CONTROLLER Magazin 5/2015 - page 52

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kehrsverbünden zusammengeschlossenen
Verkehrsunternehmen und last but not least
unvollständiger Informationen
über Ver-
käufe und Nutzung, gestaltet sich die Erlös-
planung von Verkehrsunternehmen äußerst
komplex.
Vor dem Hintergrund der zuvor beschriebenen
Entwicklungen und Rahmenbedingungen lie-
gen in einem
systematischen Erlöscontrol-
ling
große Vorteile und Chancen für Unterneh-
men. Die zentralen Aufgaben der Erlösplanung
und -steuerung sind dementsprechend
·
Erlöspotenziale
zu erschließen,
·
Transparenz
für eine hohe
Planungs-
sicherheit
zu schaffen und
·
eine effektive
Steuerung von Marketing-
maßnahmen
zu ermöglichen.
Wahrnehmung
der Controlling-Funktionen
Bevor auf die Spezifika eines systematischen
Erlöscontrollings in der Branche des Öffentli-
chen Personennahverkehrs näher eingegangen
wird, werden an dieser Stelle zunächst die
grundsätzlichen Controlling-Funktionen be-
trachtet. Auf Basis von langjährigen Projekter-
fahrungen der mobilité Unternehmensberatung
GmbH wurde eine Einschätzung vorgenommen,
wie intensiv die einzelnen Controlling-Funktio-
nen in der ÖPNV-Branche allgemein wahrge-
nommen werden (siehe Abbildung 1).
Üblicherweise erfolgt bei Unternehmen der ÖP-
NV-Branche die
Zielsetzung auf mindestens
zwei Ebenen
: Auf der Unternehmensebene
werden zunächst die globalen Ziele festgelegt,
z. B. Realisierung von Mehrerlösen in Höhe von
drei Prozent im folgenden Geschäftsjahr. In den
Fachabteilungen werden diese Globalziele dann
heruntergebrochen und konkretisiert. Grund-
sätzlich wird die Funktion der Zielsetzung in
der ÖPNV-Branche intensiv wahrgenommen.
Allerdings werden Ziele
häufig nicht nach der
bewährten »smart-Regel«
, also spezifisch,
messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert,
formuliert. Insbesondere nicht messbare Ziele
verhindern eine quantitative Evaluierung und
erschweren somit die Steuerung.
Im Bereich der operativen Mengenplanung ist
eine Fortschreibung auf Basis von Zeitreihen-
daten weit verbreitet. Dabei wird häufig eine
lineare Dynamisierung zugrunde gelegt, die
teilweise trotz volatiler Kurvenverläufe der Ist-
Daten nicht angepasst bzw. korrigiert wird.
Ein bisher selten verfolgter Ansatz der Er-
lösplanung besteht in der Berücksichti-
gung von Marktpotenzialen.
Ausgehend
von einer vollständigen Segmentierung des
gesamten Mobilitätsmarktes wird aufgezeigt,
in welchen Zielgruppen der ÖPNV mit einer
entsprechenden Marketingstrategie Zuwäch-
se generieren kann. Auf die Besonderheiten
der
potenzialorientierten Erlösplanung
wird im nächsten Abschnitt detailliert einge-
gangen.
Die Informationsfunktion wird in der ÖPNV-
Branche im Allgemeinen sehr intensiv wahrge-
nommen. Im Berichtswesen werden typischer-
weise Monats-, Quartals-, Halbjahres- und
Jahresberichte erstellt. Neben den Standard-
berichten, die im festen Turnus erscheinen,
sind gelegentlich auch Abweichungsberichte,
die nur bei Bedarf erstellt werden, Teil des Re-
portings. Eine Gegenüberstellung von Planwer-
ten und Ist-Daten erfolgt in der Soll-Ist-Kontrol-
le. Es wird überprüft, inwieweit die geplanten
Werte tatsächlich eingetroffen sind. In der dar-
an anknüpfenden Abweichungsanalyse werden
die Ursachen für entstandene Abweichungen
identifiziert.
Systematische Soll-Ist-Kontrollen und
Abweichungsanalysen sind in der ÖPNV-
Branche eher nicht die Regel.
Es werden
vielmehr situationsbedingte, sporadische Ana-
lysen durchgeführt. Diese fokussieren sich zu-
meist auf betrieblich bedingte Abweichungsur-
sachen. Die gesamte Bandbreite möglicher Ur-
sachen umfasst neben betrieblichen Gründen
z. B. auch Witterungseffekte, verkehrspoliti-
sche Regelungen oder Wettbewerbseffekte.
Üblicherweise können Unternehmen Nachfrage
und Erlöse unterjährig durch entsprechende
Marketingmaßnahmen steuern. In der ÖPNV-
Branche ist eine kurzfristige Steuerung jedoch
nur in engen Grenzen möglich: Für Verkehrsun-
ternehmen in Verkehrsverbünden sind das
Sor-
timentsangebot und das Preisniveau unter-
jährig
als
fix
anzusehen. Aktionsangebote und
Kampagnen sind zwar möglich, beeinflussen
das Ergebnis aber nur geringfügig. Daher
kommt der mittel- bis langfristigen Steuerung
in der ÖPNV-Branche eine hohe Bedeutung zu.
Eine intensive Beobachtung und Analyse des
gesamten Mobilitätsmarktes kann als
Früh-
warnsystemen
dienen, um Veränderungen
der Demographie und im Mobilitätsverhalten
rechtzeitig zu erkennen und angemessen dar-
auf reagieren zu können.
Potenzialorientierte Erlösplanung
Als Resultat einer komplexen Erlösplanung ten-
dieren viele Unternehmen dazu, ihre Erlöse rein
auf Basis von Zeitreihendaten und Erfahrungs-
werten der Vorjahre fortzuschreiben. Bei der
Erlösplanung bleiben somit
aktuelle Markt-
Abb. 1: Controlling-Funktionen und deren allgemeine Nutzungsintensität in der ÖPNV-Branche
Erlösplanung im öffentlichen Personennahverkehr
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