CONTROLLER Magazin 5/2017 - page 75

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grad) bzw. zu wenig ambitioniert (zu geringer
Anspannungsgrad) erweisen. Unternehmen
müssen also Wege finden, die zunehmende Dy-
namik und die entsprechenden Risiken bei der
Vorgabe und Bewertung von Budget-Zielen ad-
äquat zu berücksichtigen.
Eine Möglichkeit besteht darin,
bei veränder-
ten Budget-Annahmen die Budget-Ziele
unterjährig oder am Ende des Geschäfts-
jahres anzupassen.
Diesen Weg wählt ein
Drittel der Umfrageteilnehmenden. Zwei Drittel
nehmen keine Änderungen an den ursprüngli-
chen Budget-Zielen vor.
Stattdessen werden
unterjährige Veränderungen der Budget-
Annahmen im Forecast reflektiert und in
der Budget-IST-Abweichungsanalyse kom-
mentiert.
Dabei ist die Aussagekraft einer sol-
chen Budget-IST-Abweichungsanalyse nur ein-
geschränkt hilfreich. Entwickeln sich bspw. die
Rohstoffpreise bereits früh im Geschäftsjahr
anders als im Budget angenommen, führt dies
zu einer Budget-IST-Abweichung, die jeden
Monat aufs Neue zu kommentieren ist.
Sind die Budget-Ziele und das variable Vergü-
tungssystem miteinander gekoppelt, was bei
gut zwei Dritteln der Unternehmen der Fall ist,
dann
kann auch durch Anpassung des Ver-
gütungssystems der Anspannungsgrad
nachträglich justiert werden.
Dieses Vorge-
hen ist üblicher als die Anpassung der Budget-
Ziele. 40 Prozent geben an, Änderungen am
variablen Vergütungssystem im Ausnahmefall
zuzulassen; bei 20 Prozent werden solche Än-
derungen sogar grundsätzlich vorgenommen.
Die Ergebnisse zeigen, dass bereits heute viele
Unternehmen
durch unterjährige bzw. nach-
trägliche Anpassung(en) des variablen Ver-
gütungssystems oder der Budget-Ziele ver-
suchen, eine möglichst faire Leistungsbe-
wertung zu gewährleisten.
Dies kann auch
als eine stärkere Orientierung an externen In-
formationen interpretiert werden, da diese An-
passungen durch Veränderungen des Unter-
nehmensumfelds ausgelöst werden. Die direkte
Koppelung von Budget-Zielen an externe Infor-
mationen (z. B. in Form von relativen Zielen)
stellt eine weitere mögliche Option hin zu einem
flexibleren Umgang mit Budget-Zielen dar. In
diesem Fall lösen Änderungen externer Para-
meter automatisch Anpassungen der Budget-
Ziele aus. Sind die Spielregeln für einen solchen
automatischen Anpassungsmechanismus klar
definiert, kann dies den Aufwand für unterjähri-
ge Adjustierungen von Budget-Zielen deutlich
reduzieren.
Budget-Steuerung im
dynamischen Umfeld
Zunehmende Volatilität führt dazu, dass Res-
sourcen unterjährig häufiger neu verteilt wer-
den müssen. Rund ein Drittel der Umfrageteil-
nehmenden gibt an, dass sich in den vergange-
nen drei Jahren der Umfang an unterjährig neu
verteilten Ressourcen – in Form von
Verschie-
bung von Budgets zwischen Organisations-
einheiten oder neuen Projekten
– erhöht
hat. Dagegen konstatieren nur fünf Prozent
weniger diesbezügliche Veränderungen. Dies
erscheint plausibel, wenn, wie oben erwähnt,
bei der Hälfte der Unternehmen der Umfang an
korrektiven Maßnahmen in den letzten drei
Jahren zugenommen hat.
Für den Umgang mit unterjährigen Änderun-
gen in der Ressourcenallokation ist im Bud-
getsystem gemäß Horváth, Gleich & Seiter
(2015) ein klarer Prozess vorgesehen (S. 121-
128):
Das Budget wird in der Regel unter-
jährig nicht angepasst, aber die Änderun-
gen werden im Budget-IST-Vergleich ana-
lysiert und kommentiert.
Die Mehrheit der
Teilnehmenden (75%) folgt diesem Vorgehen.
Eine unterjährige Anpassung des Budgets
stellt in diesem Fall die Ausnahme dar (10%).
Darüber hinaus zeigen die Kommentare der
Teilnehmenden, dass eine Vielzahl weiterer
Methoden zum Einsatz kommt. Es wird
mit
Budget und Forecast parallel gesteuert
oder es werden fortlaufende Budgetversionen
erstellt, Nachtragskredite gewährt, Reserven
im Budget eingebaut etc.
Hat zunehmende Volatilität einen Einfluss auf
den Detailgrad des Budgets?
Der Detailgrad
hat sich eher erhöht (25%) als reduziert
(15%). Dieses Resultat überrascht auf den
ersten Blick.
Wenn die Dynamik und die Risi-
ken des Unternehmensumfelds zunehmen,
dann ist der Nutzen zusätzlicher Details kri-
tisch zu betrachten. Werden bspw. detaillierte
Absatzmengen pro Kunde und Produkt im
Budget abgebildet, so führt ein unerwartetes
Ereignis wie z. B. der Verlust eines Kunden
dazu, dass der Aufwand für die Erarbeitung
dieser Details sich rückblickend als nutzlos
erweist. Da bei zunehmender Volatilität ver-
mehrt mit unerwarteten Ereignissen zu rech-
nen ist, hätte in der gleichen Zeit z. B. eine
Risikoanalyse des Kundenportfolios durch-
geführt werden können.
Die häufigere unterjährige Neuverteilung von
Ressourcen stellt eine Herausforderung für die
Steuerung mit Jahresbudgets dar. Wird wie bei
drei Vierteln der Teilnehmenden das ursprüngli-
che Budget unterjährig nicht angepasst, dann
wächst zwangsläufig der Umfang an Budget-
IST-Analysen und Kommentierungen.
In
Ver-
bindung mit dem tendenziell gestiegenen
Detailgrad des Budgets wird dadurch der
Aufwand in der Abweichungsanalyse er-
höht
(wie später noch gezeigt wird). Hier ste-
hen Unternehmen vor der Herausforderung, Lö-
sungen zu finden, damit die zunehmende Dyna-
mik und die damit verbundenen Risiken nicht
automatisch zu mehr Aufwand im Controlling
führen. Für Investitionen kann bspw. mit Rah-
menbudgets gearbeitet werden, deren Ausge-
staltung zwar geplant, aber zum Zeitpunkt der
Budgeterstellung nicht bereits fixiert wird. Un-
terjährige Änderungen führen in der Folge zu
einer Neuplanung, erfordern aber – solange
das Rahmenbudget nicht überschritten wird –
keine finanzielle Abweichungsanalyse.
Abb. 1: Bedeutungszuwachs des Forecastings
CM September / Oktober 2017
1...,65,66,67,68,69,70,71,72,73,74 76,77,78,79,80,81,82,83,84,85,...116
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