74
          
        
        
          hohe Kosten für BCM oder zu geringer Vorteil
        
        
          sowie zu wenig Erfahrung im Umgang mit Stö-
        
        
          rungen bzw. der Implementierung von BCM
        
        
          sind wesentliche Verhinderungsgründe.
        
        
          6
        
        
          Glei-
        
        
          ches gilt für die Annahme, dass es reiche, sich
        
        
          Großstörungen erst dann zu widmen, wenn
        
        
          sie bereits aktiv entstanden sind. Genau das
        
        
          kann aber fatal sein. Jedenfalls ist wertvolle
        
        
          Zeit verschenkt. Getreu dem Motto „Zeitab-
        
        
          lauf vernichtet Handlungsmöglichkeiten“, fehlt
        
        
          zum einen wertvolle Zeit, die benötigt wird,
        
        
          um Maßnahmen zu entwickeln; zum anderen
        
        
          ist die Auswirkung bis dato stärker angewach-
        
        
          sen.
        
        
          7
        
        
          (vgl. Abbildung 1)
        
        
          
            Hintergrund
          
        
        
          Die Idee hinter BCM ist uralt: Je komplexer
        
        
          und größer die Vorhaben, desto dramatischer
        
        
          sind die Folgen von Unterbrechungen. Ob
        
        
          beim Pyramidenbau oder einem Feldzug in
        
        
          der Antike oder einem global agierenden
        
        
          Unternehmen heute: Nachschublücken, politi-
        
        
          sche Aufstände oder Seuchen waren und sind
        
        
          Störungen, die das ganze Unternehmen schei-
        
        
          tern lassen können. Nach Ansätzen beim Mili-
        
        
          tär, bei Großprojekten und im Katastrophen-
        
        
          schutz war es in jüngerer Zeit zunächst die IT,
        
        
          die per BCM abgesichert werden sollte. Der
        
        
          Ansatz wurde auf Unternehmen insgesamt
        
        
          und all ihre Funktionen ausgeweitet, schließ-
        
        
          lich auch auf Kommunen und andere Gebiets-
        
        
          körperschaften. Die BWL steuerte Kontin-
        
        
          genz- bzw. Alternativplanung,
        
        
          8
        
        
          zahlreiche
        
        
          Analyseinstrumente und Erkenntnisse aus
        
        
          dem Risikomanagement bei.
        
        
          
            Wer braucht BCM?
          
        
        
          Grundsätzliche jede Institution, die sich Störun-
        
        
          gen mit gewaltigem Schadenspotenzial ausge-
        
        
          setzt sieht, also nicht nur große Konzerne, son-
        
        
          dern gerade auch der Mittelstand. Wenn nach-
        
        
          folgend auch vor allem Unternehmen fokussiert
        
        
          werden, so sollten auch Städte (Dresden bei El-
        
        
          behochwasser; Duisburg bei der Love-Parade),
        
        
          touristische Destinationen (Galtür beim Lawi-
        
        
          nenunglück) oder ganze Regionen und Staaten
        
        
          9
        
        
          (bei Unruhen oder Pandemien) vorausschauend
        
        
          BCM betreiben und Maßnahmen zur Immuni-
        
        
          sierung betreiben.
        
        
          
            Definition BCM
          
        
        
          Die Kernaufgabe von BCM ist, die Fortführung
        
        
          der Geschäftstätigkeit sicherzustellen und den
        
        
          wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen auf-
        
        
          recht zu erhalten trotz angespannter Situation.
        
        
          Damit soll BCM die Wertschöpfung stabilisieren
        
        
          und damit die Unternehmensinteressen schüt-
        
        
          zen, wie z. B. Prozesse, Marke und Reputation.
        
        
          Zu diesem Zweck identifiziert und analysiert
        
        
          BCM existenzbedrohende Störungen und ent-
        
        
          wickelt grundsätzliche Abwehr- und Bewälti-
        
        
          gungsstrategien sowie konkrete Maßnahmen.
        
        
          10
        
        
          
            Ziel von BCM
          
        
        
          Gegenstand von BCM sind Störungen (vgl. Ab-
        
        
          bildung 2), und zwar jene Beeinträchtigungen
        
        
          oder Unterbrechungen, die nicht mit den gege-
        
        
          benen Mitteln im Rahmen der operativen Routi-
        
        
          ne bewältigt werden können. Solche Großstö-
        
        
          rungen haben dazu eine immense destruktive
        
        
          Kraft, die sich bis zur Vernichtung einer Unter-
        
        
          nehmung auswachsen kann. Es ist zu beach-
        
        
          ten, dass nicht die Störung als solche (oder ihre
        
        
          Ursache) groß sein muss:
        
        
          Im Fokus von BCM
        
        
          sind vielmehr all jene Störungen, deren
        
        
          Auswirkungen fatal für das Unternehmen
        
        
          bzw. die betrachtete Organisation sein
        
        
          können – und zwar unabhängig von Wahr-
        
        
          scheinlichkeiten!
        
        
          Auch betrachtet BCM zu-
        
        
          nächst nicht die Ursachen von Störungen: Es ist
        
        
          vorerst unerheblich, ob ein Brand, ein Erdbeben
        
        
          oder ein Streik beim Lieferer einen Ausfall her-
        
        
          vorruft – Fakt ist, dass das Unternehmen keine
        
        
          Rohstoffe erhält und damit teilweise oder ganz
        
        
          seine Funktionsfähigkeit verliert.
        
        
          
            Typische Störungen
          
        
        
          ·
        
        
          Produkterpressung
        
        
          ·
        
        
          Lieferantenausfall
        
        
          ·
        
        
          veraltete Produkte
        
        
          ·
        
        
          Ausfall von Schlüsselpersonen
        
        
          ·
        
        
          schwelende interne Konflikte
        
        
          
            Abb. 2: Arten von Störungen
          
        
        
          
            Autor
          
        
        
          Prof. Dr. Germann Jossé
        
        
          lehrt Strategisches Controlling am Fachbereich Wirtschafts-
        
        
          wissenschaften der Hochschule Worms (Studiengänge Han-
        
        
          delsmanagement und International Management). Seit Jahren
        
        
          befasst er sich mit Krisenmanagement und mit Business Con-
        
        
          tinuity Management (Kontinuitätsmanagement).
        
        
          E-Mail:
        
        
        
          
            Business Continuity Management