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möglichen Ergebniswerten unter Berücksich-
tigung der Risiken.
Die gegenseitige Beeinflussung der Risiken
wird in diesem Kontext dadurch erfasst, dass
man eine Abhängigkeitsmatrix aufbaut, die die
Wechselwirkung zwischen den einzelnen Risi-
ken darstellt. Damit erlaubt die Monte-Carlo-
Simulation, das Gesamtrisiko als Streuung z. B.
des Gewinns darzustellen und so den erforder-
lichen Eigenkapitalbedarf (Risk Adjusted Capi-
tal, RAC) als Risikomaß für den Umfang mög-
licher Verluste, das Rating und die Planungssi-
cherheit mit Hilfe von Kennzahlen zu beurteilen
(siehe Abbildung 2).
3. Bestimmung von Schwankungsbreiten,
Wahrscheinlichkeitsverteilungen und
Abhängigkeits-Matrizen
Zunächst muss ein Unternehmen entscheiden,
welche
Einflussfaktoren für sein Geschäfts-
modell
relevant sind, um die Berechnungen
nicht zu aufwändig zu gestalten. Meist reicht
„eine Handvoll“ von Faktoren aus, um zu hinrei-
chend exakten Ergebnissen zu kommen. Die
Lufthansa
z. B. fokussiert in ihrem Bandbrei-
ten-Management auf
5 Faktoren
4
. Für die
Schwankungen dieser Faktoren stehen aus der
Buchhaltung und anderen Dokumentationen
häufig Zahlenreihen über viele Jahre zur Verfü-
gung. Natürlich muss dabei beachtet werden,
dass in einem neuen Geschäftsfeld die Lauf-
zeitprobleme des Maschinenparks, der Ausfall
eines Lieferanten oder Zahlungsschwierigkei-
ten eines Kunden potentiell schlechter doku-
mentiert ist im Vergleich zu Geschäftsfeldern,
in denen ein Unternehmen bereits eine große
Lieferanten- und Kundenbasis besitzt. In jedem
Fall aber werden diese Kenntnisse mit jedem
Geschäftsjahr valider. Wesentlich
schwieriger
gestaltet sich die
Beurteilung von Wahr-
scheinlichkeiten
und deren Verteilungen. Hier
muss in Ermanglung einer Datenbasis häufig
auf
subjektive Einschätzungen
zurückgegrif-
fen werden. Da hilft – wie in anderen Fällen, in
denen Controlling Neuland betreten hat – vor
allem Ausprobieren und Testen. Mit der Zeit
wachsen die Erfahrungen. Wer abwartet, ver-
passt diesen Lerneffekt.
Die Verfügbarkeit von
Risiko-Informationen
durch „Big Data“
verbessert die Ausgangssi-
tuation deutlich, wobei die Entwicklung nicht so
ganz neu ist: Zahlreiche Organisationen enga-
gieren sich seit vielen Jahren im
Sammeln von
Schadensfällen in unternehmensübergrei-
fenden Datenbanken, um Schadenshöhe
und Eintrittswahrscheinlichkeiten
besser
einschätzen zu können. Allerdings erleichtern
Datenvolumen und intuitive Analysewerkzeuge
den Einsatz auch für Unternehmen, deren
Zweck nicht primär die Analyse von Daten be-
trifft. So sammeln Anbieter von Maschinen
Sensor-Daten der bei Kunden im Einsatz be-
findlichen Maschinen. Damit lassen sich Aus-
fallwahrscheinlichkeiten aufgrund von Parame-
tern wie Laufzeit, Betriebsintensität schätzen.
Dies hilft den Kunden die Ausfallwahrscheinlich
besser zu schätzen aber auch entsprechende
Maßnahmen wie die Umstellung von festen
Wartungszyklen auf zustandsbasierte Wartung
umzusetzen. Eine Reihe von Unternehmen ha-
ben auf dieser Basis veränderte Geschäftsmo-
delle entwickelt, die
sensorbasierte War-
tungsarbeiten
einschließen bzw. die verfügba-
re Leistung von Maschinen oder Anlagen ver-
kaufen und nicht mehr die materielle Substanz.
Nichts anderes machen Auskunfteien (z. B.
Schufa) in Bezug auf Kunden und Lieferanten
indem sie alle verfügbaren Daten über Perso-
nen und Organisationen sammeln und damit
Schlüsse über mögliches Zahlungsverhalten
zulassen. Die Basis für Moderne Wertorientie-
rung auch im Umgang mit Risiken hat sich also
deutlich verbessert. Die Möglichkeiten der
Datenversorgung sollten sich zudem in den
kommenden Jahren massiv verstärken.
4. Prinzipielle Veränderung
der Abweichungsanalysen
Die im Controlling übliche Abweichungsanalyse
erhält unter Einbeziehung von Risiken eine neue
Interpretation. Wenn der
Planwert als Vertei-
lung dargestellt
wird, bildet auch der Istwert
einen Zufallswert aus einer gegebenen Vertei-
lung. Das Verständnis von
Abweichungen als
Differenz zwischen Planwert und Istwert
Autoren
Dr. Walter Schmidt
ist Inhaber der Firma ask, Angewandte Strategie und Kommu-
nikation. Er ist Executive Adiviser des Vorstands im Internatio-
nalen Controller Verein e.V.
E-Mail:
Prof. Dr. Karsten Oehler
ist Vice President CPM, pmOne AG und Professor für Rech-
nungswesen und Controlling an der Provadis Hochschule
Frankfurt.
E-Mail:
Prof. Dr. Rainer Kalwait
war Professor für Controlling und Internationales Management an
der Hochschule Coburg. (Er ist jetzt im Ruhestand.) Er ist Leiter
des Fachkreises Controlling & Risikomanagement im Internatio-
nalen Controller Verein e.V. Des Weitern ist er Vorstand der Risk-
Management-Association e.V. München.
E-Mail:
CM September / Oktober 2015
Statt auf den vergangenheitsorientierten
Beta-Faktor zuzugreifen, kann die Stan-
dardabweichung der resultierenden Cash
Flows als Risiko-Maß für die Geschäfts-
wertermittlung herangezogen werden. In-
terne Erfahrungen und Einschätzungen, die
der pauschalen Berücksichtigung aufgrund
von vergangenen Ereignissen überlegen
sind, fließen damit in die Bewertung ein.