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eigenen Anteile herausschneiden, was sehr
stark von den eigenen Entscheidungen und
denen der anderen Unternehmen abhängt. Die
Abgrenzung ist somit schwierig
und
die
Zwangsläufigkeit des Ablaufes der Phasen
weitgehend aufgehoben
, weil es ja gerade
Aufgabe des jeweiligen Unternehmens ist, für
sich selbst einen möglichst guten Anteil über
einen möglichst langen Zeitraum zu sichern.
In Abbildung 1 sind nur die Marktphasen dar-
gestellt.
Es fehlen die vorgelagerte Phase
der Produktentwicklung und die Nachlauf-
phase.
Coenenberg/Fischer/Günther (S. 586
ff.) weisen zu Recht darauf hin, dass der Zyklus
komplett analysiert werden muss. In der eng-
lischsprachigen Literatur wird daher auch von
cradle-to-grave costing
oder
womb-to-
tomb costing
gesprochen (vgl. z. B. Bhimani/
Horngren/Datar/Rajan, S. 387 ff.). Denn gera-
de in der
Entwicklungsphase entstehen
häufig hohe Vorlaufkosten
, deren kosten-
rechnerische Einbeziehung wichtig ist, wobei
sich die Verrechnung auf die Nutzungsperioden
häufig schwierig gestaltet (vgl. zur Entste-
hungsphase Bodenstein/Spiller, S. 120 ff. und
Höft, S. 66 ff.). Genauso ist nach dem Ende der
Vermarktung häufig noch eine Nachlaufphase
zu berücksichtigen. Diese umfasst z. B. auch
das Servicegeschäft, was profitabel oder aber
ein Zuschussgeschäft sein kann.
Die letzte
Phase muss ggf. auch hohe Kosten für die
Einstellung des Produktes/Projektes ent-
halten.
So werden die Betreiber der Atom-
kraftwerke ca. 1 Mrd. € je Kraftwerk für Rück-
bau und Entsorgung zu zahlen haben.
Für alle Phasen gilt, dass sie
erst dann zutref-
fend auf der Zeitachse identifiziert werden
können, wenn sie bereits vorbei sind.
Auch
die Frage, ob überhaupt eine weitere Phase er-
reicht wird, kann im Vornhinein kaum richtig
beantwortet werden. Viele Produkte oder sogar
Unternehmen schaffen es noch nicht einmal bis
in die Marktphase. Der Übergang in eine
Wachstumsphase ist genauso kritisch. Nicht
umsonst geht man z. B.
im Handel von Flop-
raten von ca. 80%
aus.
Damit müsste man
also eher von einem Produktsterbezyklus
sprechen.
Im Weiteren werden die Phasen isoliert dar-
gestellt ohne Berücksichtigung der Beeinfluss-
barkeit und der Interdependenzen. Denn eine
verstärkte Investition in der Wachstumsphase
könnte kurzfristig für geringere Periodengewin-
ne sorgen, mittelfristig aber für hoffentlich hö-
here Gewinne in den folgenden Phasen. Genau-
so könnte eine aggressivere Preisstrategie lang-
fristig erfolgreich sein. Insofern ist auch zu kriti-
sieren, dass keine Größe für den Gesamterfolg
des Lebenszyklus angegeben wird. Erst da-
durch könnte man entscheiden, ob ein Produkt
„unter dem Strich“ erfolgreich war (vgl. zur Not-
wendigkeit einer periodenübergreifenden Analy-
se Wöhe, S. 960). Nach der Kritik an der Zeit-
achse (Abszisse) muss auch die Darstellung der
Ordinate kritisiert werden. Es handelt sich um
Periodengrößen (also Umsätze, Kosten und Ge-
winne für die jeweils betrachtete Periode). Diese
sind in Abbildung 1 auch als solche inkl. der Ein-
heit €/Pe (€ in der Mitte der betrachteten Perio-
de) gekennzeichnet. Die Beschränkung auf
Periodengrößen ist jedoch wenig sinnvoll, weil
es zum Wesen von Produktinvestitionen gehört,
dass nach anfangs negativen Periodengewin-
nen positive geplant werden.
Entscheidend
ist, dass die kumulierte Gewinnkurve
(inkl.
Kapitalkosten) irgendwann
positiv wird
.
Methodische Probleme der Zuordnung
von Fixkosten
Ein weiteres großes Problem besteht in der
betriebswirtschaftlich richtigen Zuordnung der
Kosten auf die jeweiligen Perioden. Unproble-
Abb. 1: Typische Darstellung eines Produktlebenszyklus (in Anlehnung an Wöhe, S. 400)
Produktsterbezyklus