 
          
            33
          
        
        
          hört ein Erfassen seiner Grundstruktur (z. B.
        
        
          Finanzierung; Hauptprozesse), aber auch sei-
        
        
          ner Umwelt, also der Branche sowie der allge-
        
        
          meinen Umwelt mitsamt der Abhängigkeiten
        
        
          (z. B. Single Sourcing) und Restriktionen (z. B.
        
        
          technologischer oder staatlicher Art) sowie
        
        
          allen wesentlichen Akteuren und Elementen,
        
        
          mit denen das betrachtete Unternehmen in-
        
        
          teragiert. Außerdem sind alle gefährdeten
        
        
          Potentiale und leistungskritischen Prozesse
        
        
          sowie deren Zusammenhänge zu erfassen.
        
        
          Anschließend werden diese in der (2)
        
        
          Busi-
        
        
          ness-Impact-Analyse
        
        
          (BIA) auswirkungsbe-
        
        
          zogen evaluiert (z. B. welche Auswirkungen
        
        
          hat ein Verzug in der Beschaffung auf die Pro-
        
        
          duktion und nachgelagert ggf. auf das Kun-
        
        
          denverhalten?). Danach wird (3) ursachenbe-
        
        
          zogen eine
        
        
          Risiko- bzw. Ursachenanalyse
        
        
          durchgeführt (Suche nach Störungsursachen
        
        
          und deren Bewertung). Dann (4) erfolgt die
        
        
          grundsätzliche Bestimmung der
        
        
          Kontinui-
        
        
          tätsstrategie
        
        
          (z. B. eigene Ersatzkapazitäten
        
        
          aufbauen, Ausfall durch Kooperationen absi-
        
        
          chern, proaktiv Störungsursachen entgegen-
        
        
          wirken, auf starkes Image und schnelle Kom-
        
        
          munikation setzen), die mit den generellen
        
        
          Unternehmenszielen übereinstimmen muss.
        
        
          Anschließend (5) werden konkrete
        
        
          Maßnah-
        
        
          men
        
        
          geplant; beide werden in Schritt (6) um-
        
        
          gesetzt und die erforderliche Infrastruktur
        
        
          bereitgestellt. In regelmäßigen
        
        
          Tests
        
        
          werden
        
        
          Strategien, Pläne und Maßnahmen überprüft
        
        
          und ggf. angepasst (7). Flankierend erfolgt
        
        
          der
        
        
          Aufbau
        
        
          eines BC-Bewusstseins sowie
        
        
          einer BC-Kultur (8) – beides eine wesentliche
        
        
          Bedingung, um Störungen schon im Ansatz
        
        
          erkennen und kostengünstig handhaben zu
        
        
          können. Angestoßen, konzipiert,
        
        
          koordiniert
        
        
          und gesteuert
        
        
          werden all diese Prozesse
        
        
          durch eine zentrale BC-Stelle (9), die (auf-
        
        
          grund ihrer elementaren Bedeutung) der Unter-
        
        
          nehmensleitung direkt zugeordnet ist.
        
        
          
            Grundsätzliches zum Prozess
          
        
        
          Tatsächlich gibt es verschiedene Phasen-
        
        
          modelle: Nicht nur die Anzahl der Phasen diffe-
        
        
          riert, sondern auch deren Inhalte und Eindeu-
        
        
          tigkeit. Dies ist vor allem dem zugrundeliegen-
        
        
          den Verständnis von BCM und damit dem je-
        
        
          weiligen Entwicklungsstand geschuldet. Hier
        
        
          wird ein
        
        
          bewährtes Prozessmodell
        
        
          vorge-
        
        
          stellt, das in neun Phasen
        
        
          alle Schritte des
        
        
          BCM
        
        
          abbildet und präzisiert. Es gilt als grund-
        
        
          sätzlich, pragmatisch und universell anwend-
        
        
          bar. Jede einzelne Prozessphase hat ganz
        
        
          unterschiedliche Aufgaben und thematisiert
        
        
          jeweils spezifische Fragestellungen. Dement-
        
        
          sprechend unterschiedlich sind auch die
        
        
          Vorgehensweisen, Instrumente und Ergebnisse
        
        
          sowie teilweise die beteiligten Personen. Man-
        
        
          che Phasen sind hoch-kreativ, andere stark
        
        
          analytisch, andere befassen sich mit der ope-
        
        
          rativen Umsetzung.
        
        
          Neben den diversen Standards (z. B. ISO
        
        
          22301) steht eine Vielzahl von Checklisten
        
        
          und Templates zur Verfügung. Ein Unterneh-
        
        
          men kann Standardroutinen zur Orientierung
        
        
          benutzen, sollte sie aber jedenfalls individuell
        
        
          anpassen oder aber seine eigene Vorgehens-
        
        
          weise entwickeln – ggf. mit professioneller
        
        
          Unterstützung. Schließlich gehorchen unter-
        
        
          schiedliche Geschäftsmodelle und -prozesse
        
        
          sowie unternehmensspezifische Verletzbar-
        
        
          keiten regulativen Normvorgaben nur bedingt.
        
        
          Im Übrigen spielt die Unternehmensgröße
        
        
          kaum eine Rolle: Unabhängig von Art und Grö-
        
        
          ße des Unternehmens (bzw. der Organisation)
        
        
          ist stets herauszufinden, was den Erfolg nach-
        
        
          haltig stören könnte, also: welche Großstörun-
        
        
          gen welche kritischen Prozesse bedrohen und
        
        
          wie diese abgesichert werden können.
        
        
          
            Phase 1: Verstehen des Geschäfts
          
        
        
          Störungen können an den verschiedensten
        
        
          Stellen entstehen und sich im Unternehmen
        
        
          ausbreiten. Deshalb ist es notwendig, sich über
        
        
          das Geschäftsmodell, die einzelnen Akteure
        
        
          (z. B. Kunden, Lieferanten, Abteilungen), über
        
        
          Prozesse und Strukturen sowie über interne
        
        
          und externe Restriktionen und Abhängigkeiten
        
        
          im Klaren zu sein oder zu werden.
        
        
          3
        
        
          Mit dem Untersuchen des Geschäfts wird drei-
        
        
          erlei erreicht:
        
        
          ·
        
        
          Es wird ein
        
        
          antizipatives Bewusstsein
        
        
          für scheinbar (!) unmögliche Störungen
        
        
          aufgebaut – wesentlicher Schritt zum
        
        
          Aufbau von Stabilität und Resilienz!
        
        
          ·
        
        
          Es wird ganz konkret die V
        
        
          erletzbarkeit
        
        
          des eigenen Systems
        
        
          , seiner Potenziale
        
        
          und Prozesse und seiner Beziehungen
        
        
          innerhalb und außerhalb des Systems
        
        
          aufgedeckt, was gleichzeitig der
        
        
          Struktu-
        
        
          rierung
        
        
          möglicher Problemfälle dient.
        
        
          ·
        
        
          Es werden die existenziellen
        
        
          Störungen
        
        
          identifiziert
        
        
          und konkret die erfolgskri-
        
        
          tischen Schwachstellen erkannt.
        
        
          
            Abb. 1: Prozess des BCM
          
        
        
          
            CM September / Oktober 2015