CONTROLLER Magazin 2/2015 - page 71

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schluss die Frage klären: Kann und will man
mit dem betreffenden Unternehmen und ins-
besondere mit den Menschen dauerhaft zu-
sammenarbeiten?
·
Bisherige Erfahrung mit dem jeweiligen
Anbieter:
Hat man mit einem Anbieter be-
reits gearbeitet, sollte man die bisherige
Zusammenarbeit analysieren. Dabei ist ein
hinreichender und faktenbasierter Tiefgang
anzustreben, um zu vermeiden, dass die
Wahrnehmung durch Erfahrungen der jüngs-
ten Vergangenheit oder durch Einzelereig-
nisse verzerrt wird.
Insgesamt gibt es eine Vielzahl möglicher Krite-
rien. Wichtig ist, bei der Beurteilung keinesfalls
auf die „harten“ Kriterien oder – wie nicht sel-
ten – nur auf den Preis zu sehen. Outsourcing
ist eine längerfristige, in der Regel keineswegs
vollständig strukturierbare Aktivität. Entspre-
chend kommt es auf eine nachhaltig gute Zu-
sammenarbeit an. Von ganz standardisierten
Projekten (wie z. B. der Vergabe der Gebäuder-
einigung o. Ä.) abgesehen, ist es wichtig, dass
man mehr sucht als einen bloßen Bereitsteller
von Dienstleistungen. Man braucht einen Part-
ner. Wie wichtig „weiche“ Kriterien sind, zeigt
auch die Befragung von erfolgreichen Outsour-
cern im Rahmen des Accenture Executive
Survey (siehe Abbildung 2).
Der zweite Aspekt für die effektive Auswahl des
Partners ist einem geeigneter Prozess. Ein kla-
rer und transparenter Prozess reduziert nicht
nur die eigenen Kosten, sondern „motiviert“
auch potenzielle Anbieter, sich engagiert an der
Angebotserstellung zu beteiligen. Letzteres ist
eine oft unterschätzte Voraussetzung, um zu
einem guten Konzept zu gelangen.
Klar ist, dass Outsourcing-Situationen höchst
unterschiedlich sein können. Entsprechend ist
eine unternehmens- und situationsspezifische
Gestaltung des gesamten Auswahlprozesses
erforderlich. Diese sollte bereits zu Beginn der
Auswahl gegeben sein. Wichtige Aspekte bei
der Prozessgestaltung sind die folgenden:
·
Fundierte interne Basis schaffen:
Die Ge-
staltung eines Outsourcings ist eine komple-
xe Mischung aus administrativen, juristischen
und technischen Aspekten. Zur Vermeidung
einer einseitigen Betrachtung sollte das inter-
ne Team breit aufgestellt sein. Außerdem bie-
tet sich eine eigenständige Projekt-Organisa-
tion an. Sie sollte auch einen Lenkungsaus-
schuss umfassen, in dem wesentliche Ent-
scheidungsträger vertreten sind.
·
Mehrstufige Vorgehensweise:
Der Aus-
wahlprozess ist für beide Seiten teuer.
Gleichzeitig gibt es in der Regel eine größere
Anzahl von Anbietern. Daher bietet sich eine
Vorgehensweise mit unterschiedlichem De-
taillierungsgrad an: Zu Beginn ein möglichst
standardisiertes Vorgehen zur Vorauswahl
und erst im zweiten Schritt detaillierte Dis-
kussionen mit (wenigen) potenziell geeigne-
ten Anbietern.
·
Klare Entscheidungspunkte:
Entschei-
dungsinhalte und (soweit möglich) Termine
müssen klar definiert sein (und eingehalten
werden!). Nicht selten wird seitens der An-
bieter der Versuch gemacht, durch Topma-
nagement-Kontakte zu Vorfestlegungen zu
gelangen, die dann später für die Teams im-
plizit oder explizit zu „Scheuklappen“ werden
können. Dies untergräbt nennenswert Moti-
vation und Qualität der zu treffenden Ent-
scheidung. Ein klares Terminraster beschleu-
nigt in der Regel interne Abläufe und gibt den
Anbietern das Gefühl, nicht Teil einer „never
ending story“ zu sein.
·
Offenheit für neue Ideen und Konzepte:
Ein klares Gesamtkonzept zu Beginn ist
wichtig (Schlüsselelement 1). Es darf jedoch
nicht zu Starrheit und Denkverboten führen.
Kompetente Anbieter zeichnen sich dadurch
aus, dass sie durchaus auch abweichende
Alternativen aufzeigen. Diese gilt es durch-
aus in Betracht zu ziehen, wobei darauf zu
achten ist, dass Zeitplan und Entscheidungs-
prozess nicht unangemessen beeinträchtigt
werden. Sollte das Konzept geändert wer-
den, ist besonders wichtig, vor einer endgül-
tigen Entscheidung eine Re-evaluierung aus
Unternehmensgesamtsicht durchzuführen.
Dritter Schritt:
Ein guter Vertrag
Ist der geeignete Partner gefunden, muss die
Zusammenarbeit vertraglich geregelt werden.
Die zu treffenden Regelungen für Outsourcing
-Beziehungen sind in der Regel recht umfang-
reich. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass
es einen im Gesetz kodifizierten „Outsourcing-
Vertrag“ nicht gibt. Entsprechend müssen sehr
viele Aspekte vertraglich vereinbart werden,
weil sie vom Gesetz nicht geregelt sind. Das
führt nicht selten dazu, dass Verträge Buch-
stärke erreichen oder sich bei komplexen Pro-
jekten in Aktenmetern messen lassen. Für die
Praxis bedeutet dies auch, dass eine Vielzahl
von Möglichkeiten besteht, Fehler zu machen.
Der erste Schritt zu einem guten Vertrag ist da-
her, Übersichtlichkeit zu schaffen. Angesichts
des Umfangs der Regelungsthemen einerseits
und der unvermeidlichen Änderungen anderer-
seits, empfiehlt es sich, die Beziehung nicht in
einem Vertrag, sondern in mehreren, modular
Abb. 2: Wesentliche Faktoren zur Auswahl eines Outsourcing-Partners
CM März / April 2015
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