Controller Magazin 6/2018 - page 25

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Aufgaben des Controllers als Gewinnkümmerer
im Unternehmen. Diese Bezeichnung kenn-
zeichnet die Rolle eines gestaltenden Control-
lers, fort von der eher passiven Mentalität des
Buchhalters, der einmal im Jahr Bilanz zieht –
heute monatlich – und dann einen Gewinn aus-
weist (oder auch nicht), hin zu der aktiven Trei-
berfunktion, bei der Gewinne Ziel sind, geplant,
regelmäßig berichtet, und Maßnahmen bei Ab-
weichungen zur Zielerreichung eingeleitet wer-
den. Controlling ist heute ein unverzichtbares
Führungsunterstützungssystem, welches der
Geschäftsführung eine Lotsen- und Sparrings-
partnerfunktion anbietet. Weber und Schäffer
machen in der einschlägigen Controllinglitera-
tur vier Konzeptionen aus, die die wesentlichen
Aufgabenfelder des Controllings in der Praxis
beschreiben (vgl. Abbildung 1).
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Die Informationsversorgung hat die Aufgabe,
die Führung durch ein bedarfsgerechtes, zeit-
nahes und interpretatives Berichtswesen zu un-
terstützen. Manager sind auf Zahleninformatio-
nen angewiesen, um ein Unternehmen steuern
zu können. Es gilt das angelsächsische Ma-
nagementcredo: „You can
t manage what you
don
t measure.“ Die erfolgszielbezogene Steue-
rung ist, wie bereits erwähnt, ein Kerngedanke
des Controllings. Hier geht es um die konse-
quente Zielplanung und -erreichung mit der
Konzentration auf den Gewinn. Der Controller
unterstützt die Unternehmensführung bei der
unbedingten Realisierung des Gewinnziels. Bei
der Koordinationsfunktion gilt es, organisatori-
sche und prozessuale Aufgaben beim Managen
der Planungs-, Kontroll- und Reportingsysteme
einer Unternehmung zu bewältigen. Die letzte
Konzeption Sicherung der Rationalität der Füh-
rung ist zugleich die jüngste. Der Anspruch des
Behavioral Controllings ist es, Fehlentscheidun-
gen der Geschäftsführung aufgrund kognitiver
Defizite („Denkfehler“) zu reduzieren. Das mag
befremdlich klingen, ist aber zutiefst in der
menschlichen Natur verankert, wie diverse Ver-
fasser (s. z. B. Kahnemann, Tversky, Shiller,
Thaler)
3
gezeigt haben. Jeder Mensch unter-
liegt „Denkverzerrungen“ (Biases), aber idea-
lerweise weiß das Controlling um die typischen
Denkfehler und fungiert als Korrektiv, um Fehl-
urteile im Management zu vermeiden oder zu-
mindest abzuschwächen. Alle Konzeptionen
haben die Aufgabe, die Unternehmensführung
zu unterstützen und zur (Erfolgs-) Steuerung
des Unternehmens einen wesentlichen Beitrag
zu leisten. Ein gut etabliertes Controlling kann
die Entscheidungsqualität eines Unterneh-
mens signifikant verbessern und damit auch
die Unternehmensergebnisse.
Harmonisierungsbestrebungen
zwischen externem und internem
Rechnungswesen
Controlling und das externe Rechnungswesen
waren bis vor einigen Jahren in nahezu allen
Unternehmen zwei separate „Welten“, die ko-
existierten und zusammenarbeiteten, aber un-
terschiedliche Aufgaben hatten. Auf der einen
Seite das externe Rechnungswesen, welches in
der Welt von Buchführung, Jahresabschlüssen,
HGB und Steuerrecht zu Hause ist, auf der an-
deren Seite das Controlling, welches im Rah-
men seiner Aufgaben unter anderem auf die
Werkzeuge des internen Rechnungswesens zu-
rückgreift, wie sie die Kosten- und Leistungs-
rechnung entwickelt hat. Das externe Rech-
nungswesen ist traditionell vergangenheits-
orientiert, während das Controlling im Rahmen
seiner Führungsunterstützung immer voraus-
schauen muss.
Ruhnke und Simons konstatieren eine langjäh-
rige „Loslösung“ des externen vom internen
Rechnungswesen, die sich bis auf Eugen
Schmalenbach zurückführen lässt, der zu Be-
ginn des 20. Jahrhunderts maßgebliche Pio-
nierarbeit bei der Entwicklung der Kostenrech-
nung geleistet hat. Sie schreiben: „Als Grund
für das Auseinanderfallen von internen und ex-
ternen Unternehmensrechnungen ist vor allem
die mangelnde Eignung der (gesetzlich) gefor-
derten Unternehmensrechnungen für interne
Rechnungszwecke anzuführen.“
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Als Gründe
führen sie „mangelnde Eignung einer externen
Rechnungslegung, die sich stark am Vor-
sichtsprinzip orientiert“, Verzerrungen der ex-
ternen Rechnungslegung durch abschlusspoli-
tische Überlegungen, sachliche Abgrenzungen
wie neutrale und betriebliche Abgrenzungen
und unterschiedliche Begrifflichkeiten (z. B. das
Konzept der kalkulatorischen Kosten) an. Die
Notwendigkeit der jahrzehntelangen Trennung
zwischen diesen Unternehmensrechnungen
wurde durch die IFRS-Rechnungslegung in Fra-
ge gestellt, zumindest für kapitalmarktorien-
tierte Unternehmen, die IFRS anwenden müs-
sen. Diese Denkweise, die zu einer Konvergenz
beider Unternehmensrechnungen führt, ähnelt
dem amerikanischen Controllingansatz, der
traditionell eher kurzfristig an der Quartalsbe-
richterstattung der Kapitalmärkte orientiert ist
und bei dem das Accounting sowohl externe
und interne Rechnungslegung in einem Ein-
kreissystem häufig in Funktionsunion betreibt.
5
Siefke analysiert in seiner Dissertation, inwie-
weit externe Rechnungslegung, Kostenrech-
nung und Unternehmenswertrechnung den An-
forderungen an interne Steuerungsrechnungen
entsprechen.
6
Sein Fazit ist eindeutig: Die ex-
terne Rechnungslegung nach IAS eignet sich
aus theoretischer Hinsicht gut für Zwecke der
Unternehmenssteuerung. Diese Sichtweise
wird geteilt sowohl in Werken zur externen
Rechnungslegung (s. z. B. Ruhnke
4
) als auch
der Kostenrechnung (s. z. B. Coenenberg et
al.
5
). Allerdings sehen diese Autoren, dass die
Konvergenz von externem und internem Rech-
nungswesen trotz großer Schnittmenge Gren-
zen hat. Coenenberg et al. konstatieren einen
Harmonisierungsbereich, wenn es um die Infor-
mations-, Dokumentations- und Kontrollfunk-
tion des Rechnungswesens geht.
5
In der unternehmerischen Praxis wird die An-
näherung von immer mehr Unternehmen for-
ciert, die ihre interne Unternehmenssteuerung
mit der externen Rechnungslegung zu harmo-
nisieren versuchen. In einer Studie des Insti-
tuts der Wirtschaftsprüfer aus England und
Wales für die Europäische Kommission sind
2007 europaweit 162 kapitalmarktorientierte
Abb. 1: Controlling-Konzeptionen
CM November / Dezember 2018
1...,15,16,17,18,19,20,21,22,23,24 26,27,28,29,30,31,32,33,34,35,...116
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