leistungen
nachfragt, wird durch die anderen Nutzer sub-
ventioniert. Da viele Kunden dies erkennen,
steigt im Zeitablauf die Nachfrage nach Ser-
viceleistungen. Die internen Kunden werden die
Servicebereiche maximal in Anspruch nehmen.
Kostensteigerungen sind daher vorprogram-
miert. Gegen diesen Anreiz hilft ein Shared Ser-
vice Center nicht. Es erbringt zwar die einzelne
Leistungsdurchführung effizienter. Die Menge
steuert die ILV jedoch besser.
Die Interne Leistungsverrechnung soll da-
mit vor allem dann eingesetzt werden,
wenn knappe Ressourcen auch knapp ge-
halten und gesteuert werden müssen.
Die
nachgefragte Menge wird dabei über den Preis
gesteuert. Die Menge wiederum steuert die
Kostenzurechnung. Es sollte also wohlüberlegt
sein, wo sich dieser Aufwand lohnt. Viele Mess-
größen sind zwar automatisiert vorhanden,
aber auch der Aufbau entsprechender Be-
richtsstrukturen benötigt Ressourcen. Ein Ne-
benzweck ist häufig die Verbesserung der
Kalkulationsgenauigkeit. Aber auch die Beein-
flussung der Preispolitik einer Vertriebseinheit
ist ein Grund für den Einsatz von Verrechnungs-
preisen. Da dabei besondere Fallstricke dro-
hen, wird dieser Frage die Fortsetzung dieses
Artikels gewidmet sein.
Fußnoten
1
CbC = Country-by-Country-Reporting
2
BEPS = Base Erosion Profit Shifting
3
IC = Intercompany
4
Vgl. ausführlich Hauser/Kleinhietpaß (2011):
„Profit Center – Vertriebs-Controlling“.
5
Zur Erinnerung: Nur im Rahmen der Produktion
(Dienstleister: „Leistungserstellung für den
Kunden“) gibt es proportionale (= „variable“)
Kosten. Alle übrigen Abteilungen haben aus-
schließlich Strukturkosten („fixe Kosten“).
6
Vgl. steuerrechtlich § 5 Abs. EStG in Verbindung
mit R 6.3 Abs. 1 EStÄR 2012 oder handelsrecht-
lich § 255 Abs. 2 HGB bzw. IAS 2.12 ff. (IFRS).
7
Vgl. § 275 Abs. 3 HGB.
8
Vgl. § 8 Abs. 3 KStG in Verbindung mit R 36
Abs. 1 Satz 1 KStR.
sind nicht mehr en bloc sichtbar, weil sie verteilt
wurden. Eine Kostensenkung beim Leistungs-
ersteller hat nicht stattgefunden. Als sekundäre
Kosten sind sie nun vom Empfänger aber nicht
beeinflussbar.
Preiserhöhungen und Umla-
gen schützen den Leistungsanbieter zulas-
ten des Nachfragers.
Zudem drohen Folgeeffekte:
·
Leistungsempfänger: Je häufiger der interne
Kunden solche – von ihm nicht steuerbaren
– Kostenbelastungen erhält, umso eher
droht ihm eine Verfehlung seiner Kostenziele
– vermutlich mit Auswirkung auf den Bonus.
·
Leistungsempfänger: Anreiz extern, d. h. au-
ßerhalb des Unternehmens, die benötigten
Leistungen zu beziehen. Ohne die anderwei-
tige Nutzung interner Kapazitäten (oder de-
ren Abbau) zahlt das Unternehmen dann
aber doppelt. Oft wird darum der interne Be-
zug zwingend vorgeschrieben, um nicht
„doppelt“ zu zahlen. Das originäre Problem
wird damit aber nicht beseitigt.
·
Leistungserzeuger: Alle Service-Center be-
kommen gezeigt, dass man ein Kostenprob-
lem, das z. B. aus Unterauslastung resultiert,
per Umlage auf den Kunden verlagern kann.
Das ist auch wesentlich angenehmer, als z. B.
Mitarbeiter entlassen zu müssen. Möglicher-
weise gibt es Nachahmer-Effekte.
Ein einfacher
Tipp für die Praxis:
Wenn Sie
solche nachträglichen Änderungen des Ver-
rechnungspreises nicht unterbinden können
oder direkt mit Umlagen arbeiten müssen, dann
führen Sie im Kostenstellenbericht eine einfa-
che „Zwischensumme beeinflussbarer Kosten“
ein. Nur an dieser messen Sie den Kostenstel-
lenleiter.
Besonders kritisch sind übrigens Umlage-
schlüssel, die dem Nutzer einen festen Pro-
zentsatz an den Kosten des Service-Cen-
und zwar zu dem Preis, der in der Speisekarte
zu finden ist.
Wenn Sie dies für sich als Privat-
person logisch finden und einfordern, dann
sollten sie in der Firma genauso handeln.
Planungssicherheit ist ein hohes Gut.
Viele Controller beklagen sich, dass sie durch
das Management, die Finanz- oder Steuerab-
teilung dazu verpflichtet werden, alle KSt kom-
plett zu entlasten. Genauer gesagt: komplett
auf andere KSt zu entlasten. Das entspricht ge-
nau einer solchen Preiserhöhung. Dafür gibt es
weder im internen noch im externen Rech-
nungswesen die Pflicht. Zum Teil ist es sogar
verboten. Steuerrechtlich sei beispielhaft an
das Stichwort der „Stewardship Expenses“ er-
innert. Auch handelsrechtlich können Kosten
nicht beliebig weiterbelastet werden. Stichwor-
te wären z. B. Herstellungskosten-Definition
6
,
funktionale Gliederung des UKV
7
, verdeckte
Gewinnausschüttung
8
u. a.
Obendrein ist es einfacher, die Kosten nicht wie
in Rangier- und Verschiebebahnhöfen wechsel-
seitig hin und her zu schieben. Die Abweichung
wird am besten auf direktem Weg in die Ergeb-
nisrechnung gebracht. Dann entfällt wenigs-
tens die Arbeit der Umlage mit all ihren beglei-
teten Aufwänden wie der Diskussion über die
adäquaten Schlüssel, dem Einrichten der IT und
dem Bilden der monatlichen Prüfsummen.
Noch einen Aspekt gilt es zu bedenken: Die ho-
hen Kosten resultieren in unserem Beispiel aus
der nicht beseitigten Unterauslastung im Ser-
vice. Der Abteilungsleiter wurde seiner Aufgabe
nicht gerecht und belastet stattdessen die (ver-
bleibenden) Abnehmer mit den Leerkosten der
Unterbeschäftigung. Sie werden für nicht er-
griffene oder unwirksame Maßnahmen zur
Kostensenkung in der Serviceabteilung quasi
haftbar gemacht. Aus Sicht des Gesamtunter-
nehmens ist das Spiegelfechterei: Die Kosten
Autor
Dipl.-Oec. Guido Kleinhietpaß
ist Trainer und Partner der CA Akademie AG. Zu seinen fachlichen
Schwerpunkten zählen Businessplanung, Investitionsrechnung, Kenn-
zahlenanalyse, Verrechnungspreise und Vertriebs-Controlling. Er ist
Gründungsmitglied des Fachkreises Kommunikations-Controlling so-
wie Leiter der „Controlling-Wiki-Redaktion“ im Int. Controller Verein
(ICV). Daneben ist er Autor verschiedener Fachbücher.
E-Mail:
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