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sen
, die auch – aber nicht nur – unsere physi-
schen Produkte beinhalten. Das Anbieten sol-
cher Lösungen führt dann z. B. zur Frage, wie
wir diese in unseren Systemen abbilden und
beispielweise Profitabilitäten messen und beur-
teilen.
Die Herausforderung besteht darin,
dass es durch die Digitalisierung Ge-
schäftsmodelle und -prozesse geben wird,
die wir jetzt noch gar nicht kennen.
Die wir
vielleicht auch heute noch gar nicht im System
abbilden können. Wir müssen uns aber frühzei-
tig damit beschäftigen, um diese handhabbar
zu machen und dadurch letztlich unseren Ge-
schäftserfolg zu unterstützen.
Seufert:
Herzlichen Dank für die Darstellung
Ihres Verständnisses der digitalen Ökonomie.
Die Veränderung von Produkten zu Services auf
der einen Seite und auf der anderen Seite die
Frage, wie kann ich neue Daten / Analytik für
Simulationen oder für Predictive verwenden.
Das stellt natürlich ganz
gewaltige Anforde-
rungen an die Kompetenzen im Controlling.
Wo sehen Sie da die Kernanforderungen?
Was
muss der moderne Controller oder der zu-
künftige Controller aus Ihrer Sicht können?
Schnell:
Ich glaube grundsätzlich, dass
Controller prädestiniert sind, im Rahmen
der Digitalisierung eine führende Rolle
einzunehmen.
Sie verknüpfen bezüglich ihres
Hintergrunds sowohl die analytische Kompe-
tenz wie auch das Geschäftsverständnis. Wir
glauben in der Tat, dass der Controller zwi-
schen Geschäftsfragen und der analytischen
Komponente der Digitalisierung sehr gut über-
setzen und vermitteln kann. Diese führende
Rolle zu übernehmen wird aber nur gelingen,
wenn Controller ausreichende bzw. die richti-
gen Kompetenzen haben.
Aus unserer Sicht
müssen sich Controller nicht zum Data
Scientist entwickeln, sich aber auf Augen-
höhe mit Data Scientists austauschen
können.
Controller müssen sich Metho-
denkompetenz und fachliches Wissen im
Sinne der Digitalisierung aneignen.
Das
versuchen wir derzeit zu ermöglichen, indem
wir erste Trainingsmaßnahmen entwickeln.
Gleichzeitig versuchen wir auch sicherzustel-
len, dass diese Trainingsmaßnahmen tatsäch-
lich von Controllern besucht werden, die einen
konkreten Bedarf und Nutzen haben.
Das
heißt, dass wir vermeiden wollen, flächen-
sprechen kommen. Jetzt haben Sie aber zwei
andere sehr interessante Aspekte im Rahmen
der Digitalisierung angesprochen.
Zum einen
den Umgang mit Informationen, mit Daten
und Analysen und das Methodenwissen
darüber
gemeinsam mit der Community zu
entwickeln und in die Organisation zu tragen.
Auf der anderen Seite aber auch das Ver-
ständnis für die Veränderung des Business
durch die Digitalisierung.
Habe ich Sie da
richtig verstanden, sind das sozusagen die we-
sentlichen Blöcke als Aufgabengebiete und Her-
ausforderungen für das Controlling der Zukunft?
Schnell:
Genau, bei uns im Hause verfolgen
wir zwei Ansätze. Zum einen möchten wir defi-
nieren und angehen, was wir im Controlling
unmittelbar selber umsetzen können, weil die
Fragestellungen in die Kernaufgaben des Con-
trollings fallen. Hier geht es beispielsweise um
Simulationen, die wir
dank Digitalisierung ef-
fizienter und effektiver durchführen kön-
nen;
es geht um Self-Service Reporting-Lö-
sungen, die wir anhand neuer Front-Ends und
vielleicht auch aufgrund neuer Back-Ends auf-
setzen können. Auch kümmen wir uns um Pre-
dictive Analytics, um das Forecasting zu verein-
fachen, ggf. sogar das manuelle Forecasten in
Teilen abzulösen. Zum zweiten möchten wir die
Themen aufgreifen, die eher aus dem „Busi-
ness“ kommen und die Auswirkungen auf das
Controlling haben und wo Controlling mitgestal-
ten kann. Beispielsweise hat die BASF bisher
tendenziell eher physischer Produkte verkauft.
Mit der Digitalisierung kann es sein, dass
wir eher Lösungen verkaufen und verprei-
aber gleichzeitig rapide entwickeln.
Wir ver-
suchen daher, anhand konkreter Aktivitä-
ten und Projekte die Opportunitäten der
Digitalisierung greifbarer zu machen
und
zu verstehen, was kurzfristig realisiert werden
kann und was vielleicht noch nicht geht. Eine
weitere Herausforderung ans Controlling in
diesem Zusammenhang ist natürlich die Ge-
schäftsentwicklung. Hier sehen wir ein immer
intensiveres Wettbewerbsumfeld mit insbe-
sondere immer neuen und sehr agilen Wett-
bewerbern aus Emerging Markets. Um sich
von diesen Wettbewerbern weiterhin zu diffe-
renzieren, spielt auch die Digitalisierung eine
zentrale Rolle, um innovativer und schneller zu
sein als der Wettbewerb. Hier muss auch das
Controlling seinen Beitrag leisten.
Letztlich ist eine wesentliche Herausforde-
rung für das Controlling die Personalent-
wicklung.
Weil wir durch Themen wie Shared
Services – aber auch Digitalisierung und Auto-
matisierung – realisieren, dass insbesondere
Einstiegspositionen in das Controlling an den
üblichen Standorten rarer werden. Wir müssen
neu definieren, wie wir Nachwuchs rekrutieren
und entwickeln, der nicht mehr in der Anzahl an
den klassischen größeren Standorten der BASF
existiert, wie das früher der Fall war. Ebenfalls
ändern sich durch die Digitalisierung die Anfor-
derungsprofile an Controller, was wir sowohl in
der Rekrutierung als auch in der Weiterent-
wicklung bestehender Controller berücksichti-
gen und angehen müssen.
Seufert:
Auf das Thema
Kompetenzentwick-
lun
g würde ich gerne später noch einmal zu
Autoren
Stefan Schnell
leitet seit August 2015 das Corporate Controlling der BASF.
Vorher war er in unterschiedlichen Positionen in Corporate
Audit, in Finance und im Controlling tätig, und dies in Deutsch-
land, den USA und in Hong Kong.
E-Mail:
Prof. Dr. Andreas Seufert
lehrt Betriebswirtschaftslehre und Informationsmanagement an der
HS Ludwigshafen. Er ist Direktor des Instituts für Business Intelligence
an der Steinbeis Hochschule Berlin, Direktor des Business Innovation
Labs der HS Ludwigshafen und Leiter des Fachkreises „BI/BigData-
Controlling“ im Internationalen Controller Verein (ICV).
E-Mail:
CM September / Oktober 2017