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          Vielzahl von Akquisitionen erfüllt nicht die mit
        
        
          ihnen verbundenen Erwartungen. Je nach
        
        
          verwendetem Erfolgsmaßstab, betrachteter
        
        
          Branche und betrachtetem Land liegt die
        
        
          Misserfolgsrate in einer Größenordnung zwi-
        
        
          schen 50 % und über 80 %. Spektakuläre
        
        
          Misserfolge, wie AOL/Time Warner, World-
        
        
          com/MCI oder Daimler/Chrysler sind dabei
        
        
          nur die Spitze des Eisbergs (siehe Abbildung 1).
        
        
          Im Mittelstand sind die absoluten Werte zwar
        
        
          kleiner, die relative Wertvernichtung jedoch
        
        
          nicht minder schmerzhaft. Hinzu kommt, dass
        
        
          im Mittelstand naturgemäß deutlich geringere
        
        
          Möglichkeiten bestehen, missglückte Akquisi-
        
        
          tionen durch andere strategische Maßnahmen
        
        
          auszugleichen.
        
        
          Die Bedeutung von M&A-Transaktionen für ein-
        
        
          zelne Unternehmen ebenso wie für die Gesamt-
        
        
          wirtschaft ist offenkundig. Manche, wie Behrin-
        
        
          ger, bezeichnen deswegen M&A als die Königs-
        
        
          disziplin der BWL. Dies ist gut nachvollziehbar,
        
        
          wenn man die enorme Vielfalt der strategi-
        
        
          schen, rechtlichen, methodischen und psycho-
        
        
          logischen Elemente betrachtet, die im Rahmen
        
        
          einer M&A-Transaktion zu berücksichtigen sind.
        
        
          Bisherige Untersuchungen zu den Erfolgsfak-
        
        
          toren für M&A-Transaktionen weisen ein ge-
        
        
          wisses Ungleichgewicht auf: So hat das richti-
        
        
          ge Timing mit seinen Implikationen für die zu
        
        
          zahlenden Multiples eine hohe Bedeutung.
        
        
          Gleiches gilt für bestimmte Dealstrukturen.
        
        
          Hohe Wichtigkeit hat selbstverständlich auch
        
        
          eine professionelle Durchführung des Deals.
        
        
          Betrachtet man die jeweiligen Gestaltungs-
        
        
          empfehlungen, so fällt auf, dass die harten
        
        
          Faktoren deutlich stärker betont werden. Für
        
        
          die Präsenz in den Köpfen der mit M&A be-
        
        
          schäftigen Manager gilt Vergleichbares.
        
        
          Gleichzeitig zeigen eine Reihe von Unter-
        
        
          suchungen, dass weiche Faktoren, wie z. B.
        
        
          die Unternehmenskultur und die Einbezie-
        
        
          hung betroffener Mitarbeiter, ein wichtiger
        
        
          Grund für Erfolg bzw. Scheitern von M&A
        
        
          Transaktionen sind.
        
        
          Dieses Wissen ist jedoch
        
        
          noch nicht in der Praxis angekommen, bzw.
        
        
          wird selten gelebt. Es stellt sich also die Frage,
        
        
          was genau Erfolgsfaktoren bezüglich der Un-
        
        
          ternehmenskultur und der Einbeziehung be-
        
        
          troffener Mitarbeiter bei M&A Transaktionen
        
        
          sind, und wie diese Erfolgsfaktoren konkret ge-
        
        
          plant und umgesetzt werden können.
        
        
          
            Kultur als schwer zu fassender
          
        
        
          
            Einflussfaktor
          
        
        
          Kultur ist ein schwer zu fassender Begriff. Fast
        
        
          jeder hat eine Vorstellung davon, was Kultur be-
        
        
          deutet, jedoch ist die Praxis von einem gemein-
        
        
          samen Verständnis weit entfernt. Aus akademi-
        
        
          scher Perspektive kann man unter Kultur ein
        
        
          System kollektiver Werte und Normen verste-
        
        
          hen, welches von den Mitgliedern einer sozialen
        
        
          Gruppe im Rahmen verschiedener Prozesse,
        
        
          bewusst oder unbewusst, erlernt, verinnerlicht
        
        
          und gelebt wird. Kultur gibt Gruppen von Men-
        
        
          schen Sinn, ist eine wichtige Orientierungshilfe
        
        
          in sozialen Interaktionen, unterstützt bei der
        
        
          persönlichen Identitätsfindung und hilft, sich
        
        
          von anderen Gruppen abzugrenzen.
        
        
          Diesem Verständnis zufolge ist Kultur nicht mit
        
        
          Landeskultur gleichzusetzen. Jede Gruppe von
        
        
          Menschen, die miteinander interagieren, bildet
        
        
          eine gemeinsame Gruppenkultur heraus. Sol-
        
        
          che Gruppen sind zum Beispiel Familien,
        
        
          Freundeskreise, Mitglieder eines Vereins, An-
        
        
          gestellte in einer Filiale oder Firma sowie Be-
        
        
          wohner eines Bundeslandes oder National-
        
        
          
            Abb. 2: Cultural-SWOT (Quelle: Akkay, Unternehmenskultur 2016)
          
        
        
          
            CM Januar / Februar 2018