CONTROLLER Magazin 5/2015 - page 69

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Risikomanagement
und Controlling im Rahmen
Moderner Wertorientierung
Moderne Wertorientierung reicht weit über das
klassische Konzept im Umgang mit Risiken hin-
aus. Es geht um mehr als deren Erfassen und
Bewerten und den allgemeinen Verhaltenskata-
log von „Vermeiden – Vermindern – Verlagern –
Selbsttragen“. Das sind sozusagen die „Haus-
aufgaben“.
Moderne Wertorientierung fokussiert vor al-
lem auf den Bezug zu den angestrebten Zie-
len, weil
Risiken den Grad der Unsicherheit
der Erwartungen hinsichtlich der Zieler-
reichung ausdrücken.
Deshalb hat Control-
ling der Risiken zuallererst mit der Zweckbe-
stimmung und der konkreten Zielsetzung ei-
nes Unternehmens zu tun. Denn mit Zweck
und Zielen wird zugleich auch das „Geflecht
an Risiken“ ausgewählt, das für ein Unterneh-
men relevant ist.
Zur Konkretisierung der gewünschten Ziel-
erreichung werden
Geschäftsmodelle
defi-
niert und in Plänen ausgearbeitet. Dazu ge-
hört neben der Erstellung eines unmittelbaren
Fahrplans zum Erfolg auch und vor allem das
Entwickeln jederzeit abrufbarer
Fähigkeiten
zu Flexibilität, Wandlung und Resilienz
.
Eine konsequent auf diese Erkenntnisse
ausgerichtete Planung wird in der Regel als
Bandbreiten- oder Korridorplanung
be-
zeichnet.
Genau hier müssen Risiko-Management und
das damit verbundene Controlling ansetzen.
Sie zeigen in ihrem Zusammenspiel die mög-
lichen Abweichungen vom Erfolgspfad auf und
bewerten die Wahrscheinlichkeiten hierzu. Je-
des unternehmerische Datum, jede Variable,
jede Handlungsalternative
, jedes Projekt,
jedes Szenario und jede Werterwartung
ist
mit einer spezifischen Unsicherheit ver-
bunden
. Gleiche Werterwartungen haben
i. d. R. verschiedene spezifische Unsicherheits-
annahmen. Wenn die Werterwartungen die
dahinterliegenden Risiken nicht berücksichti-
gen, wird eine wichtige Dimension der Unter-
nehmensführung ignoriert.
Das kann zu fal-
schen Entscheidungen führen
. Daher soll-
ten Wertschöpfungsziele auf allen Ebenen um
eine Risikodimension erweitert und an den
Zielen des Unternehmens und seiner relevan-
ten Stakeholder ausgerichtet werden. Dabei
sind die Wirkungen sowohl interner als auch
externer Faktoren einzubeziehen.
Die praktischen Schritte
Die Ermittlung und die Steuerung des unter-
nehmerischen Gesamtrisikos erfolgt in zahlrei-
chen Schritten, welche man üblicherweise als
Risiko-Management-Prozess bezeichnet. Die-
sen gilt es – wie bereits erwähnt – mit dem
Controlling zu vernetzen.
1. Risiko-Identifikation
Auf Basis einer umfassenden Analyse des gan-
zen Unternehmens mit all seinen Teilen und in
allen Hierarchie-Ebenen wird ein
Risiko-Kata-
log
erarbeitet. Der Risiko-Katalog ist sachlich
nach Risikoarten gegliedert und ähnlich wie ein
Kontenrahmen aufgebaut. Die Risikoarten wer-
den in der Regel nach Risikoursachen (Markt-
risiken, Finanzrisiken, Haftungsrisiken, Feuerri-
siken, Maschinenbruchrisiken, Transportrisiken
usw.) gegliedert. Manche Unternehmen glie-
dern aber auch ganz oder teilweise nach den
Auswirkungen von Risiken (das Reputationsrisi-
ko ist regelmäßig eine Folge eines anderen, z. B.
eines Gewährleistungsrisikos oder eines Fraud-
bzw. Compliance-Risikos). Wenn diese beiden
Gliederungskriterien vermischt werden, so
kann nicht klar abgegrenzt werden, wo ein be-
Abb. 1: Beispiel für einen Risiko-Katalog
CM September / Oktober 2015
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