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thoden und Instrumente. Zusätzlich zu den ko-
gnitiven Beschränkungen der Person bestehen
für die
Umweltanalyse
in der Regel Informati-
onsdefizite. Für die Chancen- und Risikoanaly-
se ist empirisch belegt, dass die Bewertung von
Faktoren des Umfeldes kognitiven Wahrneh-
mungsverzerrungen durch Kontrollillusion, Dis-
counting the future und Bestätigungsverzerrun-
gen unterliegt (vgl. Bausch, 2006, S. 212). An-
genommen wird etwa, dass beispielsweise in
positiver Stimmung zu optimistische Werte ge-
schätzt werden und daher Chancen überbe-
wertet und Risiken unterschätzt werden. Eine
Person in der Rolle eines ‚Advocatus Diaboli‘
kann durch bewusst pessimistische Argumente
solchen Überschätzungen und dem Optimis-
mus selbst gegensteuern. Diese Position
nimmt idealerweise ein Controller ein
, der
im Sinne des Vier-Augen-Prinzips die Rationa-
lität sicherstellt, indem er Ideen auf den Prüf-
stand stellt (vgl. Mahlendorf, 2009, S. 41).
Im Rahmen der
Unternehmensanalyse
sind
nicht alle Aspekte des Unternehmens für die je-
weilige Strategieformulierung von Bedeutung,
sodass sich auch hier die Gefahr fehlleitender
Annahmen durch eine selektive Wahrnehmung
ergibt (vgl. Steinmann et al., 2013, S. 193). Ins-
besondere für die Abschätzung möglicher Po-
tenziale wird angenommen, dass subjektive In-
terpretationen, beeinflusst durch persönliche
Erfahrungen, unterschiedliche Ergebnisse und
damit Verzerrungen hervorrufen können. Wei-
terhin können asynchrone Informationen
inter-
ne Interessenskonflikte
katalysieren, so dass
etwa zwischen verschiedenen Hierarchiestufen
des Managements bewusst unvollständige In-
formationen weitergegeben werden und die
strategische Planung folglich auf unvollständi-
gen oder verzerrten Daten basiert. Ein solches
opportunistisches Verhalten kann nur sehr be-
grenzt, etwa durch eine Betonung der Bedeu-
tung der Strategie für das Unternehmen und
eine ausreichende und transparent dokumen-
tierte Kommunikation gemindert werden.
Strategieentwicklung
Im Rahmen der Strategieentwicklung werden
zunächst
Alternativen
entwickelt. Positive
Emotionen begünstigen eine größere Unvorein-
genommenheit in der Entscheidungsfindung,
sodass neue strategische Möglichkeiten
schneller erkannt werden. Auf der anderen
Seite jedoch fördert eine positive Stimmung
Ablenkungen, wodurch der Entscheidungspro-
zess dementsprechend länger dauert (vgl.
Michl et al., 2010, S. 90). Ein entsprechendes
Arbeitsumfeld kann den Gemütszustand sinn-
voll beeinflussen und kreative Strategien er-
möglichen.
Strategische Entscheidungen werden oft in
Teams getroffen, welche aus Personen unter-
schiedlicher Abteilungen und Hierarchien be-
stehen. Dadurch ergibt sich der Vorteil, dass
durch einen größeren Erfahrungs- und Wis-
sensschatz der Gruppe das Finden innovativer
und vielseitiger Lösungen gefördert wird (vgl.
Staehle, 1999, S. 28). Die Entscheidungsfin-
dung dauert in Gruppen jedoch länger als bei
Einzelentscheidungen. Da die Strategieent-
wicklung neuartige Strukturen und Themen be-
handelt, führen homogene Gruppen zu gering-
wertigeren Entscheidungen im Vergleich zu he-
terogenen Gruppen, welche bei der Entwick-
lung von Alternativen eine größere und
vielseitigere Wissensbasis bieten. Als eine wei-
tere wirksame Maßnahme kann daher
die Ent-
wicklung von Strategien in heterogenen,
interdisziplinären Teams
abgeleitet werden.
Kulturell gemischte Gruppen arbeiten dabei
aufgrund unterschiedlicher Hintergründe ten-
denziell effektiver.
An die Entwicklung der Alternativen schließt
sich deren
Bewertung
an. Ob eine bestimmte
Emotion die Bewertung oder Entscheidung un-
terstützt oder behindert, hängt oft von der Zu-
sammenwirkung kognitiver und motivationaler
Aspekte ab (vgl. Lerner et al., 2015, S. 816).
Hier sei beispielhaft angeführt, dass bei der
Einschätzung von Risiken negative Emotionen
und Angst zu einer Überschätzung und positive
Emotionen zu einer Unterschätzung der Risiken
führen (vgl. Beck, 2014, S. 296). Beide Formen
sind für die strategische Analyse nicht zielfüh-
rend, da die Angst ein Risiko einzugehen strate-
gische Erfolge verhindern und die Überschät-
zung von Risiken zu Verlusten führen kann. In
einer Entscheidungssituation zu einer Unter-
nehmensübernahme beispielsweise erinnert
sich ein Topmanager in einer schlechten Stim-
mung eher an in der Vergangenheit gescheiter-
te Übernahmen als an erfolgreiche (vgl. Michl et
al., 2010, S. 88). Wichtige strategische Bewer-
tungen sollten deshalb in einem möglichst neu-
tralen Arbeitsklima angestellt werden, das es
führungsseitig herzustellen gilt.
Als abschließender Schritt steht die
Wahl
ei-
ner der alternativen Strategien an. Da die Ent-
scheidungsträger in Form des Topmanage-
ments in der Regel mit hohem Zeitdruck und
Stress umgehen müssen, können sich psy-
chologische Faktoren auch hier auf die Ent-
scheidungswahl auswirken (vgl. Michl et al.,
2010, S. 90). Rivalitäten im Management kön-
nen bspw. zu Druck und somit zu begrenzter
Wahrnehmung führen, welche eine bedachte
sorgfältige Strategiewahl verhindert. Analog
zur Analysetätigkeit kommt eine positive At-
mosphäre einer effizienten Strategieentwick-
lung zu Gute, da positive Emotionen bei der
Stressbewältigung unterstützen.
Bei der Entscheidung für eine Strategie geht
es oft auch darum, die vertretenen Interessen
durchzusetzen und Machtverhältnisse zu de-
monstrieren (vgl. Steinmann et al., 2013,
S. 242). Auch zwischen Topmanagement und
mittlerem Management kann es dabei zu Mei-
nungsverschiedenheiten kommen. Eine mög-
liche Gegenmaßnahme ist eine frühzeitige
Einbindung des mittleren Managements in
den Prozess, um so gemeinsame Ziele zu
schaffen.
Eine Risikoverzerrung durch Emotionen kann
beispielsweise durch eine ergänzende Anwen-
dung der Szenario-Analyse abgemildert wer-
den, da durch das bewusste Erstellen optimis-
tischer und pessimistischer Szenarien fehler-
hafte Einschätzungen transparent und be-
merkt werden. Sie birgt jedoch durch das
Erfassen potenziell falscher Einflussfaktoren
das Risiko, wesentliche Effekte zu übersehen,
da wenige Vorgaben gemacht werden, sodass
auch hier die individuelle Bewertung Einfluss
auf die Prognosen nimmt (vgl. Kreikebaum et
al., 2011, S. 248, S. 253 und S. 256).
Strategieimplementierung
Auf die Entwicklung folgt die
Implementie-
rung
der Strategie. Ungenaue Strategieformu-
lierungen führen zu einem überhöhten Interpre-
Behavioral Strategic Planning