78
          
        
        
          Controlling stellt eine spezielle Führungsfunk-
        
        
          tion dar, die auf der Manager-Controller-Dyade
        
        
          basiert. Während Manager als emotional, intui-
        
        
          tiv und risikofreudig gelten, stehen Controller in
        
        
          dem Licht, analytisch, nüchtern und klar be-
        
        
          gründend zu sein.
        
        
          1
        
        
          Diese Profildiversität führt
        
        
          oft dazu, wie letztere zwar die ‚richtigen‘ Instru-
        
        
          mente verwenden, die Gedanken und Gefühle
        
        
          der Führungskraft aber nicht ausreichend ein-
        
        
          beziehen.
        
        
          2
        
        
          Das erschwert es ungemein, Cont-
        
        
          rollerwissen in den Entscheidungsablauf der
        
        
          Manager zu platzieren.
        
        
          3
        
        
          So kommt die Vermu-
        
        
          tung auf,
        
        
          dass Empathie große Bedeutung
        
        
          für den Betriebsalltag des Controllers hat
        
        
          .
        
        
          Jedoch findet sie in Stellenanzeigen kaum aus-
        
        
          drückliche Erwähnung. Auch weist ihr die Con-
        
        
          trollingliteratur einen geringen Stellenwert zu:
        
        
          Empathie wurde bisher normativ und neben-
        
        
          sächlich behandelt, was die Belastbarkeit ver-
        
        
          gangener Fachartikel einschränkt. Das weckt
        
        
          den Bedarf, dem Konstrukt durch empirische
        
        
          Erkenntnisse mehr Substanz zu verleihen.
        
        
          
            Prozess und Merkmale der
          
        
        
          
            Empathie
          
        
        
          ‚Empathie‘ und ‚Einfühlungsvermögen‘ sind sy-
        
        
          nonyme Begriffe. ‚Empathische Kompetenz‘ ist
        
        
          wiederum die Fähigkeit, „innerhalb eines beruf-
        
        
          lichen Kontextes […] die Perspektive und Ge-
        
        
          fühlswelt eines anderen […] nachzuvollziehen
        
        
          und danach zu handeln.“
        
        
          4
        
        
          Der damit verbunde-
        
        
          ne Wahrnehmungsprozess lässt sich durch ein
        
        
          Gegenstromverfahren begründen.
        
        
          5
        
        
          Abbildung 1
        
        
          zeigt, wie (A) Bottom-up-Prozesse die Emoti-
        
        
          onsnachempfindung verantworten und (B) Re-
        
        
          flexion per Top-down-Modulation erfolgt. Bei
        
        
          (A) sind es Spiegelneuronen, die dafür sorgen,
        
        
          dass emotionale Erfahrungen im Gehirn ge-
        
        
          speichert und immer dann reaktiviert werden,
        
        
          wenn der Einfühlende die Handlung eines an-
        
        
          deren hört, sieht oder sich vorstellt. Das (un)be-
        
        
          wusste Erfassen von Gestik, Mimik, Stimme
        
        
          und Bewegungsmustern weckt automatisch
        
        
          verborgene Erinnerungen an eigene Gefühle,
        
        
          die repräsentativ für den Gemütszustand des
        
        
          anderen stehen. Der Wahrnehmende geht von
        
        
          seinen Emotionen aus, die er offline, also stell-
        
        
          vertretend, empfinden würde, um sie letztlich
        
        
          dem Gegenüber zuzuschreiben. Die Simulation
        
        
          wird deshalb als ‚heiße‘ Methode charakteri-
        
        
          siert, weil derjenige, der sie nutzt, ‚spürt‘ und
        
        
          emotional beteiligt ist. Da ein ständiges Erleben
        
        
          der – zum Teil widersprüchlichen – Fremdemo-
        
        
          tionen jedoch affektive Erschöpfung impliziert,
        
        
          wirkt ihr die ‚kalte‘ Denkleistung der Theorie-
        
        
          Theorie entgegen. (B) zufolge können Men-
        
        
          schen, durch intuitives Alltagswissen, plausible
        
        
          Annahmen treffen, die das beobachtete Verhal-
        
        
          ten antizipieren. Ist eine ‚Theorie‘ über den Be-
        
        
          troffenen erdacht, werden in einem zweiten
        
        
          Schritt Indizien gesucht, mit denen sich die
        
        
          Vermutungen bestätigen. Fehlt es doch an
        
        
          Plausibilität, korrigiert der Anwender die These
        
        
          und stellt neue Überlegungen an – das Vorge-
        
        
          hen ähnelt der Theoriebildung eines Wissen-
        
        
          schaftlers.
        
        
          
            Empathie im Controlling – Eine empirische Analyse
          
        
        
          von Cristiano Jesus Feliciano
        
        
          
            Empathie im Controlling