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Für den Aufsichtsratsbericht dürfen Sie sich
schon eher Anregungen in der Werbebranche
abholen.
Für Zahlen gibt es Tabellen oder Diagramme.
Zahlenkolonnen in Textform sind eine Zu-
mutung.
Controllingberichte sind keine Zah-
lenauflistungen, die mit Worten dekoriert wer-
den sollen.
Ablauf des Textens
Schreiben Sie also zuerst Ihren
Küchenzuruf
auf ein blütenweißes Blatt. Darunter kommen
dann alle Schlagworte, Themen, Erkenntnisse,
die später in den Bericht sollen. Anschließend
übertragen wir all dies in ein
Inhaltsverzeich-
nis
. Damit haben wir unseren Inhalt schon mal
strukturiert. Der rote Faden ist ausgelegt. Da-
nach können wir unseren Bericht schreiben.
Versuchen Sie am Anfang niemals, den perfek-
ten Satz zu schreiben. Schreiben Sie einfach
los, wie es Ihnen gerade in den Kopf kommt.
Sie müssen eh alles noch dreimal überarbeiten.
Bevor Sie jetzt mit Texten loslegen, gehen Sie
die folgende Checkliste durch:
1.) Was ist der Inhalt? Wie lautet Ihr
Küchenzuruf? Was sind die Schlag-
worte, Themen, Erkenntnisse?
2.) Wer sind die Leser? Was wird diese
interessieren? Was erwartet er/ sie?
3.) Wie will ich texten? Aktivierend?
Werbend? Welche Fachbegriffe bzw.
Abkürzungen kann ich nutzen?
4.) Erstellen Sie ein Inhaltsverzeichnis
für den Bericht.
5.) Texten Sie!
6.) Lesen Sie Korrektur! Prüfen Sie
Rechtschreibung und Grammatik!
7.) Lassen Sie Korrektur lesen! Korrektur
lesen bedeutet eine Überarbeitung des
Textes auf inhaltlicher, struktureller und
sprachlicher Ebene. (Muschitz, S. 29)
Darf ich gute
Texte recyceln
? Natürlich, ein
ehemaliger Bundesminister hat es so zu einem
Doktortitel gebracht. Sie brauchen nicht stän-
dig neue Worte für die gleiche Sache suchen.
Wenn der vorhandene Text inhaltlich passt,
nutzen Sie ihn (im Gegensatz zur Erstellung
einer Doktorarbeit, wird Ihnen dadurch kein
Titel aberkannt).
Textinhalt
Schreiben Sie Inhalt! Nichts ist fürchterlicher
als Berater-Heißluft in Worten. (Schlote, S. 90).
Besuchen Sie die Verantwortlichen und fragen
Sie „mit liebenswürdiger Penetranz“ (Control-
ling wiki). So kommen Sie an Informationen aus
erster Hand.
Nennen Sie Ross und Reiter! Bleiben Sie sach-
lich! Argumentieren Sie objektiv und nachvoll-
ziehbar! Äußern Sie keine Vermutungen! Alles
was Sie schreiben, müssen Sie beweisen kön-
nen. Alle Fakten müssen Sie vor der Verwen-
dung prüfen und plausibilisieren. Schreiben Sie
von der Spitze ins Detail! Denken Sie zukunfts-
bezogen!
Wieso werden immer
nur Zahlen kommen-
tiert?
Damit wird einseitig nur die messbare
Welt erfasst. Genauso wichtig ist z. B. die ver-
besserte Zusammenarbeit des Einkaufs mit der
Produktion. Die kann man zwar nicht in Zahlen
messen, aber
in Worte fassen.
Lassen Sie den Markt nicht aus den Augen!
Wieso gibt es eigentlich die Marotte, alles ge-
gen Plan zu berichten?
Der Markt
und nicht
der selbstgesteckte Plan
ist die Richtschnur
.
Verwenden Sie z. B. als Hotel die Besucher-
und Belegungszahlen der statistischen Ämter
oder
nutzen Sie Benchmark-informationen
der Verbände. Viele nützliche Informationen
enthalten auch die veröffentlichten Unterneh-
mensberichte der Wettbewerber. Eventuell
finden sich diese Informationen im Internet
unter
Nennen Sie
konkrete, greifbare Ursachen!
Nicht die „geopolitische Lage an den Finanz-
märkten“ hat Umsatzverluste verursacht, son-
dern der Verlust von Auftrag Y. Nicht die gestie-
genen Erlöse sorgten für eine verbesserte Ge-
samtleistung, sondern die Anpassung der
Preisliste XY. Unverzichtbar ist dieser Praxis-
bezug. Dadurch wird das Thema für die Leser
erkennbar. Und ein Bild sagt ja bekanntlich
mehr als tausend Worte. Außerdem lassen sich
Bilder besser merken.
Darf ich als Controller meine
eigene Meinung
einbringen?
Wieso nicht? Es ist doch gerade
der Zweck des Controllings die Dinge zu sich-
ten, zu komprimieren und letztendlich sichtbar
bzw. greifbar fürs Management zu machen.
Dazu gehört dann zwangsläufig auch eine Ein-
ordnung. Das Problem ist also nicht die eigene
Meinung, sondern nur der mangelnde Wissens-
stand des Controllings. Falls Sie doch Bauch-
schmerzen damit haben, senden Sie Ihre These
an die betroffene Fachabteilung zur Stellung-
nahme. Bedenken Sie den
Proporz
! Jeder Leser
möchte seinen Verantwortungsbereich im Be-
richt wiederfinden.
Textaufbau
Ohne
Appetizer
geht es nicht! Es ist wie im Le-
ben:
„Für den ersten Eindruck gibt es keine
zweite Chance.“
In den ersten drei Zeilen
müssen Sie erklären, warum der folgende Text
lesenswert ist. Hier entscheidet sich, ob Ihr Text
gelesen oder nur überflogen wird. Aber zum
Glück haben Sie ja Ihren Küchenzuruf bereits
formuliert.
Sehr oft beginnen Controllingberichte mit der
Umsatzentwicklung, danach werden die Auf-
wandsänderungen und zum Schluss das Er-
gebnis erläutert. Dies scheint ein Naturgesetz
im Controlling zu sein. Wieso nicht mal mit dem
Ergebnis oder einer positiven Entwicklung wie
einem gewonnenen Großauftrag beginnen?
Ordnen Sie den Text nach der Wichtigkeit
und nicht nach starren Mustern!
Das Beste
kommt zum Schluss, in Controllingberichten
aber
an den Anfang
. Da Berichte fast nie kom-
plett gelesen werden, muss es an den Anfang.
Kunstvolle Einleitungen, wie in der Schule ge-
lernt, benötigen wir nicht.
Beobachten Sie Ihre Leser aufmerksam im all-
täglichen Leben! Welche Fragen haben sie? Bei
welchen Themen wirkte er oder sie bei den Er-
gebnispräsentationen abwesend? Wo beson-
ders interessiert? Auch die Berufsgruppe kann
ein guter Anhaltspunkt sein. Klischees, wie
Techniker mögen Zahlen oder Juristen sind de-
tailverliebt, können stimmen.
Richten Sie Ihren
Bericht auf die Bedürfnisse Ihrer Leser aus!
Fügen Sie keine Textbausteine zusammen!
Er-
zählen Sie die Geschichte dahinter!
Legen
CM September / Oktober 2015