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lich der geschätzten Kosten
bis zur Fertig-
stellung und der geschätzten notwendigen Ver-
triebskosten.“
An dieser Definition lässt sich bereits sehr
schön erkennen, dass es sich bei dem Begriff
des Nettoveräußerungswerts systematisch um
einen
rein „absatzmarktorientierten“ Wert
handelt. Dies ergibt sich ziemlich eindeutig aus
den Ausführungen in
IAS 2.32.
Danach „wer-
den Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (RHB), die
für die Herstellung von Vorräten bestimmt sind,
nicht
auf einen unter ihren AHK liegenden Wert
abgewertet, wenn die Fertigerzeugnisse, in die
sie eingehen, voraussichtlich zu den Herstel-
lungskosten oder darüber verkauft werden kön-
nen.“
Gesunkene Wiederbeschaffungskos-
ten
sind daher im
Gegensatz zum HGB
(zu-
nächst) bei der Bewertung der Vorräte „auszu-
blenden“. Entscheidend ist ausschließlich die
Absatzperspektive. Die entscheidende Frage ist
vielmehr: Kann mit dem Verkauf des Endpro-
dukts (bzw. ggf. auch der Dienstleistung) immer
noch Gewinn erzielt werden? Wenn diese Frage
mit „ja“ beantwortet wird, dann gibt es nach
IFRS keinen Grund, die darin einfließenden RHB
auf am Bilanzstichtag eventuell niedrigere Wie-
derbeschaffungskosten abzuwerten. Systema-
tisch sind nach Auffassung des IASB die ge-
sunkenen Wiederbeschaffungskosten
„nur“
ein
„Opportunitätsverlust“
, aber kein in der
Bilanzierung berücksichtigungsfähiger
„Echt-
verlust“
. Die Ratio des IASB ist dabei die, dass
das Unternehmen die RHB nach dem Bilanz-
stichtag in die Endprodukte verarbeiten wird
und letztere dann mit Gewinn verkauft. Wenn
dem aber so ist, dann gibt es am Bilanzstichtag
nichts, was man wie auch immer abwerten
müsste. Diese Überlegung ist u. E. unstrittig
sinnvoll und nachvollziehbar und wird zwi-
schenzeitlich auch schon von einigen Kommen-
tatoren für die HGB-Bilanzierung so vertreten!
Aus der Erfahrung der Verfasser ist diese Rege-
lung praktisch oftmals aber gar nicht so einfach
umzusetzen. Vielfach gehen RHB in diverse
Endprodukte ein. Dabei gibt es dann durchaus
(überwiegend) solche mit Gewinn und wieder-
um andere mit Verlust. Ist dann eine Abwertung
erforderlich und wenn ja, in welchem Umfang?
Offensichtlich hat das IASB dieses Problem
aber ebenfalls erkannt. In den weiteren Ausfüh-
rungen in IAS 2.32 heißt es daher: „Wenn je-
Verwendung das gleiche Kosten-Zuordnungs-
verfahren anzuwenden.
An dieser Stelle besteht auch nach dem BilMoG
noch ein
zentraler Unterschied zum HGB
.
Das sog.
„Last-in-First-Out-Verfahren“
(LIFO)
ist nach
IAS 2
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explizit untersagt, wäh-
rend es nach § 256 HGB sowie gemäß § 6 (1)
Nr. 2a EStG für die Handels- und Steuerbilanz
explizit zulässig ist.
b) Begriff des Nettoveräußerungswertes
(„net realisable value“)
Abwertungen der Vorräte auf den niedrigeren
Nettoveräußerungswert folgen nach
IAS 2.28
der „Ansicht, dass Vermögenswerte nicht mit
höheren Beträgen angesetzt werden dürfen, als
bei ihrem Verkauf oder Gebrauch voraussichtlich
zu realisieren sind.“ Insofern besteht auch im Ge-
dankengut des IAS 2 ein „Vorsichtsprinzip“ wie
im HGB. Die entscheidende Frage für die Praxis
ist allerdings, ob dieses identisch zum HGB zu
interpretieren ist. Dies hängt am Begriff des
Nettoveräußerungswertes
.
Der Nettoveräußerungswert ist in
IAS 2.6
defi-
niert als „der geschätzte, im normalen Ge-
schäftsgang erzielbare
Verkaufserlös
abzüg-
große Anzahl rasch wechselnder
Vorratspos-
ten mit ähnlichen Gewinnmargen
andere
Verfahren zur Bestimmung der AHK nicht
durchführbar sind. Die AHK der Vorräte werden
in diesem Fall durch Abzug einer angemesse-
nen prozentualen Bruttogewinnmarge vom Ver-
kaufspreis der Vorräte ermittelt. In der Literatur
findet sich hierzu des Öfteren auch der Begriff
der sog. „
retrograden Bewertung
“.
ac) Kosten-Zuordnungsverfahren
Nach
IAS 2.23
gilt vorrangig der sog. „
Einzel-
bewertungsgrundsatz
“. Danach sind „die
AHK solcher Vorräte, die normalerweise nicht
austauschbar sind, und solcher Güter oder Leis-
tungen, die für spezielle Projekte hergestellt und
ausgesondert werden, durch
Einzelzuordnung
ihrer individuellen Kosten
zu bestimmen.“
Dem IASB ist selbstverständlich auch klar, dass
eine solche Einzelzuordnung in der Praxis oft-
mals gar nicht möglich ist. Wenn daher die Be-
dingungen des IAS 2.23 nicht vorliegen, sind
nach
IAS 2.25
die AHK der Vorräte
entweder
nach dem
First-in-First-out-Verfahren
(FIFO)
oder nach der
Durchschnittsmethode
zu ermitteln. Hierbei ist vom Unternehmen für
alle Vorräte von ähnlicher Beschaffenheit und
Abb. 2: Darstellung der Vorräte im MTU Geschäftsbericht 2012
Abb. 3: Wertberichtigungen aus dem MTU Geschäftsbericht 2012
Die Bilanzierung von Vorräten