Controller Magazin 6/2016 - page 71

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ran. Die älteste Form, das Problem zu lösen,
war der Raub. Märkte entstanden als eine
Alternative zum Raub: als Lösung des Güter-
Problems durch Tausch zu rechtlich abgesi-
cherten Konditionen – wer immer auch das
Recht gesetzt und ihm Geltung verschafft
hat. Deshalb gibt es keine Märkte ohne Re-
geln. Bei völliger Deregulierung degenerieren
Märkte zum Raub.
Allerdings sind die Regeln nicht auf allen Märk-
ten gleich. Und neben expliziten Regeln gibt es
auch „ungeschriebene Gesetze“. Gleich aber
bleibt, dass die Regeln kennen muss, wer Ge-
schäfte verstehen und beeinflussen will. Es ge-
hört zum „Umgehen“ mit Geld und Preis dazu.
Wie destruktiv Nachlässigkeiten in dieser Ebe-
ne sein können, zeigen die aktuellen Probleme
der Deutschen Bank oder von VW. Zwei Prob-
lemkreise möchte ich herausgreifen.
·
Das Glaubwürdigkeits-Problem:
Unlaute-
res Verhalten vernichtet nicht nur Reputation,
sondern indirekt (Kundenströme, Lieferan-
ten, TOP-Mitarbeiter) und direkt (Strafzah-
lungen) investiertes Geld. Das darf dem Con-
trolling nicht „egal“ sein. Die ökonomische
Verantwortung als Co-Pilot und Partner führt
zu einem unbedingten Transparenzgebot – in
jedem Falle intern und bei kriminellen Ansät-
zen auch extern.
Compliance setzt Regeln.
Controlling sorgt für Frühindikatoren und
Konsequenz.
·
Das Motivations-Problem:
Sich selber als
wertvoll erkennen und andere als wertvoll
anerkennen ist die Basis jedes erfolgreichen
Geschäfts. Da Werte nur über Verhalten
sichtbar werden, brauchen wir Verhaltensre-
geln – als Maßstäbe wertvollen ökonomi-
schen Handelns. Beginnend bei den Control-
lern und in der Folge für alle relevanten Sta-
keholder und Unternehmensbereiche.
Beispiel: Vor einigen Jahren hat mich ein Unter-
nehmer gefragt, woran ich bemerken würde, ob
die von ihm bezahlte Arbeitszeit wertvoll ist für
sein Unternehmen. Ich musste zunächst pas-
sen. Der damalige Leiter des Fachkreises Cont-
rolling & Qualität, Rainer Vieregge, hat mir aus
der Patsche geholfen. Qualitätsmanager unter-
scheiden für diesen Zweck verschiedene Leis-
tungsarten – Nutzleistungen, Stützleistungen,
Blindleistungen und Fehlleistungen
7
(siehe Ab-
bildung 3).
Die Relation der Leistungsarten ist ein Maß für
die wirtschaftlich relevante Qualität der vom
Unternehmen eingekauften Arbeitszeit.
Je un-
günstiger diese Relation ausfällt, umso
mehr Geld muss ein Unternehmen ausge-
ben für die gleiche Nutzleistung.
Die Her-
ausforderung im Controlling besteht deshalb
darin, die Interessen der Kunden und aller übri-
gen beteiligten Stakeholder so aufeinander ab-
zustimmen, dass ein hoher Anteil an Nutzleis-
tungen erzielt werden kann. Die Berechnung
der „begleitenden Geldströme“ wird erst in dem
Maße sinnvoll, wie sie die Lösung dieser Aufga-
be unterstützt.
2)
Wer auf Märkten agiert, muss deren je-
weilige „Regeln“ beachten.
Manche Un-
ternehmen versuchen auch, im Rahmen der
ihnen gegebenen Möglichkeiten diese Re-
geln zu beeinflussen
8
. Es gibt keine Märkte
ohne Regeln. Seit Menschen begannen,
nicht nur ihre Arbeit zu spezialisieren, son-
dern die Produkte und Leistungen ihrer
Arbeit in „Mein“ und „Dein“ abzugrenzen,
entstand das sogenannte „Güter-Problem“:
Nicht jeder erzeugt mehr all jene Dinge, die
er für sein Leben braucht oder gerne hätte.
Und durch die Eigentumsgrenzen kommt er
auch nicht ohne weiteres an diese Güter he-
das Top-Management erarbeitet. Dadurch
können Rentabilitätsansprüche sehr frühzei-
tig in die Qualitätsentwicklung des Produkt-
Portfolios eingebunden werden.
Vielleicht fragen Sie als Leser an dieser Stelle,
was das alles mit Geld zu tun hat? Solange wir
Geld nur als eine „Rechnungseinheit“ betrach-
ten, erscheint die Frage berechtigt. Leider hat
Geld für sich genommen keinen Wert, wenn
seine Transformation in reale Kaufkraft nicht
gelingt. Das gilt analog auch für den Preis und
seine Transformation in realen Wert. Wenn
Controller als Co-Piloten diese Transformation
steuern wollen, müssen sie gemeinsam mit den
Managern den beteiligten Menschen Orientie-
rung geben. Dafür reicht „das Rechnen mit
Geldeinheiten“ sowie das „Kalkulieren von Kos-
ten und deren Hochrechnung zu Preisen“ nicht
aus. Es reicht auch nicht aus, „anonyme Pro-
zesse“ zu steuern. Menschen muss man füh-
ren.
Controlling ist Führung mit messbaren
Zielen.
Das schließt Ziele für den Transformati-
onsprozess ein und greift damit weit über Be-
rechnung und Kalkulation hinaus. Damit das
Unternehmen immer über ausreichend Kauf-
kraft verfügt und für alle relevanten Stakeholder
wertvoll bleibt.
Drei weitere Aspekte
kommen hinzu:
1) Wenn das Geschäft auf Unternehmens-Pro-
zessen beruht, muss eine enge Koordination
zwischen einer mehr oder weniger großen
Zahl von Menschen verschiedener Professio-
nen organisiert werden. Dabei agieren ver-
schiedene Interessengruppen (Stakeholder):
·
Feste bzw. freie Mitarbeiter verkaufen einen
Teil ihrer Lebenszeit als Arbeitszeit an das
Unternehmen;
·
Lieferanten bzw. Kooperationspartner ver-
kaufen Produkte und Leistungen;
·
Kapitalgeber investieren einen Teil ihres Ver-
mögens.
Stakeholder haben unterschiedliche Interessen.
Denen werden Controller nicht gerecht, wenn
sie nur die Geldströme berechnen. Auch hier
geht es um die wirtschaftlich relevante Qualität,
die mit diesem Teil der Geschäftsbeziehungen
verbunden ist.
Abb. 3: Leistungsarten
CM November / Dezember 2016
1...,61,62,63,64,65,66,67,68,69,70 72,73,74,75,76,77,78,79,80,81,...106
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