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          Detail am Rande: Der zweite Kunde von Philips
        
        
          war ausgerechnet Konkurrent Nokia, der sich
        
        
          nicht lange vertrösten ließ und gemeinsam
        
        
          nach Lösungen suchte: Sämtliche verbliebenen
        
        
          Ressourcen und Ausweichmöglichkeiten wur-
        
        
          den dank intensiver Zusammenarbeit von Nokia
        
        
          requiriert.
        
        
          
            Angespannte Großwetterlage
          
        
        
          Kostenoptimierungsprogramme haben Achilles-
        
        
          fersen geschaffen: Die Abhängigkeit von einem
        
        
          einzigen Lieferanten, der teils radikale Abbau
        
        
          von Kapazitätsspeichern und Lagerreserven,
        
        
          die Eliminierung von Prozesspuffern (z. B. durch
        
        
          JIT), die Zentralisierung von Funktionen und die
        
        
          Schließung alternativer Produktionsstandorte
        
        
          sowie generell ein globalisiertes Outsourcing
        
        
          sind alle darauf ausgelegt; sie sparen zumindest
        
        
          kurzfristig (vordergründig) Kosten, sind aber bei
        
        
          Störungen sofort die neuralgischen Punkte.
        
        
          1
        
        
          Kommen plötzliche Umbrüche, politische Turbu-
        
        
          lenzen, Naturkatastrophen oder dgl. hinzu, so
        
        
          zeigt sich sofort die Verletzbarkeit betrieblicher
        
        
          Prozesse; der Fall Fukushima hat das jüngst
        
        
          schmerzhaft und deutlich vor Augen geführt.
        
        
          
            Argumente für BCM
          
        
        
          Die britische Wirtschaft verliert durch Großstö-
        
        
          rungen aufgrund von nicht vorhandenem BCM
        
        
          pro Jahr 11,1 Mrd. Pfund. Durch bestehende
        
        
          Notfallpläne können die Kosten der Wiederbe-
        
        
          schaffung, der Wiederingangsetzung und des
        
        
          Ersatzes von Anlagevermögen und Vorräten
        
        
          teilweise um bis zu 90% gesenkt werden. So-
        
        
          fern Unternehmen ohne effektive BCM-Pläne
        
        
          von einer Großstörung betroffen werden, so die
        
        
          Erfahrung, schaffen es rund 50% nicht, sich
        
        
          innerhalb der nächsten 12 Monate wieder zu
        
        
          erholen und verschwinden von der unterneh-
        
        
          merischen Landkarte.
        
        
          2
        
        
          Weitere Befunde:
        
        
          Nach einem Desaster…
        
        
          ·
        
        
          eröffnen 25% nie wieder,
        
        
          ·
        
        
          schließen 80% der Unternehmen, die es
        
        
          nicht schaffen, binnen eines Monats wieder
        
        
          zu eröffnen, mit großer Wahrscheinlichkeit
        
        
          endgültig, und
        
        
          ·
        
        
          75% der Unternehmen ohne BC-Pläne
        
        
          scheitern binnen 3 Jahren.
        
        
          3
        
        
          Umgekehrt bestätigt eine weltweite Befragung
        
        
          des Business Continuity Institute (BCI) den Nut-
        
        
          zen von BCM:
        
        
          ·
        
        
          Bei 82% der Unternehmen wurden
        
        
          durch BCM die Auswirkungen einer Störung
        
        
          gemildert und
        
        
          ·
        
        
          74% waren in der Lage, ihre Schlüsselpro-
        
        
          dukte und -dienste weiterhin auszuliefern.
        
        
          
            BCM-Lücke in Unternehmen
          
        
        
          Tatsächlich gibt es mehrere Gründe, warum
        
        
          BCM trotz offensichtlichem Nutzen in einer
        
        
          Mehrzahl der Unternehmen nicht implementiert
        
        
          und ein entsprechendes Bewusstsein noch
        
        
          Mangelware ist:
        
        
          5
        
        
          1. Mangelndes Bewusstsein
        
        
          für krisenartige
        
        
          Störungen und deren potenzielle destruktive
        
        
          Gewalt.
        
        
          2. Skepsis
        
        
          , im Sinne von „BCM taugt nichts,
        
        
          schützt uns nicht“. Ein Förderer dieser Hal-
        
        
          tung sind frühere falsche Prognosen, z. B.
        
        
          das aufgebauschte Jahr-2000-Problem.
        
        
          3.  Verharmlosen und sich in Sicherheit wie-
        
        
          gen:
        
        
          Die Sicht, „uns wird das Ereignis nicht
        
        
          treffen“ oder dass sich die Störung nicht
        
        
          derart drastisch auswirken wird. Grund: Be-
        
        
          stehende Versicherungen und Statistiken
        
        
          gaukeln Sicherheit vor bzw. der Störung und
        
        
          ihren Auslösern wird schlichtweg insgesamt
        
        
          eine zu niedrige Wahrscheinlichkeit beige-
        
        
          messen. Mit anderen Worten, das Problem
        
        
          wird idealisiert und verharmlost – ein klassi-
        
        
          scher Abwehrmechanismus im Sinne der
        
        
          kognitiven Dissonanz.
        
        
          4.  Erfahrungspragmatismus
        
        
          , nach dem Mot-
        
        
          to „es bringt nichts, es kostet zu viel, wir sind
        
        
          schon mit ganz anderen Sachen fertig ge-
        
        
          worden, wir schaffen das“.
        
        
          Zum letztgenannten Aspekt zählt auch, dass
        
        
          oft kein direkter Benefit gesehen wird – und in
        
        
          der Tat sind ersparte Kosten viel weniger gut
        
        
          zu kommunizieren wie erzielte Erlöse, und sei-
        
        
          en diese Kosten auch noch so exorbitant.
        
        
          Desinteresse, Unkenntnis, vermeintlich zu
        
        
          
            CM März / April 2015
          
        
        
          
            Abb. 1: Wirkung von BCM
          
        
        
          
            
              mit
            
          
        
        
          
            
              ohne