CONTROLLER Magazin 5/2015 - page 56

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Wieso schauen wir wie gebannt Krimis oder
verschlingen Bücher aus der Spiegel-Liste?
Und wieso sind unsere Berichte nicht annä-
hernd so begehrt? Wir haben doch Dash-
boards, Tabellen, kunstvolle Diagramme und
mächtig Prosa drum herum gebaut. In unse-
ren Berichten gibt es keine Heldengeschich-
ten. Nicht mal Schurken. Oft fehlt die Span-
nung oder ein nachvollziehbarer roter Faden.
So was liest doch niemand freiwillig. Dabei
geht es in unseren Berichten um viel Geld,
den Erhalt von Arbeitsplätzen, um Höchstleis-
tungen und Niederschlägen; interessanter
Stoff, den wir leider zu oft blass und farblos
wegtexten.
Das Texten wird beleuchtet
Wie schreibt man aber nun einen ansprechen-
den Controllingbericht? Leider gibt es hierzu
nur wenig Literatur. Ganz zu schweigen von ei-
nem anerkannten Regelwerk. Dieser Beitrag
soll das Texten von Berichten näher beleuchten.
Bewusst wird im Beitrag nur auf das Texten ab-
gestellt. Es gibt keine vorgefertigten Satzbau-
teile oder Layoutvorlagen. Ein Bericht ist immer
ein
Zeugnis der individuellen Controller-
arbeit
und der Gepflogenheiten der Gesell-
schaft. Um Ihnen das Texten zu erleichtern,
habe ich hier einige Hilfsmittel und Regeln
zusammengestellt. Wer tiefer in das Thema
einsteigen möchte, erhält eine kurze Liste mit
empfehlenswerter Literatur zum Thema. Zum
Teil wurden Inhalte der empfohlenen Literatur
in diesem Beitrag verarbeitet bzw. zitiert.
Vor dem Texten
Zuerst ist der Inhalt festzulegen. Was möchte
ich den Lesern mitteilen?
Worin besteht die
Kernaussage?
Wie oft im Leben fällt es uns
aber schwer, eine einfache und noch dazu grif-
fige Beschreibung dafür zu finden. Aber die
müssen wir finden. Dafür gibt es uns Controller.
Haben Sie den Mut festzulegen, was wichtig ist
für die Leser. Unter Journalisten gibt es dafür
den
Küchenzuruf
. Diese Erfindung Henri Nan-
nens fasst den Inhalt eines Textes prägnant zu-
sammen (z. B.: „Helga, stell dir vor: Wenn das
mit der Klimakatastrophe so weitergeht, wird in
40 Jahren Wiesbaden an der Nordsee liegen!“)
(PocketPower, S. 18).
Textintention
Wir wollen mit unserem Berichtswesen die
Lage der Gesellschaft beleuchten, Entwicklun-
gen aufzeigen und
Handlungsfelder
benen-
nen.
Es geht nicht um das Richten oder Ver-
nichten von handelnden Personen.
Wir in-
formieren. Wir legen die Dinge buchstäblich auf
den Tisch; vergleichbar mit dem Kartentisch
beim Militär. Dort werden Truppenbewegungen
oder Angriffsziele eingetragen und diskutiert.
Auch unsere Berichte sollen Grundlage für die
kommenden Managementaktionen sein.
Texten Sie zu negativ? Oft werden in Control-
lingberichten die nicht erreichten Planzahlen
oder der zusätzliche Aufwand im Bereich X
kommentiert. Dabei machen die Stärken den
Unternehmenserfolg aus.
Die negative Kom-
mentierung bewirkt die Einnahme von
Rechtfertigungspositionen.
Entfachen Sie
stattdessen sportlichen Wettbewerbseifer beim
Leser! Bei Aufwandssteigerungen aufgrund
höherer Bezugspreise können Sie gleich noch
die Möglichkeit von Verkaufspreiserhöhungen
aufgrund geringer Preissensibilität der Kunden
texten. So lösen Sie
Diskussionen
und an-
schließend
Managementaktionen
aus.
Nach
Meinung der Controller Akademie
müssen Berichte
Aktionen auslösen
. Dies gilt
natürlich nur für Berichte an operativ Verant-
wortliche. Einen Aufsichtsrat sollten Sie natür-
lich nicht mit Detailinformationen beunruhigen.
Controllingberichte verständlich schreiben
von Jörg Belter
Controllingberichte verständlich schreiben
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