CONTROLLER Magazin 5/2015 - page 28

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Ist Ihr Controlling innovativ? Hat Ihnen schon
einmal ein Linienverantwortlicher eine solche
Frage gestellt? Es steht zu vermuten, dass Ma-
nager eher das (Zerr-)Bild des Verhinderers im
Kopf haben, wenn sie an Controller denken.
Richtige „Blockbuster-Themen“ liegen im Con-
trolling schon lange Zeit zurück; man denke an
die Balanced Scorecard oder wertorientierte
Steuerung. Ob Big Data ein ähnliches Innova-
tions- und zumindest Aufmerksamkeitspoten-
zial hat, bleibt abzuwarten. Das Thema er-
scheint derzeit noch sehr unscharf, zu wenig
konkret.
Um die eingangs gestellte Frage zu beantwor-
ten, macht es Sinn, einmal
zu den „Profis“ zu
schauen
, zu denen, die sich quasi hauptamt-
lich mit Innovationen beschäftigen, der
For-
schung und Entwicklung
(F&E). Sie können
den Controllern zumindest in zweierlei Hinsicht
helfen.
Zum einen können sie den Begriff der Innova-
tion schärfen.
Eine Innovation ist nicht ein-
fach nur etwas Neues, sondern etwas Neu-
es, was dem Kunden hilft, was für ihn Nut-
zen stiftet.
Wer innovativ sein will, muss also
herausfinden, was der Kunde braucht und wie
dieser durch die Neuerung besser gestellt wird.
So bringt z. B. das schönste wertorientierte
Steuerungssystem nichts, wenn es der Mana-
ger nicht versteht und er nicht damit umgehen
kann. Die Datenqualität zu verbessern – um ein
zweites Beispiel zu nennen –, mag für Control-
ler eine wichtige Neuerung sein;
wenn der
Manager nichts davon merkt, ist es aber
keine Innovation.
Zum anderen können F&E-Profis das Bewusst-
sein dafür schärfen, dass es ganz unterschied-
liche Perspektiven auf das Thema Innovation
gibt. Jeder wird zuerst an ein
neues Produkt
oder einen neuen Service
denken, z. B. ein
harmonisiertes Berichtswesen oder die Mög-
lichkeit für den Manager, spezielle Auswertun-
gen selbständig, ohne die Hilfe seines Control-
lers vornehmen zu können. Innovationen kön-
nen sich aber auch auf
Prozesse
beziehen, wie
z. B. die Automatisierung des Berichtswe-
sens
, wenn diese zu einer besseren Qualität
oder schnelleren Verfügbarkeit der Zahlen beim
Management führen. Grundlegender sind
Ver-
änderungen der Denkweise
, die dem Han-
deln der Controller zugrunde liegt, wie dies ak-
tuell im Wechsel vom Navigator zum Business
Partner stattfindet oder zumindest stattfinden
soll. In dieselbe Richtung gehen
Veränderun-
gen des Kontextes
, in dem Controller ihre
Leistungen erbringen. Ein gutes Beispiel hierfür
ist der Campus-Ansatz der Deutschen Tele-
kom, der den Manager in das Zentrum des
jährlichen Planungsprozesses setzt und damit
das Zusammenspiel zwischen Manager und
Controller deutlich verändert.
Kontakte mit F&E
Kontakt mit dem F&E-Bereich aufzunehmen,
machte für Controller also sehr viel Sinn. Sie
können lernen, wie dieser Bereich seine Inno-
vationen plant, sie können Verständnis für de-
ren spezifische Probleme entwickeln, das auch
bei der Beurteilung von entsprechenden Inves-
titionsanträgen sehr hilfreich ist. Mit diesem
Wissen wird es auch leichter, sich ein Urteil
über das eigene Innovationsverhalten zu bilden.
Ein
guter Startpunkt wäre ein Workshop im
Controlling
, mit dem eine Sensibilisierung für
das Thema und eine erste Bestandsaufnahme
gelingt. Er wäre auch eine gute Basis dafür, ein
Benchmarking mit Controllern befreundeter
Unternehmen durchzuführen und damit eine
Außenperspektive auf den eigenen Bereich zu
bekommen. Darauf aufbauend kann man ge-
sonderte Innovationsziele für den eigenen Be-
reich setzen (z. B. die Aktualität der Berichtsda-
ten um x Tage zu erhöhen), Incentives als Teil
der persönlichen Zielerreichung seiner Mitar-
beiter formulieren oder sich einfach in jedem
Quartal ein neues Innovationsprojekt vorneh-
men. Am Ende wird man auch entscheiden
können, ob es einer internen Marketing-Kam-
pagne in Richtung Management bedarf, um die
eigene hohe Innovationskraft entsprechend
sichtbar und bewusst zu machen.
Innovationen sind – zumindest in einem Hoch-
lohnland – der Schlüssel zum Erfolg des Unter-
nehmens. Warum sollte das für das Controlling
anders sein?
Innovationen im Controlling
von Jürgen Weber
Autor
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Weber
ist Direktor des Instituts für Management und Controlling (IMC)
der WHU – Otto Beisheim School of Management Campus
Vallendar, Burgplatz 2, D-56179 Vallendar;
controlling. Er ist zudem Vorsitzender des Kuratoriums des
Internationalen Controller Vereins (ICV).
E-Mail:
Innovationen im Controlling
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