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Es ist eine Binsenwahrheit: Wenn Ihr Geschäft
unterbrochen ist, können Sie auch nichts ver-
dienen.
Business Continuity Management
(BCM) zielt auf die Aufrechterhaltung bzw.
rasche Wiederherstellung der Funktionsfä-
higkeit von Organisationen.
Diese müssen
selbst auf unwahrscheinlich scheinende Fälle
von
Großstörungen vorbereitet
sein, um
nicht wertvolle Zeit, Umsätze und Reputation zu
verlieren. Im Zeitalter komplexer Strukturen und
fragiler Abhängigkeiten ist BCM ein Muss für
jedes Unternehmen, um seine kritischen Pro-
zesse abzusichern.
Im Gegensatz zu z. B. Großbritannien oder den
USA ist BCM in der Praxis deutscher Unterneh-
men noch wenig implementiert; diese sind da-
her existenzbedrohenden Störungen oft schutz-
los ausgeliefert. An der Hochschule Worms
wurden bestehende Ansätze und Modelle von
und um Prof. Germann Jossé weiterentwickelt
und eine Vielzahl von Praxisfällen untersucht.
Dieser Artikel nennt Hintergrund und Ziele, Ob-
jekte und Inhalte sowie grundsätzliches Vorge-
hen von BCM. Der BC-Prozess und die konkrete
Umsetzung werden in Teil 2 (Heft Mai/Juni)
dargestellt.
Ob Single-Sourcing, pufferlose Geschäftspro-
zesse oder Naturkatastrophen sowie politische
und ökonomische Turbulenzen in der Unterneh-
mensumwelt – die Verletzbarkeit von Unterneh-
men, ihrer Geschäftsprozesse sowie Reputa-
tion haben rapide zugenommen.
Heute gibt es mehr Quellen für Störungen
denn je, aber auch mehr Störungsarten und
oft heftigere Auswirkungen.
Zunehmende
Komplexität von Systemen und Prozessen, glo-
bale Abhängigkeiten als Regelfall und rasche
Wechsel von Rahmenparametern erhöhen den
Druck auf fragile Gebilde zusätzlich.
Selbst
kleinste Störungen können massive und
nachhaltige Schäden hervorrufen bis hin
zum Verlust der Eigenständigkeit oder dem
Untergang des Unternehmens.
BCM ist der
folgerichtige und überlebensnotwendige Ma-
nagementansatz, um solche Problemstellungen
systematisch anzugehen.
Kleine Ursache, verheerende Folgen
– Ericsson, ein typischer Fall
Bei einem Unwetter im März 2000 schlug ein
Blitz in ein Chip-Werk von Philips in Albu-
querque/USA ein. Obwohl der entstehende
Brand binnen zehn Minuten gelöscht war, wur-
den durch Rauch, Ruß und Löschwasser meh-
rere Mio. Chips zerstört, für die Philips der ein-
zige Hersteller weltweit war. Außerdem wurden
die sog. „Clean Rooms“ kontaminiert. Statt der
zunächst angenommenen einen Woche Liefer-
verzögerung bekam Kunde Ericsson ein halbes
Jahr lang keine Chips mehr! Ein Jahr später
stieg Sony ein (Joint Venture für die Handyspar-
ten), am Ende des Niedergangs übernahm Sony
dieses 2012 zu 100% – und Ericsson war drau-
ßen. Kleine Ursache, große Wirkung! Pikantes
Business Continuity Management
Business Continuity Management – Notwendigkeit
in turbulenten Zeiten
von Germann Jossé