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          ran. Die älteste Form, das Problem zu lösen,
        
        
          war der Raub. Märkte entstanden als eine
        
        
          Alternative zum Raub: als Lösung des Güter-
        
        
          Problems durch Tausch zu rechtlich abgesi-
        
        
          cherten Konditionen – wer immer auch das
        
        
          Recht gesetzt und ihm Geltung verschafft
        
        
          hat. Deshalb gibt es keine Märkte ohne Re-
        
        
          geln. Bei völliger Deregulierung degenerieren
        
        
          Märkte zum Raub.
        
        
          Allerdings sind die Regeln nicht auf allen Märk-
        
        
          ten gleich. Und neben expliziten Regeln gibt es
        
        
          auch „ungeschriebene Gesetze“. Gleich aber
        
        
          bleibt, dass die Regeln kennen muss, wer Ge-
        
        
          schäfte verstehen und beeinflussen will. Es ge-
        
        
          hört zum „Umgehen“ mit Geld und Preis dazu.
        
        
          Wie destruktiv Nachlässigkeiten in dieser Ebe-
        
        
          ne sein können, zeigen die aktuellen Probleme
        
        
          der Deutschen Bank oder von VW. Zwei Prob-
        
        
          lemkreise möchte ich herausgreifen.
        
        
          ·
        
        
          Das Glaubwürdigkeits-Problem:
        
        
          Unlaute-
        
        
          res Verhalten vernichtet nicht nur Reputation,
        
        
          sondern indirekt (Kundenströme, Lieferan-
        
        
          ten, TOP-Mitarbeiter) und direkt (Strafzah-
        
        
          lungen) investiertes Geld. Das darf dem Con-
        
        
          trolling nicht „egal“ sein. Die ökonomische
        
        
          Verantwortung als Co-Pilot und Partner führt
        
        
          zu einem unbedingten Transparenzgebot – in
        
        
          jedem Falle intern und bei kriminellen Ansät-
        
        
          zen auch extern.
        
        
          Compliance setzt Regeln.
        
        
          Controlling sorgt für Frühindikatoren und
        
        
          Konsequenz.
        
        
          ·
        
        
          Das Motivations-Problem:
        
        
          Sich selber als
        
        
          wertvoll erkennen und andere als wertvoll
        
        
          anerkennen ist die Basis jedes erfolgreichen
        
        
          Geschäfts. Da Werte nur über Verhalten
        
        
          sichtbar werden, brauchen wir Verhaltensre-
        
        
          geln – als Maßstäbe wertvollen ökonomi-
        
        
          schen Handelns. Beginnend bei den Control-
        
        
          lern und in der Folge für alle relevanten Sta-
        
        
          keholder und Unternehmensbereiche.
        
        
          Beispiel: Vor einigen Jahren hat mich ein Unter-
        
        
          nehmer gefragt, woran ich bemerken würde, ob
        
        
          die von ihm bezahlte Arbeitszeit wertvoll ist für
        
        
          sein Unternehmen. Ich musste zunächst pas-
        
        
          sen. Der damalige Leiter des Fachkreises Cont-
        
        
          rolling & Qualität, Rainer Vieregge, hat mir aus
        
        
          der Patsche geholfen. Qualitätsmanager unter-
        
        
          scheiden für diesen Zweck verschiedene Leis-
        
        
          tungsarten – Nutzleistungen, Stützleistungen,
        
        
          Blindleistungen und Fehlleistungen
        
        
          7
        
        
          (siehe Ab-
        
        
          bildung 3).
        
        
          Die Relation der Leistungsarten ist ein Maß für
        
        
          die wirtschaftlich relevante Qualität der vom
        
        
          Unternehmen eingekauften Arbeitszeit.
        
        
          Je un-
        
        
          günstiger diese Relation ausfällt, umso
        
        
          mehr Geld muss ein Unternehmen ausge-
        
        
          ben für die gleiche Nutzleistung.
        
        
          Die Her-
        
        
          ausforderung im Controlling besteht deshalb
        
        
          darin, die Interessen der Kunden und aller übri-
        
        
          gen beteiligten Stakeholder so aufeinander ab-
        
        
          zustimmen, dass ein hoher Anteil an Nutzleis-
        
        
          tungen erzielt werden kann. Die Berechnung
        
        
          der „begleitenden Geldströme“ wird erst in dem
        
        
          Maße sinnvoll, wie sie die Lösung dieser Aufga-
        
        
          be unterstützt.
        
        
          2)
        
        
          Wer auf Märkten agiert, muss deren je-
        
        
          weilige „Regeln“ beachten.
        
        
          Manche Un-
        
        
          ternehmen versuchen auch, im Rahmen der
        
        
          ihnen gegebenen Möglichkeiten diese Re-
        
        
          geln zu beeinflussen
        
        
          8
        
        
          . Es gibt keine Märkte
        
        
          ohne Regeln. Seit Menschen begannen,
        
        
          nicht nur ihre Arbeit zu spezialisieren, son-
        
        
          dern die Produkte und Leistungen ihrer
        
        
          Arbeit in „Mein“ und „Dein“ abzugrenzen,
        
        
          entstand das sogenannte „Güter-Problem“:
        
        
          Nicht jeder erzeugt mehr all jene Dinge, die
        
        
          er für sein Leben braucht oder gerne hätte.
        
        
          Und durch die Eigentumsgrenzen kommt er
        
        
          auch nicht ohne weiteres an diese Güter he-
        
        
          das Top-Management erarbeitet. Dadurch
        
        
          können Rentabilitätsansprüche sehr frühzei-
        
        
          tig in die Qualitätsentwicklung des Produkt-
        
        
          Portfolios eingebunden werden.
        
        
          Vielleicht fragen Sie als Leser an dieser Stelle,
        
        
          was das alles mit Geld zu tun hat? Solange wir
        
        
          Geld nur als eine „Rechnungseinheit“ betrach-
        
        
          ten, erscheint die Frage berechtigt. Leider hat
        
        
          Geld für sich genommen keinen Wert, wenn
        
        
          seine Transformation in reale Kaufkraft nicht
        
        
          gelingt. Das gilt analog auch für den Preis und
        
        
          seine Transformation in realen Wert. Wenn
        
        
          Controller als Co-Piloten diese Transformation
        
        
          steuern wollen, müssen sie gemeinsam mit den
        
        
          Managern den beteiligten Menschen Orientie-
        
        
          rung geben. Dafür reicht „das Rechnen mit
        
        
          Geldeinheiten“ sowie das „Kalkulieren von Kos-
        
        
          ten und deren Hochrechnung zu Preisen“ nicht
        
        
          aus. Es reicht auch nicht aus, „anonyme Pro-
        
        
          zesse“ zu steuern. Menschen muss man füh-
        
        
          ren.
        
        
          Controlling ist Führung mit messbaren
        
        
          Zielen.
        
        
          Das schließt Ziele für den Transformati-
        
        
          onsprozess ein und greift damit weit über Be-
        
        
          rechnung und Kalkulation hinaus. Damit das
        
        
          Unternehmen immer über ausreichend Kauf-
        
        
          kraft verfügt und für alle relevanten Stakeholder
        
        
          wertvoll bleibt.
        
        
          
            Drei weitere Aspekte
          
        
        
          
            kommen hinzu:
          
        
        
          1) Wenn das Geschäft auf Unternehmens-Pro-
        
        
          zessen beruht, muss eine enge Koordination
        
        
          zwischen einer mehr oder weniger großen
        
        
          Zahl von Menschen verschiedener Professio-
        
        
          nen organisiert werden. Dabei agieren ver-
        
        
          schiedene Interessengruppen (Stakeholder):
        
        
          ·
        
        
          Feste bzw. freie Mitarbeiter verkaufen einen
        
        
          Teil ihrer Lebenszeit als Arbeitszeit an das
        
        
          Unternehmen;
        
        
          ·
        
        
          Lieferanten bzw. Kooperationspartner ver-
        
        
          kaufen Produkte und Leistungen;
        
        
          ·
        
        
          Kapitalgeber investieren einen Teil ihres Ver-
        
        
          mögens.
        
        
          Stakeholder haben unterschiedliche Interessen.
        
        
          Denen werden Controller nicht gerecht, wenn
        
        
          sie nur die Geldströme berechnen. Auch hier
        
        
          geht es um die wirtschaftlich relevante Qualität,
        
        
          die mit diesem Teil der Geschäftsbeziehungen
        
        
          verbunden ist.
        
        
          
            Abb. 3: Leistungsarten
          
        
        
          
            CM November / Dezember 2016