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chend ist somit die Frage,
ob und wann ins-
gesamt der Break-even erreicht wird
(vgl.
zu jahresübergreifenden Beispielen Schweitzer/
Troßmann, S. 8). Bei dieser Ausweitung der
Fragestellung tauchen neue Probleme auf. Ne-
ben der Frage der Laufzeit ist dies vor allem das
Problem der Verrechnung der Ergebnisse ver-
schiedener Perioden, wozu Verzinsungen zwi-
schen den Jahren (interperiodisch) notwendig
werden (vgl. Schweitzer/Troßmann, S. 256).
Aufgrund der Langfristigkeit vieler Produktle-
benszyklen ist sich die Literatur einig, dass die
Vorteilhaftigkeit von Projekten, Handlungsmög-
lichkeiten oder Produkten mit den Verfahren
der
dynamischen Investitionsrechnung
er-
mittelt werden sollte (vgl. z. B. Friedl/Hofmann/
Pedell, S. 495), wobei sich insb. vollständige
Finanzpläne (VoFis) anbieten (vgl. z. B. Varnholt/
Lebefromm/Hoberg, S. 509 ff. und die dort
angegebene Literatur). Für die dynamischen
Verfahren müssen im ersten Schritt die Daten
modifiziert werden. Denn die Kosten- und Leis-
tungsrechnung geht – wie bereits oben er-
wähnt – implizit davon aus, dass alle Größen
zur Periodenmitte anfallen, während die Zah-
lungen, welche die Basis für die dynamischen
Verfahren bilden, am Periodenende kommen.
Hier passieren leider viele Fehler, weil viele Au-
toren ohne Begründung annehmen, dass auch
Kosten und Leistungen zum Jahresende anfal-
len (vgl. zu dieser realitätsfremden Annahme
z. B. Schweitzer/Troßmann, S. 257) und diese
dann mit den Zahlungen gleichgesetzt werden.
Insofern müssen alle Kosten und Leistungen
auf das Jahresende hochgezinst werden, damit
die vorausgesetzte Zahlungsstruktur der Inves-
titionsrechnung berücksichtigt wird. Da es sich
jetzt um Zahlungen handelt, werden die Vorzei-
chen in der Abbildung 4 so gesetzt, dass sie
zeigen, ob es sich um
Ein- oder Auszahlun-
gen
handelt. Statt Perioden enthalten die Spal-
ten jetzt die Zahlungen für das jeweilige Perio-
denende. Für die Anfangsinvestition von 6400
T€ in t=0 muss der Zeitpunkt 0 zusätzlich ein-
geführt werden. Dafür kann die Saldenspalte
entfallen, da für das Gesamtergebnis die Zah-
lungen von Jahresende zu Jahresende aufge-
zinst werden bis zum Endzeitpunkt t=8.
In Abbildung 4 entstehen die Einzahlungen z. B.
des Zeitpunkts 3, indem der Nettoumsatz NU,
der ja zur Periodenmitte kommt, ein halbes
Jahr aufgezinst wird, also: 10 * 100 * 1,1
0,5
=
1000 * 1,049 = 1049 (gerundet). Das Gleiche
passiert mit der Umrechnung der verschiede-
nen Kostenpositionen. Die mehrperiodigen Fix-
kosten (im Beispiel nur Abschreibungen) dürfen
nicht mehr aufgeführt werden, weil sie direkt
mit ihrer Auszahlung von -6400 T€ in t=0 er-
fasst werden, so dass die schwierige Auftei-
lungsproblematik entfällt. Die Einzahlung aus
dem Restwert von +2400 T€ in t=8 wird auch
direkt verrechnet (in t=8), ohne Umwege über
eine wie auch immer geartete Periodisierung.
Da nach diesen Änderungen alle Cashflows je-
weils zum Jahresende vorliegen, können auch
die dadurch ausgelösten Zinswirkungen exakt
und explizit erfasst werden, was in Abbildung 4
in der vorletzten Zeile passiert. Der Jahresend-
saldo nach 8 Jahren zeigt, dass sich die Hand-
lungsmöglichkeit in der vorliegenden Form
nicht lohnt, da am Ende nicht alle Auszahlun-
gen gedeckt werden konnten.
Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den
Periodenergebnissen in Abbildung 2, die auf
den Daten der Kosten- und Leistungsrechnung
beruhen. Die übliche Berechnung des einfa-
chen Saldos in der letzten Spalte ist nicht zuläs-
sig, weil sie die zeitliche Struktur der Gewinne
nicht beachtet. Aber auch das Aufzinsen auf
den Endzeitpunkt t=8 ist nicht ausreichend,
weil insb. die durchschnittliche Kapitalbindung
von 4400 T€ am Anfang viel zu niedrig ist und
somit die Kapitalkosten unterschätzt werden.
So würde der Endwert in Abbildung 2 – auch
bei Berücksichtigung der Annahme, dass alle
Größen zur Periodenmitte kommen
2
– noch po-
sitiv sein, obwohl der VoFi in Abbildung 4 ge-
zeigt hat, dass die Handlungsmöglichkeit ein
negatives Ergebnis aufweist.
Wie ausgeführt
müssen also die Zahlen der Kosten- und
Leistungsrechnung zunächst in Zahlungen
transformiert und dynamisch analysiert
werden, bevor verlässliche Gesamtaussa-
gen möglich werden.
Neben den Break-even-
Punkten werden den einzelnen Phasen auch
noch andere Eigenschaften zugeordnet, wie
z. B. Konkurrenzintensität, Wachstumsrate, Ge-
winnrate, wichtigste Probleme usw. Auch zu
diesen Punkten ist zu sagen, dass sie keines-
falls zwangsläufig sind.
Abb. 4: Dynamische Gesamtanalyse des Produktlebenszyklus
CM März / April 2015