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          (Shared) Service Organisationen werden oft
        
        
          aus reiner Kostensicht betrachtet und bewer-
        
        
          tet. Das zeigt sich insbesondere dann sehr
        
        
          deutlich, wenn einem Service Center jedes
        
        
          Jahr ein pauschales Kostensenkungsziel vor-
        
        
          gegeben wird – zum Beispiel x % zum Vorjahr.
        
        
          Auch wenn eine (Shared) Service Organisation
        
        
          in der Regel einen Kostensenkungsauftrag
        
        
          hat, ist dieser Ansatz einfach zu kurz gesprun-
        
        
          gen, da er keinen Bezug zu der sich durchaus
        
        
          ändernden Leistungserbringung (Service-Um-
        
        
          fang, -Volumen oder -SLAs) herstellt. Wenn
        
        
          zum Beispiel die Mitarbeiterzahlen oder Auf-
        
        
          tragsvolumen auf der Kundenseite steigen, be-
        
        
          deutet das in der Regel auch mehr Aufwand in
        
        
          den (Shared) Service Organisationen – zum
        
        
          Beispiel für die Mitarbeiterbetreuung im HR-
        
        
          Bereich oder Rechnungslegungs-/-prüfungs-
        
        
          aufwände im Finanzbereich. Diese zusätzli-
        
        
          chen Kosten sind durch die Nachfrage gesteu-
        
        
          ert und haben nichts mit der Performance auf
        
        
          der Service-Seite zu tun.
        
        
          Wenn Kosten ef-
        
        
          fektiv und nachhaltig optimiert werden
        
        
          sollen, muss bei der Nachfrage auf
        
        
          Kun-
        
        
          denseite angesetzt werden. Hierfür reicht
        
        
          es aber nicht, die Kosten alleine zu be-
        
        
          trachten.
        
        
          Vielmehr müssen diese dem Nut-
        
        
          zen, das heißt den daraus resultierenden Ser-
        
        
          vice-Leistungen, gegenüberstellt werden.
        
        
          Denn ein Unternehmen würde ja nicht auf zu-
        
        
          sätzliche Aufträge verzichten, um damit den
        
        
          Aufwand in der (Shared) Service Organisation
        
        
          zu senken.
        
        
          Erst wenn es gelingt, Nutzen und Kosten ge-
        
        
          meinsam zu betrachten, schafft eine (Shared)
        
        
          Service Organisation den Weg aus der Kosten-
        
        
          falle, in der sie sich selbst überlassen wird,
        
        
          Kosten zu reduzieren, wo doch der Kostentrei-
        
        
          ber in der Verantwortung des Kunden liegt (sie-
        
        
          he Abbildung 1).
        
        
          
            Der Weg aus der Kostenfalle
          
        
        
          Ansatzpunkt 1:
        
        
          Die Definition eines Service-Katalogs
        
        
          als ersten Schritt aus der Kostenfalle
        
        
          Wie eingangs erwähnt, muss es ein Kernziel für
        
        
          eine (Shared) Service Organisation sein, sich
        
        
          aus der reinen Kostenbetrachtung herauszu-
        
        
          manövrieren. Dafür ist es entscheidend, dass
        
        
          die Kundenseite den Wert der Service-Organi-
        
        
          sation im Sinn von Services begreift, um die
        
        
          Kosten in Form eines leistungsorientieren Per-
        
        
          formance Managements in Perspektive zu set-
        
        
          zen. Diese Überzeugung stellt daher auch das
        
        
          Herzstück unseres 360° Management Frame-
        
        
          works dar, da sie die Weichen für ein erfolgrei-
        
        
          ches Service Management stellt.
        
        
          Betrachten wir ein Beispiel aus dem alltäglichen
        
        
          Leben. Stellen Sie sich vor, sie wären beim Au-
        
        
          tohändler, um sich einen neuen Wagen auszu-
        
        
          suchen. Auf Basis Ihrer Ansprüche und Ihres
        
        
          Nutzungsprofils wird es Ihnen sicherlich leicht
        
        
          fallen, sich zwischen Limousine oder Kombi,
        
        
          Business-Paket und/oder sportliche Fahreigen-
        
        
          schaften sowie Premiummarke oder Preis-
        
        
          Leistungssieger zu entscheiden. Jetzt lösen Sie
        
        
          sich aber einmal davon, dass Ihnen die bekann-
        
        
          ten Produktkataloge und Konfiguratoren zur
        
        
          Verfügung stehen und versetzen sich in die Si-
        
        
          tuation, in der man sie mit in die Fabrik nimmt,
        
        
          um jedes Bauteil einzeln durchzugehen. Da
        
        
          wird es Ihnen sicherlich nicht mehr so leicht fal-
        
        
          len, sich zu entscheiden, was sie hiervon nun
        
        
          wirklich brauchen oder nicht. Das Bauteil könn-
        
        
          te ja das lebensnotwendige Bremssystem regu-
        
        
          lieren oder einfach nur die Handy-Vorbereitung
        
        
          sein, die Ihnen nicht so wichtig ist. Als Ent-
        
        
          scheidungshilfe würden Sie sich vielleicht auf
        
        
          Ihre Erfahrung stützen, ob sie dieses Bauteil
        
        
          beim letzten Mal genommen haben. Wenn ja,
        
        
          wären Sie auf der sicheren Seite, dies auch bei
        
        
          dieser Gelegenheit zu tun. Aufgrund dieser Un-
        
        
          sicherheit hätte man Sie als Kunden aber nun
        
        
          einer wichtigen Entscheidungsmöglichkeit, wel-
        
        
          che die Kosten stark beeinflusst, beraubt. Ihnen
        
        
          bleibt jetzt nur noch die Möglichkeit, über die
        
        
          einzelnen Kosten zu verhandeln, um durch ein
        
        
          paar Prozentpunkte Nachlässe wenigstens ein
        
        
          bisschen Wert zu generieren.
        
        
          So verhält es sich nun eben auch im Kontext ei-
        
        
          ner (Shared) Service Organisation.
        
        
          Wenn die
        
        
          Kundenseite nicht versteht, welche Leis-
        
        
          tungen den Kosten gegenüberstehen, wer-
        
        
          den sie sich darauf fokussieren, die Kosten
        
        
          auf ihrer Seite durch den Preis zu senken.
        
        
          Andernfalls hätte man sich auf Maßnahmen ei-
        
        
          nigen können, die die Kosten aufgrund der
        
        
          Nachfrage optimiert hätten. Wir schreiben hier
        
        
          bewusst optimiert und nicht gesenkt, da ein
        
        
          
            (Shared) Service Center
          
        
        
          
            Der Weg aus der Kostenfalle
          
        
        
          von Daniel Stock und Florian Meister
        
        
          
            Abb. 1: Übersicht 360° Service Management Framework mit Ansatzpunkten für erfolgreiche (Shared)
          
        
        
          
            Service Organisationen
          
        
        
          
            CM November / Dezember 2016