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Der folgende Beitrag behandelt genau diese
Fragestellungen.
Smart Factory, Smart Products
und Smart Services durch
Digitalisierung und Vernetzung
Die
Digitalisierung
gilt als einer der bedeu-
tendsten Trends in der Wirtschaft des 21. Jahr-
hunderts. Im Kern bezeichnet die Digitalisie-
rung
die Transformation sämtlicher Infor-
mationen, wie Texte, Videos oder Sensor-
daten, in einen Binärcode
(vgl. Shapiro/
Varian, 2010, S. 3). Mithilfe von Informations-
und Kommunikationstechnologien können so
relevante Informationen aufgenommen, gespei-
chert und schnell über das Internet ausge-
tauscht werden.
Was sich mit der Beschreibung der Digitalisie-
rung zunächst als Normalität im Unternehmens-
alltag anhören mag, hatte in den letzten Jahren
weitreichende Folgen, die ganze Branchen ver-
änderten. Exemplarisch ist hierfür der Handel
zu nennen. Unternehmen wie Amazon oder
eBay haben die Möglichkeiten der Digitalisie-
rung für die Gestaltung ihres auf dem Internet
basierenden Geschäftsmodells genutzt und
agieren heute erfolgreich am Markt. Dagegen
haben Traditionsunternehmen wie Neckermann
oder Quelle das Potenzial der Digitalisierung zur
Erreichung von Kunden zu spät erkannt und
wurden aus dem Markt verdrängt. Während im
Handel heute schon die Potenziale der Digita-
lisierung in einem hohen Maß ausgeschöpft
werden, befindet sich die
Produktion
in die-
sem Zusammenhang
noch am Anfang
(vgl.
Abbildung 1).
Ähnlich wie im Handel müssen produzierende
Unternehmen darauf achten, dass sie das Po-
tenzial der Digitalisierung nicht unterschätzen
und infolge dessen aus dem Markt verdrängt
werden. Gegenwärtig wird unter dem Begriff
„Industrie 4.0“ diskutiert, welche Potenziale die
Digitalisierung für die industrielle Produktion
bereithält und wie diese ausgeschöpft werden
können. Für produzierende Unternehmen erge-
ben sich durch die Digitalisierung
Potenziale
sowohl
in der Leistungserstellung (Optimie-
rung von Produktionsprozessen) als auch
im Leistungsangebot (Angebot neuartiger
Produkte und Dienstleistungen).
Im Bereich der
Leistungserstellung
heißt die
Zukunftsvision
Smart Factory
.
Maschinen
,
Menschen und zu fertigende Werkstücke
verbinden sich
hier analog zu einem sozialen
Netzwerk mithilfe von Informations- und Kom-
munikationstechnologien miteinander und
tau-
schen fortlaufend relevante Daten aus
(vgl.
Bauernhansl, 2014, S.15f.). Zudem werden Ein-
gangslogistik, Produktion, Ausgangslogistik und
Vertrieb zu einer durchgängigen Lösung ver-
bunden. Diese Verknüpfung macht aber nicht
innerhalb der Unternehmensgrenzen halt, son-
dern bezieht auch Zulieferer und andere externe
Partner mit ein.
Die Wertschöpfungskette
transformiert sich zu einem Wertschöp-
fungsnetzwerk.
Dieses besteht aus vielen au-
tonom agierenden Teilnehmern. Flexibilität und
Ressourceneffizienz versprechen sich durch die
umfassende Vernetzung erheblich zu verbes-
sern (vgl. Kagermann et al., 2013, S. 18ff.).
Im Rahmen des
Leistungsangebots
werden
intelligent vernetzte Produkte in Kundennut-
zung als
Smart Products
bezeichnet. Im Ver-
gleich zu „herkömmlichen“ Produkten ermögli-
chen sie eine
direkte Kundenverbindung
und
bieten einen erheblich gesteigerten Funk-
tionsumfang
durch datenbasierte Dienstleis-
tungen. Diese Art von Dienstleistungen werden
auch als
Smart Services
bezeichnet. Die Digi-
talisierung ermöglicht dabei den Datenaus-
tausch zwischen dem Produkt und seinem Be-
triebsumfeld, Hersteller, Nutzer oder anderen
Produkten (vgl. Porter/Heppelmann, 2014,
S. 35ff.). Durch Datenanalyse in Kombination
CM November / Dezember 2015
Abb. 1: Durchdringungsgrad der Digitalisierung verschiedener Branchen (in Anlehnung an Kagermann et al., 2014, S. 17)