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          dabei erreichten Erfolge in reale Zahlungsströ-
        
        
          me (Liquidität). Dabei besteht zwar ein Zusam-
        
        
          menhang zwischen der Komplexität des Ge-
        
        
          schäftsmodells und der Dauer des Prozesses
        
        
          vom Potenzial zum Zahlungsstrom, doch auch
        
        
          einfache Geschäftsmodelle benötigen zunächst
        
        
          stets einen Vorlauf für den Aufbau von Potenzi-
        
        
          alen in den Vermögensarten.
        
        
          Beispiel
        
        
          Für den Betrieb einer Kaffeebar müssen z. B. zu-
        
        
          nächst Standortfragen geklärt, Personal rekru-
        
        
          tiert und ggf. ausgebildet, Genehmigungen ein-
        
        
          geholt, Maschinen und Ausstattung erworben
        
        
          und aufgebaut, Marketingmaßnahmen durchge-
        
        
          führt und die Produktzutaten beschafft werden.
        
        
          Dabei obliegen dem Management die Entschei-
        
        
          dungen über die Steuerung und ggf. zeitliche
        
        
          Reduktionen der Prozesse, indem etwa im vor-
        
        
          stehenden Beispiel frühzeitig kompetentes Per-
        
        
          sonal eingestellt und so die Einarbeitungszeit
        
        
          verringert oder ein bestehendes Café übernom-
        
        
          men wird. Letztlich sind die Potenziale in den
        
        
          Vermögensarten sowie der Prozess der Um-
        
        
          wandlung in reale Zahlungsströme so aufeinan-
        
        
          der abzustimmen, dass die gesetzten Ziele be-
        
        
          züglich Wachstum, Entwicklung und Gewinn
        
        
          des Unternehmens erreicht werden können.
        
        
          
            Wertschaffung
          
        
        
          
            versus Wertschöpfung
          
        
        
          In der gegenwärtigen Diskussion über
        
        
          Integ-
        
        
          rated Thinking
        
        
          1
        
        
          & Integrated Reporting
        
        
          2
        
        
          (<IR> = integriertes Denken & integriertes Be-
        
        
          richten) wird die Wertschöpfung über die Zeit
        
        
          im englischsprachigen Original als
        
        
          Value
        
        
          Creation
        
        
          (deutsch:
        
        
          Wert-Schaffung
        
        
          ) bzw.
        
        
          Preservation
        
        
          (deutsch:
        
        
          Bewahrung
        
        
          ) oder
        
        
          Di-
        
        
          minution
        
        
          (deutsch:
        
        
          Verminderung/Schmä-
        
        
          lerung
        
        
          ) bezeichnet. Dabei soll eine kurz-, mit-
        
        
          tel- und langfristige Beurteilung vorgenommen
        
        
          und zwischen sechs Vermögensarten differen-
        
        
          ziert werden. Wenn im weiteren Text auf diese
        
        
          differenziertere Betrachtung abgestellt wird,
        
        
          gilt es Folgendes zu bedenken: Wir haben
        
        
          „Wertschöpfung“ explizit im Sinne von „nach-
        
        
          haltiger Wertschöpfung“ und implizit im Sinne
        
        
          von „nachhaltiger positiver Wertschöpfung“
        
        
          definiert. Folglich kann vereinfachend der bis-
        
        
          herige Begriff der Wertschöpfung mit einer
        
        
          langfristigen Erhöhung des Gesamtwertes aller
        
        
          Vermögensarten gleichgesetzt werden (siehe
        
        
          Abbildung 2).
        
        
          
            Abbildung der Wertschöpfung /
          
        
        
          
            Wertschaffung
          
        
        
          Die gegenwärtigen Rechnungslegungsvor-
        
        
          schriften spiegeln dieses integrierte Herange-
        
        
          hen nicht wider. Das betrifft zwei Aspekte:
        
        
          1. Die Vollständigkeit der Bilanz.
        
        
          2. Die zeitbezogene Wechselwirkung und deren
        
        
          Steuerungsnotwendigkeit.
        
        
          Die Vollständigkeit der Bilanz
        
        
          Seit vielen Jahren gibt es gemeinsame Bestre-
        
        
          bungen des International Accounting Standards
        
        
          Board (IASB) und des US-amerikanischen
        
        
          Financial Accounting Standard Board, die interna-
        
        
          tionale Bilanzierung in Richtung „Vollständigkeit“
        
        
          zu entwickeln. Die Erfassung der Vermögens-
        
        
          werte als Potenziale oder die Einführung des Fair
        
        
          Value waren beispielhafte Schritte auf diesem
        
        
          Weg. Das unter maßgeblicher Mitwirkung von
        
        
          IASB und FASB entstandene <IR>-Modell (siehe
        
        
          Abbildung 2) zeigt, wohin die Richtung gehen soll.
        
        
          Dabei sind noch viele Fragen offen – vor allem
        
        
          zur aktiven Abgrenzung und Bewertung der
        
        
          Vermögensarten und zu dem passiven Ausweis
        
        
          ihrer Finanzierung. Der ICV hat im Leitfaden
        
        
          
            Abb. 2: Integriertes Denken und Berichten
          
        
        
          
            4
          
        
        
          
            CM November / Dezember 2015